Neuer VW Golf R 2021 Fahrbericht 320 PS

Der neue VW Golf 8 R markiert die Speerspitze im Golf-Portfolio. Wir haben den Allrad-Hatch mit neuem Torque Vectoring getestet. Von Thomas Majchrzak

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Exterieur

Die Grund-Dimensionen sind geblieben, der Radstand von 2,63 m bleibt, die Länge von 4,28 m ist nur 3 cm länger, d.h. hierbei handelt es sich nur um Stoßfänger-Überhänge. Der Golf sieht mit dem neuen Design trotzdem etwas flacher und schnittiger aus. Die Frontleuchten kommen serienmäßig in LED-Technologie, optional sind Matrix-LED-Scheinwerfer verfügbar mit 2x 22 LEDs. Die Matrix-Scheinwerfer können im Fernlicht bestimmte Bereiche aussparen, so dass man z.B. blendfrei mit Fernlicht fahren kann, obwohl sich gerade ein anderes Fahrzeug vor einem befindet. Die adaptive Fernlichtfunktion für die normalen Scheinwerfer lässt sich auch später erst freischalten, das ist ein neues System, bei dem die Hardware direkt umfassend kommt, aber die Software erst später erweiterbar ist. Einerseits kann man sagen, was soll das für den Kunden, warum gibt der Hersteller das dann nicht gleich mit drauf, andererseits ermöglicht dies späteren Besitzern des Fahrzeugs, Dinge zu bestellen, die der Erstbesitzer vielleicht nicht wollte oder nicht bezahlen wollte.

Der neue Golf 8 R kommt mit kräftigen Spoilern vorne, seitlich und insbesondere hinten. Vorne zeigt der für den Golf die größten Lüftungsgitter. Der R sitzt 20 mm tiefer. Mit dem optionalen R-Performance-Paket kann man 270 km/h statt 250 km/h schnell fahren, man bekommt einen noch größeren Heckspoiler sowie 19-Zoll-Felgen statt 18. Zudem erhält man die Fahrmodi Nürburgring und Drift (mehr dazu im Fahrverhalten unten). Die Farben für den Golf R sind Lapiz Blue, Deep Black, oder Pure White. Serie ist bereits eine klappengesteuerte Auspuffanlage, optional erhält man für 3.700 Euro einen Akrapovic-Performance-Auspuff. Die Heckleuchten kommen ebenfalls in LED, in der höheren Ausbaustufe auch mit einem auffälligeren Wechsel-Licht, wenn man bremst.

Interieur

Der neue Golf ist im Interieur durchweg digitaler: Links bei den Instrumenten kommt serienmäßig ein 10,25″ Screen zum Einsatz, der bei Golf GTI, GTE, GTD und R eine spezifische sportliche Grafik zeigt. Rechts beim Infotainment-System ist der Standard-Screen im Basis-Golf und unteren trims 8,25″ groß, dieser hat dann auch noch klassische zwei Drehknöpfe, links für die Lautstärke, rechts für die Radio-Sender oder fürs Zoomen in der Karte. Wer also nicht komplett knopflos unterwegs sein möchte, hat damit noch die Möglichkeit. Auch dieses System unterstützt bereits Apple CarPlay / Android Auto. Optional oder Serie für Golf GTI, GTE, GTD und R kommt das Infotainment in 10″ und komplett knopflos – Discover Media, mit Navi, das aber nur auf dem Hauptscreen läuft. Die höchste Ausbaustufe Discover Pro bringt das Navi auch in die Instrumente und bietet auch wireless Apple CarPlay an sowie eine natürliche Sprachbedienung („Hallo Volkswagen“). Diese wird man auch benötigen, denn die Software wirkt mit dem neuen Funktionsumfang zum Teil etwas kompliziert und nicht immer intuitiv. Eine manuelle Klima-Bedienung sucht man für beide Setups vergeblich, das wird alles über kapazitive Tasten unterhalb des Screens gesteuert. Man kann auf kälter oder wärmer drücken oder auch swipen, oder alternativ die Spracheingabe nutzen („Mir ist kalt“). Für alle, die die Klimaanlage ohnehin auf 22 Grad und AC an lassen, ist das egal. Für alle, die gerne etwas während der Fahrt verstellen, wird es komplizierter. Interessanterweise gibt es aber bedürfnisorientierte Klimatasten im Screen, z.B. „Füße kühlen“ oder „Hände erwärmen“, bei denen dann das entsprechende Programm eingestellt wird. Das neue optionale Head-Up-Display wird direkt in die Scheibe projiziert und ist eine gute Sicherheits-Ergänzung. Sitzheizung steht nun nicht nur für die Vordersitze, sondern auch für die rückwärtigen Sitze zur Verfügung, ebenso wie eine 3-Zonen-Klimaautomatik. Das größte Soundsystem kommt von harman kardon mit 10 Lautsprechern und bietet einen angenehm klaren Klang.

Das Lenkrad startet beim Golf standardmäßig mit echten Knöpfen, bei den Sportmodellen kommt automatisch das sportliche Lenkrad mit abgeflachtem Kranz unten, Perforation an den Seiten und – leider – kapazitiven Flächen für die Bedienung. Das sieht zwar schicker aus, aber ist in der Bedienung deutlich komplizierter.

Das Platzangebot ist mit dem Vorgänger vergleichbar. D.h. vier große Erwachsene passen rein, wobei hinten damit genau passend gemeint ist. Besonders positiv fallen uns im Golf die neuen Ergoactive-Sitze auf mit dem Bezug Stoff/Alcantara, sie bieten noch mal ein deutliches Komfort-Plus. Auch die neuen Stoff-Sportsitze mit integrierter Kopfstütze für GTI, GTE, GTD und R bieten einen guten Komfort. Sie schaffen mehr Seitenhalt.

Die Sportmodelle kommen ferner mit Sportlenkrädern mit jeweiligem Schriftzug und mit Alu-Pedalerie.

Das optionale Glas-Schiebedach schränkt die Kopffreiheit vorne geringfügig ein, wobei das auch noch als großer Erwachsener in Ordnung geht. Hinten steigt der innere Dachhimmel wieder an. Der Kofferraum ist wie vom Golf gewohnt praktisch zu nutzen, Gepäck für zwei Personen passt gut hinein. Die Abmessungen innen sind ca.: 75 cm Länge bis zu den Rücksitzen, 155 cm Länge umgeklappt bis zu den Vordersitzen, 100 cm Breite, 40 cm Höhe unterhalb der Kofferraumabdeckung, 70 cm Höhe insgesamt.

Motoren Golf

Turbo-Benziner TSI
1,0 l 3-Zylinder mit 90 oder 110 PS
1,5 l 4-Zylinder mit 130 oder 150 PS

Turbo-Benziner eTSI mit Mild-Hybrid (automatisch wenn man DSG wählt)
1,0 l 3-Zylinder mit 110 PS
1,5 l 4-Zylinder mit 130 oder 150 PS

GTI
2,0 l 4-Zylinder mit 245 PS (6-Gang-Handschalter oder 7-DSG), 370 NM
6,2 Sek. 0-100 km/h

GTI Clubsport
2,0 l 4-Zylinder mit 300 PS (7-DSG), 400 NM
5,6 Sek. 0-100 km/h

R
2,0 l 4-Zylinder mit 320 PS (7-DSG), 420 NM
4,7 Sek. 0-100 km/h

Plugin-Hybrid eHybrid
1.4 l 4-Zylinder + Elektro mit 204 PS oder 245 PS (GTE) – 13 kWh Batterie
Rein elektrisch bis 130 km/h

Turbo-Diesel TDI
2.0 l TDI mit 115 oder 150 PS (optional Allrad)

GTD
2.0 l TDI mit 200 PS

Erdgas TGI
130 PS

Einen rein elektrischen e-Golf wird es nicht mehr geben in dieser Generation, dafür sieht VW dann den rein elektrischen VW ID.3 vor.

Fahrverhalten

Grundsätzlich fühlt sich der VW Golf 8 immer noch an wie ein typischer Golf: Ausbalanciert im Handling, sehr leise, komfortabel, angenehm, unauffällig. Die Geräuschdämmung ist auf einem hervorragenden Niveau, auch auf der Autobahn. Auch ohne spezielle Sportversion macht der Golf schon viel Fahrfreude und gibt sich sehr agil. Das adaptive Fahrwerk DCC steht wieder optional zur Verfügung, es lässt sich nun auf Bedarf in viel mehr Stufen regeln. Es bietet erneut eine ausgewogene Mischung aus Komfort und Sportlichkeit.

Überarbeitet hat VW den Schalthebel des Direktschaltgetriebes DSG, er ist nun deutlich kleiner und ermöglicht auch einen schnelleren Übergang beim Wechseln von Fahrmodus und Rückwärtsgang oder zurück, weil er via „shift by wire“ funktioniert, der Befehl-Austausch erfolgt also rein elektronisch. In der Tat spart man dadurch sogar Zeit beim Rangieren, weil die Gangwechsel so schnell erfolgen.

Wir sind im neuen Golf bereits den 1.5 TSI mit 150 PS gefahren, der zum Einen technisch überarbeitet wurde für mehr Effizienz, zum Anderen als Mild-Hybrid kommt. Gerade, wenn man im Eco-Modus fährt, gibt es so häufiger Momente des „Segelns“, also wenn der Motor abschaltet und man ohne Drehzahl rollt. Und ob es die Hardware-Überarbeitungen sind oder der MHEV, der Verbrauch geht wirklich in Ordnung. Bei sachter Fahrweise können wir tatsächlich gut 5 l / 100 km erreichen, das ist ein tolles Ergebnis. Gleichzeitig bietet die 150 PS Variante ordentlich Durchzug. Das DSG schaltet die Gänge unmerklich durch, trägt zum sanften Fahrverhalten nochmals bei. Zudem entschlackt der kleine Schalthebel den Innenraum, so dass es an der unteren Mittelkonsole etwas luftiger wird.

Die Sportmodelle GTI und GTD kommen mit 15 mm Tieferlegung des Fahrwerks, optional steht hier auch das adaptive Fahrwerk DCC zur Verfügung, ebenfalls mit 15 mm Tieferlegung. Das Handling wird durch das straffere Fahrwerk noch etwas agiler. Dazu kommt die stärkere Motorleistung, und beim GTI natürlich der knackige Auspuffsound. Der Golf GTE ist im Gegensatz zu GTI und GTD nicht 15 mm tiefer gelegt. Der Grund dafür ist, dass die Batterien im Unterboden geschützt werden sollen. Der GTE startet übrigens immer zunächst rein elektrisch, wenn man die Zündung betätigt. Der VW Golf GTI Clubsport hat dieselbe Fahrwerkshöhe wie der normale GTI (also -15 mm gegenüber Serien-Golf), egal ob DCC oder ohne DCC. Nur das Fahrwerk wurde im Setup noch sportlicher ausgerichtet.

Beim Fahren des VW Golf 8 GTI fällt auf, dass der Unterschied zwischen Basis-Golf-7 und Basis-Golf-8 kleiner ist als GTI Mk7 und GTI Mk8. VW hat aus dem neuen GTI noch mal mehr herausgeholt. Die Federrate wurde an der Vorderachse um 5 % erhöht und an der Hinterachse um 15 %. Speziell die steifere Hinterachse sorgt dafür, dass sich das Heck etwas leichter anfühlt. Ausgehend vom Comfort- oder Sport-Modus in der DCC-Auswahl kann man über den Individual-Modus das Setting jeweils noch komfortabler oder sportlicher stellen. Der GTI beschleunigt nach wie vor fix und liefert dazu einen noch knackigeren Sound. Die Lenkung wurde überarbeitet und benötigt nun noch weniger Lenkweg, fühlt sich aber trotzdem sehr feinfühlig und natürlich an. Gerade bei hohen Geschwindigkeiten bleibt der Golf GTI gelassener als je zuvor, fühlt sich bei high speed auf der Autobahn eher so souverän an wie ein Fahrzeug aus einem Segment darüber. Also: Hardware top. Der neue Golf GTI setzt Maßstäbe.

Als Verbrauch verzeichnen wir bei ausgeglichener Fahrweise gut 7 l / 100 km und bei sportlicher Fahrweise 8 l / 100 km. Das ist kein großer Unterschied zur Vorgänger-Generation.

Nun testen wir im Vergleich dazu den neuen VW Golf 8 R. Die Besonderheiten: Zum Einen beschleunigt der neue Golf R mit 4,7 Sek. 0-100 km/h noch mal 1,5 Sek. schneller als der GTI, zum Anderen erhält der Golf R nun ein torque vectoring an der Hinterachse. Heißt: Es wird nicht nur beim Allrad-Antrieb zwischen vorne und hinten verteilt, sondern auch an der Hinterachse zwischen den Rädern, so dass man regelrecht aus der Kurve gedrückt werden kann. Das macht den neuen Golf R so deutlich agiler, das macht richtig Freude. Man spürt gar nicht mehr, dass hier grundsätzlich eine Frontantriebs-Architektur am Werk ist. Klar, der Golf R hat ja eh schon Allrad (vorne plus hinten bei Bedarf), aber zusammen mit dem torque splitter fühlt sich der Golf 8 R richtig hecklastig an. Die mit dem Performance-Paket kommenden zusätzlichen Modi Drift und Nürburgring bieten noch mehr: In beiden Modi schaltet das Auto erstmals im manuellen Modus nicht hoch, sondern fährt in den Drehzahlbegrenzer. Ferner hat man im Nürburgring Modus ein Schaltprogramm S+ (Automatik Modus). Das Auto schaltet jetzt deutlich später hoch und vor allem deutlich früher runter (abhängig vom Bremsdruck) und nutzt somit die Motorbremse beim Runterschalten. „Damit hat man auf der Nordschleife z.B. immer bereits vor der Kurve den richtigen Gang eingelegt“, so Rennfahrer Benny Leuchter, der den Modus für den Golf R extra auf den Ring angepasst hat. Die Lastwechsel vom Motor wurden außerdem bewusst größer gemacht, damit das Auto deutlich reaktiver beim Gaswegnehmen ist, der Lastwechsel hilft dann beim Einlenken in die nächste Kurve. Beim Drift-Modus wird die Kraft, die an die Hinterachse gelangt, bis zu 100 Prozent an ein Rad geleitet – je nach Lenkwinkel und Fahrpedalstellung. Somit kann man z.B. richtig viel Power auf dem kurvenäußeren Rad haben, was dann zum leichten Ausbrechen der Hinterachse führen kann, so kann man den Golf R dann auf abgesperrten Strecken um die Kurve zirkeln. Natürlich wird in den Race-Modi jeweils das ESC runtergeregelt, aber nicht komplett deaktiviert. Als Verbrauch verzeichnen wir bei gemächlicher Fahrweise oder Fahrt mit Tempomat gut 9 l / 100 km. Bei Performance-Fahrten kommt man natürlich noch höher.

Leider ist die Bedienung der Cruise Control beim Fahren über die kapazitiven Flächen sehr umständlich. Und wenn der Tempomat einmal z.B. durch den Druck aufs Bremspedal gecanceled wurde, reicht es nicht mehr zum Einstellen einer neuen Geschwindigkeit, die Minus- oder Plustaste zu drücken. Man muss erst auf Resume und dann die Geschwindigkeit neu einstellen. Wieso? Die Klima-Anlage ließ sich bei unserer Testfahrt gar nicht mehr verstellen, weil die Software sich aufgehängt hat. Also: Hardware top, Software flop. Leider. So ein fantastisches Auto im Fahrverhalten, man kann nur hoffen, dass VW bei der Software nachbessert.

Der Front Assist (Autonome Notbremse) ist serienmäßig und wurde im Funktionsumfang überarbeitet. Die ACC, die adaptive Geschwindigkeitsregelung, arbeitet in der höchsten Ausbaustufe bis 210 km/h, regelt prädiktiv die Geschwindigkeit vor Kreuzungen und Kreisverkehren, erkennt Verkehrszeichen und reagiert darauf und kann sogar vor einem nahenden Stauende warnen und darauf reagieren. Wenn man die hohe Ausbaustufe der Assistenzsysteme nimmt, den Travel Assist, ist das Lenkrad auch mit einer kapazitiven Funktion ausgestattet, erkennt also, ob der Fahrer seine Hände am Lenkrad hat und eben nicht über eine Bewegungserkennung. Das hilft dabei, dass man bei langer Geradeausfahrt keine Fehlermeldung erhält, obwohl man die Hände noch am Lenkrad hat.

Abmessungen

Länge: 4,28 m
Radstand: 2,63 m
Breite: 1,79 m
Höhe: 1,45

Fazit: Der neue VW Golf setzt auch in der 8. Generation wieder den Benchmark im Segment, was die Hardware angeht. Er bringt wie gewohnt keine Revolution, aber wurde im Detail verfeinert und natürlich weiter digitalisiert. Ein Highlight sind grundsätzlich die neuen Komfort-Sitze mit Alcantara, die Sportmodelle GTI, GTE, GTD und R glänzen mit den Stoff-Sportsitzen mit integrierter Kopfstütze, die auch mehr Komfort bringen als bisher. Die Bedienung über kapazitive Flächen für Lautstärke, Klima und in den Sportmodellen auch serienmäßig am Lenkrad ist ein klarer Rückschritt. Nicht intuitiv, kompliziert, ablenkend. Zudem ist die Software des Golf nicht ausgereift und fehleranfällig. Das passt so gar nicht dazu, dass der neue VW Golf 8 rein im Fahrverhalten wieder mit das beste Auto im Segment ist. Der neue VW Golf R der 8. Generation überzeugt insbesondere mit dem torque vectoring und fährt sich dadurch überhaupt nicht frontlastig und agiler als je zuvor.

Autogefühl: ****

Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak