Volkswagen ID.3 Fahrbericht – der neue Elektro-VW

Der VW ID.3 ist das erste Elektroauto von Volkswagen, das auf dem neuen Modularen Elektroantriebs-Baukasten (MEB) basiert. Drei, weil VW ihn in einer Reihe mit Käfer und Golf sieht, das dritte entscheidende Auto soll dann nun der VW ID.3 sein. Er soll Elektromobilität massenfähig machen. Der ID.3 startet mit der kleinsten Batterie preislich unterhalb von 30.000 Euro, die Top-Ausstattung mit großer Batterie liegt bei gut 50.000 Euro – ohne Prämie und steuerliche Abzüge. Der neue VW ID.3 bei uns im Fahrbericht. Von Thomas Majchrzak

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Exterieur

Elektroautos benötigen keine große Fläche im Motor-Raum, daher ist die Motorhaube beim VW ID.3 kürzer, wenn man sie z.B. mit einem Golf vergleicht. Dafür wird mehr Raum im Innern frei, so dass man auf der Länge eines Golfs ein Innenraum-Angebot eines Passats hinbekommen kann. Der VW ID.3 ist 4,26 m lang und damit in der Tat so lang wie ein Golf. Durch den längeren Radstand wirkt er aber länger. Zusammen mit dem Heckantrieb, der es dann ermöglicht, die Vorderräder stark einzuschlagen, und den kurzen Überhängen ergibt sich ein kleiner Wendekreis von nur 10,2 m. Zum Vergleich: Ein VW up! kommt auf 9,8 m. Mit rundlichen Formen erinnert der VW ID.3 etwas an den Käfer, nimmt also bekannte freundliche Design-Merkmale wieder auf. Vorne geht ein Lichtband horizontal über den „Kühlergrill“. Die Scheinwerfer kommen serienmäßig mit LED und sind optional auch als Matrix-LED-Einheit erhältlich (IQ.Light). Der MEB sieht eine Hinterrads-Antriebsarchitektur vor. Der Baukasten sorgt zudem für ausgeglichene Gewichtsverteilung und in Verbindung mit dem niedrigen Schwerpunkt (schwere Batterien im Fahrzeugboden) für ein dynamisches Fahrverhalten. Die Rädergrößen betragen 18 bis 20 Zoll, der türkisfarbene (Makena) ID.3 hier trägt 20 Zoll.

Interieur

Auffällig ist wie schon beschrieben, dass man im Innern sehr viel Platz hat, das liegt auch an dem langen Radstand, der z.B. 13 cm länger ist als beim VW Golf Mk 7. Das entspricht eher dem Radstand des VW Passat. Und in der Tat hat man im Fond so viel Beinfreiheit wie im Passat, selbst mit vier großen Erwachsenen kann man hinten vor den Knien noch die Faust ballen. Auch die Kopffreiheit ist für große Erwachsene auf allen Sitzen gegeben. Einziger Nachteil: Die Rückbank fällt auf der Sitzfläche stark nach hinten ab, das muss man sehen, wie sich das auf den Langfrist-Komfort auswirkt. Vorne sitzt man so wie im Golf bzw. einem normalen Kompaktklasse-Wagen, wobei es um einen herum sehr luftig gestaltet ist, der Elektro-Plattform ohne Mitteltunnel sei Dank. So hat man auch im Fond einen fast ebenen Innenboden. Die Basis-Sitze haben einen dunklen Stoff. Die Sitze in unserem Testfahrzeug im höheren trim sind in einem hellen grauen Stoff bezogen, als Kontrast dient Mikrofaser in Beige. Das wirkt wohlig wie ein Wohnzimmer und hochwertig. Optional wird es ferner noch einen Sport-Sitz mit integrierter Kopfstütze geben, ebenfalls ohne Tiermaterial. Das schont Tiere, Menschen und Umwelt – und bessert auch massiv die CO2-Bilanz auf. In der Basis-Ausstattung kommt der VW ID.3 komplett tierhautfrei, nur optional gibt es einen Tierhautbezug fürs Lenkrad. Bislang ist das Assistenzsystem-Paket mit dem kapazitiven Lenkrad (Das Auto merkt, wenn man die Hände am Lenkrad hat, damit z.B. der Lane Assist weiter aktiv bleibt) an das Tierhautlenkrad geknüpft. Volkswagen arbeitet dazu noch an einer alternativen Lösung. Langfristig wird der VW ID.3 im Innenraum komplett vegan, so wie Tesla es auch schon vorgemacht hat.

Dazu passt auch der Ansatz, grundsätzlich nachhaltiger zu produzieren. Volkswagen verspricht eine CO2-neutrale Produktion des VW ID.3, d.h. in der Produktion im Werk Zwickau wird vorwiegend auf erneuerbare Energien gesetzt, bei den eingesetzten Materialien (siehe Sitze) wird CO2 vermieden, zudem werden für Energieaufwendungen/CO2-Ausstoß auch Ausgleichsmaßnahmen vorgenommen, z.B. Bäume gepflanzt. Ein großes Projekt dafür befindet sich auf der Insel Borneo.

Hinterm Lenkrad befindet sich, in eine Einheit zusammengefasst, ein kleiner Digitaltacho. Er bewegt sich mit der Lenkradverstellung mit, so dass das Lenkrad die Anzeige nie blockieren kann. In der Mitte thront ein 10-Zoll-Screen, es wird nur diese eine Größe geben. Die Temperatur-Einstellung erfolgt über etwas umständliche Slider, ebenso die Lautstärke-Verstellung. Die Infotainment-Software läuft deutlich schneller als beim neuen Golf, ist aber zum Teil auch wenig intuitiv. Endlich sind aber Software-Updates Over-the-Air möglich, so dass wie bei Tesla der Volkswagen aktualisiert wird, ohne dass man die Werkstatt aufsuchen muss. Auch eine Sprachsteuerung wird angeboten, die allerdings nicht ganz so gut funktioniert wie bei Polestar, Tesla, Mercedes und BMW (in dieser Reihenfolge). Das optionale Head-up-Display kommt mit einer Augmented Reality Funktion, d.h. Richtungspfeile fürs Navi werden in die Blickrichtung gefühlt in 3 bis 10 m Metern Entfernung projiziert. Als weitere Option wird ein Panorama-Glasdach angeboten, das man nicht öffnen kann, sondern nur mit einem Schiebe-Vorhang verdunkeln.

Das Lenkrad wird ebenfalls mit kapazitiven Knöpfen bedient, es gibt zwar ein haptisches Feedback auf einer Gesamt-Taste pro Seite, wie nun auch beim Mercedes E-Klasse Facelift, trotzdem sind die alten Lenkräder deutlich besser zu bedienen.

Motoren

Batteriegrößen (netto, tatsächlich nutzbare Kapazität/brutto):
45 kWh / 48 kWh (126 oder 150 PS)
58 kWh / 62 kWh (150 oder 204 PS)
77 kWh / 82 kWh (204 PS)

Neben dem Basispreis von unter 30.000 Euro kostet ein ID.3 mit großer Batterie und guter Ausstattung fast 50.000 Euro.

Reichweiten: 330 / 420 / 550 Kilometer (WLTP)

Permanent-Magnet-Synchron-Motor
Leistung: 126 PS, 150 PS oder 204 PS (jeweils Heckantrieb)
Höchstgeschwindigkeit 160 km/h
0-100 km/h in 7,9 Sek. oder 7,3 Sek.

Schnellste Nachlademöglichkeit: ca. 290 Kilometer in 30 Min.
Standard 50 kW DC Ladeleistung, optional 100 kW, später 125 kW
AC Charger: 11 kW

Volkswagen gibt acht Jahre beziehungsweise 160.000 Kilometer Garantie auf die Batterien des ID.3.

Fahrverhalten

Entsprechend des niedrigen Schwerpunkts und des Hinterradantriebs und der Gewichtsverteilung von 50:50, zusammen mit dem sofort anliegenden Drehmoment eines Elektromotors, ergeben sich agile Fahrleistungen. Der VW ID.3 fährt sich fast wie ein Sportwagen. Die Beschleunigung ist direkt da, das Lenkverhalten präzise, und das Fahrwerk ist in Verbindung mit den hier getesteten 20-Zoll-Rädern eher sportlich ausgelegt. Es macht richtig Freude, den ID.3 zu fahren. Später wird auch das adaptive Fahrwerk DCC angeboten, in Verbindung mit 18- oder 19-Zoll-Rädern wäre das dann das komfortablere Setup. Denn Basisfahrwerk plus 20 Zoll kann schon auch etwas ungemütlich werden, wenn man durch Schlaglöcher fährt.

Die Assistenzsysteme funktionieren sehr gut, man wird in der Spur gehalten und auch der adaptive Tempomat regelt wunderbar. Der ID.3 rekuperiert zudem auch beim Loslassen des Gaspedals, wenn der Sensor ein vorausfahrendes Fahrzeug erkennt. Ist die Fahrbahn frei, rollt der ID.3 eher aus. Im Sport-Modus wird grundsätzlich mehr rekuperiert. Und neben der D-Fahrstufe kann man auch die B-Rekuperationsstufe am Schalthebel einlegen, dann wird immer stärker rekuperiert, wenn man vom Gas geht. Ein One-Pedal-Driving stellt sich trotzdem nicht immer ein, VW hat hier die Rekuperation nicht sehr stark eingestellt. Das hat aber auch den Vorteil, dass nicht so viele G-Kräfte auftreten und man dann eher mit dem Bremspedal nachjustiert. Im B-Modus geht übrigens auch schon das Bremslicht hinten an, wenn man vom Gas geht.

Als Durchschnittsverbrauch für die von uns getestete mittlere Batterievariante kann man durchaus 14-15 kWh / 100 km erreichen, so dass die vorhergesagte Reichweite von mehr als 400 km für diese Variante tatsächlich realistisch ist. Die Restreichweite errechnet der Bordcomputer übrigens anhand der letzten gefahrenen 600 km.

Abmessungen

Länge: 4,26 m
Radstand: 2,76 m
Breite: 1,80 m
Höhe: 1,55 m

Fazit: Der neue VW ID.3 ist sicherlich richtungsweisend. Einmal für die Marke, aber auch, weil Volkswagen natürlich eine große Marktmacht hat. Das kann der Elektromobilität Flügel verleihen. Das Konzept ist sinnvoll, weil auf vergleichsweise wenig Verkehrsfläche viel Innenraum geschaffen wird. Der Elektroantrieb ist effizient und lokal emissionsfrei. Zudem hat Volkswagen erkannt, dass mehr Nachhaltigkeit die einzige Flucht nach vorn ist und verwendet hier kaum noch Tiermaterial im Innenraum, langfristig gar keins mehr. Der ID.3 punktet mit den klassischen Volkswagentugenden, wie z.B. ein solides Geräusch beim Schließen der Türen. Fahrdynamisch ist der ID.3 eher wie ein Sportwagen unterwegs, es macht richtig Freude. Die Hardware ist insgesamt super. Allerdings zeigt sich, dass Bedienung und Software noch Luft nach oben zeigen, während also die Hardware top ist, muss VW an der Software noch weiter feilen. Zum Glück geht das mit künftigen Updates, auch ohne, dass man in die Werkstatt muss.

Autogefühl: ****

Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Video & Fotos: Autogefühl, Jonas Bomba