Porsche 911 GT3 Premiere für den 911er 992 2021

Der Porsche 911 ist in der neuen Generation nun auch als Serien-Rennstreckenversion Porsche 911 GT3 erhältlich. Wir haben die Details. Von Thomas Majchrzak

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Exterieur

Schon die Basis-LED-Scheinwerfer der neuen 911er-Generation haben ein Vier-Augen-Gesicht, optional sind Matrix-LED-Scheinwerfer für eine erweiterte Fernlichtfunktion verfügbar. Vorne ist der neue 911 gut 4,5 cm breiter als der Vorgänger. Die Motorhaube hat zwei deutlichere Designkerben und ist kantiger ausgeschnitten, ferner sind die unteren Lufteinlässe auf Retro getrimmt. Der Porsche 911 GT3 orientiert sich im Design am Rennwagen 911 RSR, mit kräftigem Frontsplitter, seitlichen Diffusoren und großem Heckspoiler, der sich manuell verstellen lässt. Die Motorhaube ist aus CFK und trotzdem optimiert für den Fußgängerschutz. Einzigartig kommt beim 911 GT3 vorne eine Doppelquerlenker-Vorderachse zum Einsatz, die für mehr Präzision sorgt. Allein dieses Bauteil bringt auf der Nürburgring-Nordschleife ein paar Sekunden Vorteil pro Runde. Die Türgriffe fahren ein Stück elektrisch aus, so dass man sie dann von unten greifen und hochziehen kann. Der Mechanismus dient der Aerodynamik, denn die Türgriffe sind versenkt, wenn sie nicht benutzt werden. Rein haptisch sorgen die Türgriffe beim Bedienen allerdings für ein etwas komisches Gefühl. Die Seitenfenster-Grafik bleibt weitgehend unangetastet, wobei die Dachlinie noch schmaler geführt ist. Am Heck geht wie bei den anderen Porsche-Modellen ein Leuchtband über die gesamte Breite. Die Spoiler sind beim 911 GT3 manuell verstellbar. Insgesamt wurde beim 911 GT3 gegenüber den anderen 911ern über 200 kg an Gewicht eingespart. Die expressive Farbe nennt sich Shark Blue – auch erhältlich mit farblich passenden Ringen um die Felgen. Vorne kommt 20″, hinten 21″. Optional ist die Keramik-Bremse erhältlich, eigentlich mit gelben Bremszangen, aber das geht auch z.B. in Schwarz, wie wir hier auch sehen. Serienmäßig kommt der Porsche 911 GT3 in der 992 Generation mit Hinterachslenkung, die bei niedrigen Geschwindigkeiten um bis zu 2 Grad gegensinnig einlenkt.

Interieur

Größte Neuerung im Interieur des neuen 911ers ist der größere Infotainment-Bildschirm in 10,9 Zoll. Dieser kommt mit einer schnellen Prozessoreinheit und Software, die man schon aus Cayenne und Panamera kennt. Neben der Touchscreen-Funktion stehen fünf Hotkeys zur Verfügung. Die Instrumente sind ferner etwas zurückversetzt, was eine Hommage an die 911er der 1970er Jahre sein soll. Der mittige Drehzahlmesser ist weiterhin analog, rechts und links daneben sind zwei 7″-Screens platziert. Diese werden jedoch durch das Lenkrad verdeckt, bei großen Fahrern tatsächlich in jeder Lenkradstellung. Der 911 GT3 bietet hier einen Track Screen, bei dem dann nur noch Rundstrecken-relevante Infos abgebildet werden und der äußere Bereich einfach leer bleibt. Die zentrale Chrono-Uhr ist im 911 GT3 in Titan eingefasst.

Die verbleibenden Schalter sind hochwertig mit metallgedrehten Abdeckungen verziert. Der PDK-Schalthebel ist im GT3 keine Hommage an einen bekannten Elektro-Rasier, sondern sieht so aus wie ein Handschalthebel, ein cleverer Trick. Ein 6-Gang-Handschalter steht für den 911 GT3 ebenfalls zur Verfügung.

Im Design herrscht auch im Interieur eine bewusste Spannung, und zwar im wortwörtlichen Sinne, denn die Oberflächen scheinen straff über den Untergrund gespannt zu sein. Man erhält entweder den Basis-Sportsitz oder optional für die Rennstrecke ausgelegt den Schalensitz, der dann auch mit Mikrofaserbezug kommt. Damit fährt man im Sommer am kühlsten und im Winter am wärmsten. Eine komplett nachhaltige Alternative findet man allerdings nur im Elektrowagen Taycan. Der grundsätzliche Sitzkomfort wurde zwar etwas gesteigert, für Langstrecken können wir den 911 dennoch nicht empfehlen, gerade natürlich den 911 GT3 nicht. Er fühlt sich auf der Rennstrecke wohler. Interessant ist auch, dass im Zuge der Generationen die Sitzposition immer weiter nach unten gewandert ist. Das fühlt sich sportlicher an, bringt massig Kopffreiheit für so ein flaches Auto, allerdings wird der Ein- und Ausstieg dadurch auch nicht leichter.

Kopffreiheit vorne gibt es en masse, und man kann auch als großer Erwachsener durchaus eine geeignete Sitzposition finden. Die hinteren Sitze entfallen beim Porsche 911 GT3 aus Gewichtsspargründen. Der vordere Kofferraum ist weiterhin geräumig und gut nutzbar (z.B. Flug-Trolley plus Rucksack plus Jacke), das Volumen beträgt 135 l.

Motoren

911 Carrera – 3,0 l 6-Zylinder Turbo-Boxermotor mit 385 PS
4,2 bzw 4,0 Sek. 0-100 km/h mit Sport-Chrono-Package (Launch Control)
Basispreis Einstiegsversion: 105.000 Euro fürs Coupé, 119.000 Euro fürs Cabriolet

911 S und 911 4S (Allrad) – 3,0 l 6-Zylinder Turbo-Boxermotor mit 450 PS
3,5 bzw 3,4 Sek. 0-100 km/h mit Sport-Chrono-Package (Launch Control)
8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe (PDK)
Ab 120.000 bzw. 128.000 Euro

Bei den Tankgrößen kann man zwischen 67 l und optional 90 l wählen.

Das Cabriolet ist jeweils 0,2 Sekunden langsamer (Mehrgewicht von 70 kg) und kostet 14.000 Euro mehr.

911 Turbo (Allrad) – 3,8 l 6-Zylinder mit Dual-Turbo-Boxermotor mit 580 PS
2,8 Sek. 0-100 km/h

911 Turbo S (Allrad) – 3,8 l 6-Zylinder mit Dual-Turbo-Boxermotor mit 650 PS
2,7 Sek. 0-100 km/h
8,9 Sek. 0-200 km/h

911 GT3 (Heckantrieb) – 4,0 l 6-Zylinder Sauger mit 510 PS (wie im 911 GT3 Cup)
320 km/h VMax
3,4 Sek. 0-100 km/h
Nordschleifen-Zeit unter 7 Min.

Fahrverhalten

Schauen wir derweil schon auf unsere Fahreindrücke aus den anderen Modellen der 992 Generation des Porsche 911:

Der 911 S hat schon gut 40 PS mehr als die Vorgänger-Variante und ist 0,4 Sek. schneller in der 0-100 Beschleunigung. Gleichzeitig wurde, trotz des 50 kg Mehrgewichts, die Bremsperformance um gut 1 % verbessert. Ok, das ist ein eher theoretischer Wert, weil die 1 % kann keiner spüren. Dafür ist die Lenkung um 10 % direkter, und das kann man in der Tat spüren. Lenkbefehle kann man sehr fein dosieren, die Rückmeldung ist top und man muss nie zu stark einlenken, das Lenkverhalten ist durchweg progressiv.

Bei den Fahrwerken startet man mit dem adaptiven Fahrwerk PASM, wahlweise ist ein -10 mm PASM verfügbar, das wir auch testen. Ferner steht als Option die PDCC an, die Porsche Dynamic Chassis Control. Im Gegensatz zu VW, wo DCC für das adaptive Fahrwerk steht (verwirrend, weil das ist bei Porsche PASM), steht PDCC bei Porsche für die aktive Wankstabilisierung. Diese ist immer aktiv, aber noch in einer zweiten Stufe zu regeln, so dass sie noch straffer agiert und das Auto gerade hält. Der Unterschied ist deutlich zu spüren, gerade auf der Rennstrecke. Auf der Straße ist das dagegen eher zu vernachlässigen. Voraussetzung für die PDCC ist die Hinterachslenkung, die die Hinterräder bis zu 2 Grad gegensinnig oder gleichsinnig einschlägt, um entweder den Wendekreis geringer zu machen oder bei höheren Geschwindigkeiten für mehr Stabilität zu sorgen. So präsentiert sich der 911er auf technischer Seite komfortabler und zugleich sportlicher als zuvor, man hat eben noch ein Stückchen draufgelegt. Der Porsche 911 Turbo S hat die Hinterachslenkung und die Wankstabilisierung serienmäßig.

Die Beschleunigungsperformance steht außer Frage, der Carrera S hat derweil schon die Fahrperformance eines einstigen GTS, und es ist in der Tat ein Auto, das man so als Serienfassung ohne Probleme auf alle Rennstrecken der Welt nehmen kann. Ob das wirklich jemand macht, steht auf einem anderen Blatt. Viel Spaß macht es mit dem 911, nicht nur im Grenzbereich zu fahren, sondern einfach zügig zu cruisen. Dafür ist er auch eigentlich gedacht.

Der Porsche 911 Turbo S setzt der Beschleunigung dann die Krone auf. Man wird so richtig in die Sitze gedrückt, wenn man ordentlich ins Gaspedal langt. Das Besondere am neuen 911 Turbo S: Die Spreizung zwischen Sportlichkeit und Komfort ist noch größer. Im Normal-Modus kann man den Turbo S wie einen ganz normalen 911er fahren. Aber schon im Sport-Modus wird der 911 Turbo S zweifelsohne zum Supersportwagen. Nur fühlt er sich kontrollierter und „normaler“ an als eigens als Supersportwagen ausgelegte Fahrzeuge. Sozusagen ein Gentlemen, der auf Bedarf extrem werden kann, aber eben auch nicht muss. Durch den Allradantrieb bleibt alles noch kontrollierbar und die Beschleunigungs-Performance ist über alle Zweifel erhaben. Durch Aerodynamische Maßnahmen und Reifenwahl scheint der Porsche 911 Turbo S am Asphalt zu kleben, er saugt sich regelrecht fest.

Neu hinzugekommen ist ein Fahrmodus für nasse Fahrbahn, um die Gasannahme zu reduzieren und die Traktion zu verbessern. Der 911 erkennt nasse Fahrbahnen und schlägt den Fahrmodus dann automatisch vor. Auch ein Nachtfahrassistent mit Wärmebildkamera ist nun verfügbar. Am wichtigsten ist die Einführung eines serienmäßigen Notbremsassistenten, der sogar serienmäßig kommt. Optional bekommt man einen adaptiven Tempomaten.

Auf der Rennstrecke würde man den Unterschied vielleicht merken, aber beim normalen Straßenfahren macht das 911 Cabriolet eine genauso sportliche Figur wie das Coupé, ohne Einschränkungen. Dafür gibt es mehr Freiheit beim Offenfahren, und wenn der Regen doch einmal aufkommt, ist das Verdeck jetzt schließlich noch schneller wieder geschlossen.

Der neue Porsche 911 GT3 ist mit seiner Doppelquerlenker-Vorderachse, den Gewichtsoptimierungen und der linearen Kraftentfaltung des Sauger-Boxermotors das für einen Rennfahrer vorhersehbarste Auto, also das, was man am präzisesten dirigieren kann, ohne Überraschungen. Kein Wunder also, dass der 911 GT3 auf der Rundstrecke schneller als ein 911 Turbo S ist, obwohl der Beschleunigungswert langsamer ist.

Abmessungen

Länge: 4,52 m
Breite: 1,85 m
Höhe: 1,30 m
Radstand: 2,45 m
Leergewicht: Straßen-Varianten 1.590 – 1.640 kg, 911 GT3: 1.418 kg (als Handschalter)

Fazit: Der neue Porsche 911 wurde wie üblich evolutionär am Äußeren verändert, wobei ihm die neuen alten Retro-Elemente richtig gut stehen. Das Design wirkt wie aus einem Guss und es gibt so wenige Lücken in der Karosserie wie nie zuvor. Der Porsche 911 GT3 zeigt die brachialen Racing-Elemente, die er für die Rundstrecke benötigt. Und die stehen ihm richtig gut. Technologie und Design sind hier klar dem Nutzen untergeordnet. Im Innenraum gibt es mehr Digitalisierung. Die Motoren sind gewöhnlich turboaufgeladen, aber im GT3 erhält man noch den klassischen Sauger. Der Porsche 911 GT3 ist der schnellste 911er auf der Rundstrecke aus Serienfertigung.

Autogefühl: ****

Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Fotos & Video: Autogefühl, Jonas Bomba