Toyota GR Supra 2.0 Fahrbericht 2021

Nach 17 Jahren Pause entstand in Kooperation mit BMW die fünfte Generation der legendären Toyota Supra. Wir fuhren das zweisitzige Sport Coupé in der zahmeren Variante mit aufgeladenem Zweiliter-Vierzylinder. Von Thomas Imhof

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Exterieur

Die Toyota Supra – wir bleiben aus alter Gewohnheit bei der weiblichen Form – bezieht ihr Zusatzkürzel „GR“ von Gazoo Racing – der Dachorganisation für das globale Motorsportprogramm des japanischen Automobilgiganten. Die hat, so heißt es im Pressetext, ihre technische Expertise aus der Rallye-WM und Le Mans in die als konsequente Fahrmaschine ausgelegte neue Supra Generation einfließen lassen.
Das mag vielleicht auf die Fahrwerksabstimmung und andere Details zutreffen, aber im Wesentlichen basiert die neue Toyota GR Supra auf der CLAR-Plattform von BMW. Und wird daher auch Seite an Seite mit dem Plattformbruder Z4 bei Magna Steyr in Graz montiert.

Das Exterieur des im Gegensatz zum Z4 Roadster als Coupé konstruierte Modell erfüllt alle Voraussetzungen, um auch in Zukunft zu den Fan-Lieblingen auf der PlayStation-Spielekonsole zu zählen. Neben dem Double bubble-Dach, das sowohl an den legendären Toyota 2000 GT als auch an die Dodge Viper erinnert, sorgt vor allem das wild zerklüftete Heck für einen hohen „Need for Speed“-Faktor. Es dreckt sich übrigens bei schlechtem Wetter sehr schnell ein und lässt sich, weil die Bürsten einer Tankstellen Waschanlage viele schlecht zugängliche Ecken nur streifen, nicht komplett säubern. Hier ist dann nachträgliche Handarbeit mit Wasser und Schwamm angesagt.

Der stattliche Diffusor, die beiden dicken Endrohre, der bogenförmig aus dem Heckdeckel herauswachsende Heckspoiler, die sichelartigen „Blades“ und die coole Zusatzleuchte für das Rückwärtsfahr- und Nebellicht lassen die Toyota Supra GR 2.0 von hinten fast wie einen GT3-Renner wirken. Toyota nennt diese Designsprache „Condensed Extreme“, was den optischen Eindruck ziemlich gut trifft.

Der Dachaufbau wird nach hinten stark eingezogen, was die weit ausgestellten Heckkotflügel voll zur Geltung kommen lässt. Unter ihnen sitzen beim Zweiliter serienmäßige 18-Zöller; 19 Zoll-Felgen gib es gegen Aufpreis; beim Sechszylinder sind sie serienmäßig montiert.

In der Seitenansicht dominiert ein in Richtung der hinteren Hüften hochgezogener Einschnitt, der sich beim genauen Hinsehen jedoch ebenso als gefakter Lufteinlass erweist wie die Schlitze im hinteren Bereich der Motorhaube und weitere Pseudo-Einlässe im Frontstoßfänger. Womit wir am Bug angekommen wären . Der mutet im Vergleich zum Heck fasst schon brav an und wird von Sechs-Linsen-LED-Scheinwerfereinheiten dominiert. Matrix-LED-Licht gibt es erst in der Top-Version GR Supra Legend.

Insgesamt visualisierte Supra Chefdesigner Nobuo Nakamura genau das, was ein Frontmotor-Heckantrieb-Auto ausstrahlen muss – lange Motorhaube, eher weit zurückgesetzte Kabine, kurzes, knackiges Heck, große Räder und breite Spur. Mission accomplished, auch wenn das Design weniger auf Zeitlosigkeit als auf einen möglichst spektakulären Eindruck zielt. Aber wichtiger ist die Eigenständigkeit – bis auf die Außenspiegel und die Türgriffe stammt hier nichts von BMW.

Interieur

Im horizontal gegliederten Cockpit fühlen sich Besitzer eines BMW sofort heimisch. Vom etwas klobigen Lenkrad über die elektrischen Sitzverstellhebel bis zu den zwei Reihen Drucktasten auf der Mittelkonsole und den Tasten auf dem Mitteltunnel griff Toyota gnadenlos in den Teilekasten des Münchener Kooperationspartners. Was kein Nachteil sein muss, zumal wir es immer noch schätzen, gewisse Funktionen noch „händisch“ auszuführen. Selbst der Dreh-/Drucknopf und der Wählhebel für die Achtstufen-Automatik stammen von BMW.

Das zentrale Infodisplay ist schlicht auf den Rand des Instrumententrägers aufgesetzt statt voll integriert und mit 8,8″ deutlich kleiner als im BMW Z4 (10,25‘‘) – es erinnert an Displays aus BMW 1er oder 2er. Durch das ebenfalls von BMW entliehene Lenkrad fällt der Blick auf ein minimalistisches Kombiinstrument. Es wird klar dominiert vom Drehzahlmesser, dieser wird flankiert von zwei Balkenanzeigen für Tankinhalt und Motorbetriebstemperatur. Ein relativ großes Feld im rechten Bereich bleibt ungenutzt. Leider ist das Ganze auch nicht konfigurierbar – zum Beispiel in Gestalt von zwei Rundanzeigen. Die Geschwindigkeit wird also lediglich in Form von Digitalzahlen angezeigt. Dafür gibt es im Multimedia-Display eine Einstellung Sportanzeigen, auf der Kilowatt- und Drehmoment-Werte angezeigt werden. Eine nette Spielerei.

Ablagen finden sich im Toyota GR Supra 2.0 fast keine – leider lässt sich im Mitteltunnel kein Fach öffnen, stattdessen wird der dafür vorhandene Platz durch zwei Cup-Holder regelrecht vergeudet. Und die Türtaschen sind so klein, dass dort nur Kleinzeug hineinpasst.
Unser Testwagen war mit optionalen Tierhaut-Sportsitzen ausgestattet; sie sind Teil des Premium-Pakets, das in der getesteten Dynamik-Ausstattung der Toyota GR Supra 2.0 gut 2900 Euro kostet und unter anderem ein JBL Soundsystem mit zwölf Lautsprechern und ein Head-up-Display inkludiert. Wir empfehlen die serienmäßigen Sitze, die neben einem kleinen Anteil Tierhaut überwiegend mit Alcantara Stoff sind und insgesamt einen guten Kompromiss zwischen Sportlichkeit und Komfort bieten.

Die Sitzposition ist sportwagenmäßig tief, die Übersicht nach schräg hinten extrem eingeschränkt. Auch der Heckabschluss ist nur zu erahnen, hier hilft nur das allerdings recht kleinformatige Bild der Rückfahrkamera. Beim Rangieren und Bugsieren mit der Toyota GR Supra 2.0 ist also Vorsicht geboten, zumal es piepsende Parksensoren selbst gegen Geld und gute Worte für die Zweiliter-Modelle nicht gibt.

Zwischen vorderem und hinterem Interieur spannt sich eine auch stabilisierend wirkende Querstrebe im Alu-Look. Der Kofferraum lässt sich vom Cockpit aus (Taste im unteren Bereich der Fahrertür) oder per Fernbedienung mit dem Key Fob öffnen. Da es keinen Griff gibt, drohen bei eingedrecktem Heck schmutzige Finger. Der 290 Liter (plus 9 Liter gegenüber dem Z4) große Gepäckraum ist für Sportwagenverhältnisse manierlich; das Volumen reicht für den Wochenendausflug oder Golftrip zu zweit. Als Länge messen wir 1,20 Meter, die Breite liegt knapp unter einem Meter; die Höhe zwischen 40 und 70 Zentimetern.

Wer mehr laden will, muss auf die beiden großen Lautsprecher achten, die auf einer Art Plateau zwischen dem eigentlichen Laderaum und den Sitzen liegen. Zwischen ihnen tut sich eine – wie auf dem Dach – kleine Vertiefung auf, die mit etwas Vorsicht zum Verladen eines langen Gegenstandes genutzt werden könnte.

Toyota bietet die GR Supra 2.0 in drei Ausstattungsversionen an: neben einer Basisversion „Pure“ als getestete „Dynamic“-Variante und als nur mit dem Sechszylinder kombinierbare „Legend“-Ausführung.

Motoren

Toyota führte die GR Supra zunächst nur mit dem 340 PS starken Reihensechszylinder-Motor an. Für den entscheiden sich in Deutschland immerhin 40 Prozent der Kunden; 60 Prozent greifen zum 258 PS leistenden Zweiliter mit Twin-Scroll-Turbo und identischer Achtstufen-Automatik.

In unserem ersten Test der neuen Zweiliter-Version (siehe Videos) wurde schon deutlich, wie gut das auch hier längs eingebaute Triebwerk zur Toyota GR Supra passt. Der Sound ist schon hier animierend, er wird durch einen Druck auf die Sport-Taste noch prickelnder. Zugleich schaltet die Automatik im Sport-Modus viel schneller runter, zum Beispiel mal eben vom siebten in den vierten Gang.

Ein Turbo-Loch konnten wir nicht entdecken, der BMW B48-Motor mit Direkteinspritzung und Valvetronic hängt im Gegenteil bestens am Gas und beschleunigt die knapp 1,4 Tonnen schwere Toyota GR Supra 2.0 in 5,2 Sekunden von 0 auf 100 km/h.

Die über Schaltwippen bedienbare Achtstufen-Automatik ist ebenfalls denkbar harmonisch auf die Motorcharakteristik abgestimmt. Der Werksverbrauch von 6,3 Liter/100 km ist natürlich nur ein frommer Wunsch; wir verbrauchen auf unserer Standardtestrunde 8,7 Liter/100 km, was eher am oberen Rand des Vertretbaren liegt.

Kurz gesagt: der Eindruck von Leistungsmangel trat zu keiner Sekunde auf; nur wer den Langstrecken-Komfort eines Reihensechszylinders über alle Maßen schätzt, wird zum über 61.000 Euro teuren Dreiliter-Modell greifen.

Fahrverhalten

Im Gegensatz zur Basisversion Toyota GR Supra 2.0 „Pure“ (47.600 Euro) stattet Toyota die GR Supra 2.0 in der Dynamik-Ausstattung (52.000 Euro) mit einem aktiven Sperrdifferential und einer adaptiven und variablen Dämpferverstellung (AVS) aus. Gerade letztere erweist sich als großer Vorteil, kann man doch per erwähnter Taste auf der Mittelkonsole zwischen den Einstellungen Normal und Sport wählen. Im Normalmodus beeindruckt das so aggressiv anmutende Modell durch einen erstaunlich harmonischen Abrollkomfort – sicher unterstützt durch die „kleineren“ 18-Zoll-Reifen. Schaltet man auf Sport, tönt der Auspuff vernehmlicher, während zugleich das Fahrwerks-Set-up merklich straffer wird, ohne dass die Stöße bis zum unteren Fortsatz der Wirbelsäule vordringen würden.

Unterstützt durch die geringere Last des Vierzylinders auf der Vorderachse (rund 100 Kilo), die ausgeglichene 50:50-Gewichtsverteilung, die Fünflenker-Hinterachse und die sehr kommunikative Lenkung ist es ein Genuss, die Toyota GR Supra 2.0 um Kurven jeder Art zu zirkeln. Parallel dazu werden dank der ausgewogenen Feder/Dämpfer-Abstimmung längere Autobahnpassagen nicht zur Tortur. Wobei das nicht die Domäne eines Toyota GR Supra 2.0 sein soll. Sondern eher zum Beispiel die Nürburgring Nordschleife. Wer den Grenzbereich austesten will – aber bitte nicht auf öffentlichen Straßen ! – kann das DSC übrigens komplett deaktivieren. Dann wird auch das Heck ein wenig „leichter“.

Noch ein Wort zu den Assistenzsystemen: Mit City-Notbremsfunktion, Fußgänger- und Radfahrererkennung sowie Verkehrsschild- und Spurhaltassistent mit aktiver Lenkfunktion ist die Toyota GR Supra 2.0 Dynamic mit einem heute fast schon unverzichtbaren Paket bestückt. Erst im Supra Legend 3.0 kommen dann zusätzliche Helfershelfer wie Toter-Winkel- und Querverkehrs-Warner, ein Spurwechsel-Assistent oder Parksensoren mit Bremsfunktion hinzu. Plus einer adaptiven Geschwindigkeitsregelanlage mit Stop&Go.

Abmessungen

Länge: 4,38 Meter
Breite: 1,85 Meter
Höhe: 1,29 Meter
Radstand: 2,47 Meter
Leergewicht: 1.395 – 1.470 kg

Fazit

Nach dem 2011 auf der Tokio Motor Show vorgestellten und zusammen mit Subaru entwickelten GT86 gönnt sich Toyota mit der fünften Generation des Supra erneut ein gegen den aktuellen Mainstream der Automobilindustrie vermarktetes Spaßauto. Weil die Kosten für eine Entwicklung zu hoch wären, diesmal mit dem Partner BMW, was speziell in punkto Innenraum-Qualität kein Nachteil sein muss.

Fans der Marke wird das kaum stören, vielmehr erfreuen, dass ein so großer globaler Player wie Toyota, der mit dem Prius und Mirai und seinen Hybridmodellen ökologisch mustergültig vorangeht, sich dennoch solche Extravaganzen leistet. Schließlich hätten kühl denkende Vorstände selbst eine so traditionsreiche Baureihe einfach auslaufen lassen können.

Aus europäischer Sicht wäre höchstens die doch sehr auf japanische und amerikanische Kunden zielende Designsprache kontrovers zu betrachten – hier scheint die Gran Turismo- und Need for Speed-Gemeinde doch sehr stark im Fokus gestanden zu haben.

Der Vierzylinder ist speziell für Nicht-Hardcore-Sportfahrer sicher die bessere Wahl. Und das nicht nur wegen des deutlich niedrigeren Preises. Auch mit dem Toyota GR Supra 2.0 kann man schon eine Menge Fahrspaß genießen, zumal er weit davon entfernt ist, ein total digitalisiertes Auto zu sein. Vielmehr geht es bei der Bedienung noch sehr analog zu. Was die Verbindung zwischen Fahrzeuglenker und seinem Auto nur noch intensiver macht.

Autogefühl: ****

Text: Autogefühl, Thomas Imhof
Fotos: Autogefühl