Jaguar F-TYPE R Coupé Test mit Rennstrecke

Nachdem der Jaguar F-TYPE als Roadster im vergangenen Jahr die etablierte Sportwagenwelt aufgerüttelt hat, legt Jaguar mit dem F-TYPE Coupé nun die geschlossene und noch formschönere Variante nach. Das feste Dach verspricht zudem eine fast doppelt so hohe Verwindungssteifigkeit, was wir direkt auf der Rennstrecke ausprobieren wollten – mit der Top-Version F-TYPE R mit 550 PS. Von Thomas Majchrzak

Cabrio oder Coupé, das ist hier die Frage. Beim Jaguar XK haben sich bisher immer mehr als zwei Drittel der Kunden für das Cabriolet entschieden, und so sieht es bisher auch beim Jaguar F-TYPE aus – wobei das Coupé schließlich jetzt erst in die heiße Verkaufsphase geht. Auch beim Porsche Boxster / Porsche Caymann ist das Verhältnis zwei Drittel / ein Drittel zugunsten der offenen Variante, lediglich beim größeren und stärkeren Porsche 911 laufen anteilsmäßig deutlich weniger Cabrios vom Band, etwas weniger als die Hälfte im Modellmix. Das könnte ein Hinweis sein, wo beim F-TYPE die Reise hingeht. Denn das Jaguar F-TYPE Coupé orientiert sich in der Sportlichkeit definitiv eher hin zum 911er. Und daraus wird ersichtlich, warum es wichtig ist, nun ein leistungsstarkes Coupé nachzuschieben: Wenn es sehr sportlich wird, dann ist das Coupé sogar noch wichtiger. Jetzt wird der F-TYPE so richtig zum Porsche-Jäger, die Katze hat die Krallen ausgefahren.

Und das probieren wir zusammen mit Nicole direkt auf der Rennstrecke am Bilster Berg aus: Jaguar F-TYPE R Coupé ist der stärkste Serien-Jaguar aller Zeiten und kommt mit seinem 5.0 Liter V8 Kompressor auf 680 Nm Drehmoment – da sind Kickdown oder Gedenksekunde bis zum Leistungshoch keinerlei Thema mehr. Das brutale Aggregat leistet so viel, wie die Reifen im Stande sind, auf den Asphalt zu bringen – tendenziell eher sogar mehr. Der große Vorteil auf der Rennstrecke dabei ist, dass man mit dieser Power-Reserve nicht sofort am Limit fahren muss, sondern schon ohne hastige Gas-Manöver einen unglaublichen Speed erzielt. Souveränität pur.

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Das Adaptive Fahrwerk und die Querdifferenzialsperre mit Drehmoment-Regelung unterstützen das großartige Renn-Verhalten. So werden in schnellen Kurvenfahrten gezielt die kurveninneren Räder weniger stark beschleunigt als die kurvenäußeren – und der F-TYPE erhält dadurch sozusagen einen weiteren Lenkimpuls. Im Vergleich zu einem Porsche 911 Turbo S erfordert der Jaguar F-TYPE allerdings mehr Arbeit. Der Jaguar ist nicht der ruhige, technisch völlig perfekte Porsche mit Allradantrieb, er ist das Spaßmobil, das den Fahrer fordert. Keineswegs auf teilweise schwer kontrollierbare Weise wie ein McLaren 12C, sondern in einer wohl dosierten Weise. Das F-TYPE Coupé ist definitiv ein Fahrer-Auto, das in seiner Emotionalität alle Konkurrenten schlägt.

Einen großen Anteil daran hat der Sound. Heutzutage ist es ja wirklich nicht mehr nötig, dass laute Töne aus den Endtöpfen schallen, Straßenverkehr und Umwelt können sehr gut darauf verzichten. Wer jedoch dem F-TYPE, gerade als V8, einmal zuhören darf, der wirft gerne für einen Moment seine Korrektheit über Bord und genießt. Denn das F-TYPE R Coupé klingt nicht prollig, sondern verbreitet ein tiefes Donnergrollen, das die befreundeten Katzen noch im Dschungel nebenan hören. Bei jedem Beschleunigen werden die Mundwinkel nach oben gezogen, als wenn im Alcantara- oder wahlweise Leder-Dachhimmel Seile fürs Puppenspiel angebracht wären.

Wären die 0 auf 100 km/h in knapp über 4 Sekunden nicht schon souverän genug, so schafft das F-TYPE R Coupé den Sprint auf 200 km/h in 11 Sekunden. Einfach brutal. Der kleine mobile Heckspoiler fährt übrigens bei einer Geschwindigkeit von knapp über 110 km/h automatisch aus und klappt sich unterhalb von 80 km/h wieder selber ein. Wahlweise ist er auch manuell über einen Knopf in der Mittelkonsole bedienbar. Optisch ist er wahrhaftig ein Fehlgriff, er zerstört die wunderschöne Heckpartie, wenn er ausgefahren ist.

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Auf der Rennstrecke ist das F-TYPE R Coupé definitiv zu Hause. Auch wenn ein Porsche auf der Nordschleife oder am Bilster Berg sicher die bessere Rundenzeit machen wird, so wird sich der Jaguar-Fahrer dabei eher eins ins Fäustchen grollen und Adrenalin-geladener als zweiter über die Ziel-Linie fahren.

Vergleich F-TYPE R Coupé – F-TYPE S Coupé – F-TYPE S Roadster auf der Rennstrecke

Mehr Leistung merkt man immer, klar. Dass man allerdings den Unterschied zur S-Version im gesamten Kurvenverhalten so stark merkt, ist erstaunlich. Was man normal auf der Straße wahrscheinlich niemals einschätzen könnte, wird auf der Rennstrecke sofort deutlich: Das F-TYPE S Coupé („nur“ mit V6 Kompressor und 380 PS) fühlt sich im Vergleich zum F-TYPE R etwas schwammiger an – und es schmiert deutlich mehr Gummi über den Asphalt. Hier spürt man den Unterschied der Drehmoment-Kontrolle (Torque Vectoring), die beim F-TYPE R inklusive ist. Und wenn man bei einem super sportlichen F-TYPE S Coupé schon im Vergleich von „schwammig“ reden kann, wird klar, wie überragend das R Coupé ist. Die R-Version hat eine höhere Federrate und ist dadurch noch straffer.

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Das Coupé ist um 80 Prozent steifer als das Cabriolet. Und auch das würde sich im Alltag kaum bemerkbar machen, auf der Rennstrecke liegen aber Welten zwischen Coupé und Cabrio. Nachdem wir ein paar Runden mit dem Roadster über die Rennstrecke gefahren sind (und _vorher_ das Coupé hatten), können wir definitiv sagen: Wer den F-TYPE auf der Rennstrecke bewegen möchte, sollte definitiv das Coupé nehmen.

Test auf der Straße

Kommen wir zu der Beurteilung auf der Straße, denn die überwiegende Nutzung wird natürlich hier stattfinden. Zunächst stellt sich die Frage nach der Version, normal, S oder R. Wer die Power nicht wirklich benötigt, der kann gut und gerne die Einstiegsversion mit V6 und 340 PS wählen. An Leistung wird es dabei auf der Straße niemals mangeln. Zu empfehlen sind jedoch die Sportsitze, denn die normalen Basis-Sitze fallen sehr schmal aus und bieten gefühlt weniger Platz. Die Sportsitze dagegen bieten nicht nur mehr Seitenhalt, sondern sind trotz ihrer sportlichen Ausarbeitung auch komfortabel und auch für größere Menschen besser geeignet. Nichtsdestotrotz ist das F-TYPE Coupé nicht optimal für eine Körpergröße über 1,80 m, weil dann selbst bei den Sportsitzen die Kopf-Partie des Sitzes im Bereich des unteren Nackens anfängt. Beinfreiheit gibt es genug, wenn man die Sitze nach hinten fährt, aber die Sitzposition kann einem durchaus zu schaffen machen. Hier ist Probesitzen angesagt.

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Ansonsten bietet das F-TYPE Coupé im Innenraum allerlei Finessen, die die Fahrt jedes Mal zum Highlight werden lassen. Da wäre der Kippschalter für die Fahrmodi in der Mittelkonsole im Style des Eurofighter-Jets, die automatisch ausfahrenden Lüftungsdüsen mittig oben in der Konsole, das optionale Alcantara-Lenkrad oder die Auspuff-Sound-Taste, die ab dem S-Modell zusätzlich zwei Klappen öffnet. Lediglich die Schaltwippen beim R-Modell sind wie beim Top-Roadstermodell immer noch mit dem billig wirkenden orangefarbenen Kunststoff überzogen.

Das Fahrwerk ist selbst beim Jaguar F-TYPE R Coupé auch im Alltag überzeugend, wobei für den langfristigen Komfort die 20-Zoll-Felgen sicher nicht zuträglich sind. Hier wären die 19-Zöller die bessere Wahl. Das ZF-8-Gang-Automatikgetriebe schaltet schlichtweg makellos und lässt ein Doppelkupplungsgetriebe wahrlich nicht vermissen.

Auch im Straßenverkehr kann man Spaß an der super direkten Lenkung haben, man fühlt sich stets komplett mit dem Auto verbunden, wird eins mit dem F-TYPE. Und das kann auch in der Stadt in Kurven sehr viel Freude bereiten. In den Kofferraum des Coupé passen übrigens bis zu 407 Liter, wenn man die Gepäckraumabdeckung entfernt und bis zum Anschlag zulädt. Effektiv kann man sogar mit eingebauter Abdeckung ohne Probleme seinen Koffer zum Flughafen transportieren, hier ist man natürlich im Vergleich zum Roadster klar im Vorteil. Dem Wochenendtrip steht auch nichts im Wege.

Empfohlen sei als Alltrags-Extra noch das Panorama-Glasdach (knapp über 1.000 Euro Aufpreis), das mehr Licht in den Innenraum lässt und selbst von außen ein Designhighlight darstellt. Bei zu starker Sonneneinstrahlung lässt sich manuell eine Abdeckung von innen zuziehen – völlig in Ordnung, es muss nicht immer an jeder Ecke alles elektrisch funktionieren. Das Glasdach lässt sich nicht öffnen, Frischluftfanatiker sollten da also zum F-TYPE Cabrio greifen.

Hier die Übersicht über die Modelle des Coupés mit den Preisen in Deutschland.

Preisübersicht Jaguar F-TYPE Coupé

F-TYPE – 340 PS – 67.000 Euro
F-TYPE S – 380 PS – 78.500 Euro
F-TYPE R – 550 PS – 103.700 Euro

Das Jaguar F-TYPE Coupé startet in Deutschland 7.000 Euro unterhalb des F-TYPE Cabriolets. Lediglich bei der R-Version liegen „nur“ noch 3.200 Euro Unterschied zwischen Cabriolet und Coupé.

Die Roadster-Verkäufe hatten sich zu einem Viertel aus Bestandskunden gespeist und zu 75 Prozent aus Neukunden. Beim Coupé erwaretet Jaguar sogar, dass die Kundschaft aus 90 Prozent Neukunden bestehen wird – und womöglich sogar häufig zum Top-Modell greift.

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Basisversion F-TYPE Coupé
– 3.0 L V6 Kompressor mit 340 PS
– 0-100 km/h: 5,3 Sekunden
– Sportfahrwerk
– Zweiflutige Abgasendrohre, zentriert
– 18-Zoll-Felgen
– Sportsitze mit Leder und Sitzflächen in Premium-Velours
– 3-Speichen-Lederlenkrad

F-TYPE S Coupé
– 3.0 L V6 Kompressor mit 380 PS
– 0-100 km/h: 4,9 Sekunden
– Sportfahrwerk mit adaptiven Dämpfern (Adaptive Dynamics)
– Zweiflutige Abgasendrohre – zentriert
– Aktive Sport-Abgasanlage mit Klappensteuerung
– 19-Zoll-Felgen
– Sperrdifferenzial
– Sportsitze in Leder mit Sitzflächen in Premium-Velours
– 3-Speichen-Lederlenkrad

F-TYPE R Coupé
– 5.0 L V8 Kompressor mit 550 PS
– 0-100 km/h: 4,2 Sekunden
– 0-200 km/h: 11 Sekunden
– Jaguar Hochleistungsbremsanlage mit Bremssätteln in Rot
– Sportfahrwerk mit adaptiven Dämpfern (Adaptive Dynamics)
– Sound-Taste für Aktive Sport-Abgasanlage mit Klappensteuerung
– Abgasendrohre vierflutig
– 20-Zoll-Felgen
– Dynamic-Modus
– Aktives Differenzial mit Torque Vectoring
– „R“ Performance-Sitze
– R-Sport-Lederlenkrad
– Konfigurierbare Interieurbeleuchtung

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Im gesamten Jahr 2013 konnte Jaguar in Deutschland 723 F-TYPE absetzen (Roadster), 339 waren es im 1. Quartal 2014. Das sind in der Klasse der Sportwagen schon wirklich nennenswerte Zahlen: Ein etablierter und deutlich günstigerer BMW Z4 zum Beispiel verkauft sich doppelt so häufig, da sind die Abstände von BMW zu den Nischen-Premium-Marken in anderen Segmenten wesentlich größer. Auch ein Porsche Boxster liegt „nur“ bei einer doppelten Neuzulassungszahl. Lediglich der Porsche 911 ist meilenweit entfernt, was die Verkäufe angeht.

Jaguar hat sich insgesamt also zahlenmäßig sehr gut positioniert, das Coupé dürfte nun noch weitere Impulse geben. Abzuwarten bleibt, wie die langfristige Entwicklung aussehen wird und ob das Coupé noch mehr einschlägt als das Cabrio. Jedenfalls verspricht das Jaguar F-TYPE Coupé so viel mehr Charakter und Fahrspaß als die anderen etablierten Modelle unter den Premium-Sportwagen. Und nach einer Ladung Adrenalin auf der Rennstrecke können wir sagen: Egal welche Marke man bisher fährt, wer Sportwagen mag, wird das F-TYPE Coupé lieben.

Autogefühl: *****

Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Fotos: Mikhail Bievetskiy