Die Formula Student Germany wirbelte am ersten Augustwochenende auf dem Hockenheimring. Was zunächst nach einer reinen Insider-Veranstaltung klingt, ist mittlerweile ein etabliertes Event mit einer eigenen riesigen Szene, internationaler Beteiligung und High Tech. Nirgendwo anders ist die junge automobile Ingenieurschaft so geballt. Kein Wunder, dass die großen deutschen Automobil-Hersteller bei solch einer heißen Veranstaltung ihren Nachwuchs rekrutieren. Von Thomas Majchrzak
Während im verschlafenen Örtchen Hockenheim noch die Kirchglocken klingen, machen einige Jungs die Nacht durch. Die Studenten steigen nicht in von Sponsoren bezahlten Luxushotels ab, sondern campen direkt am Ring. Nun, wenn sie denn schlafen. Sie schrauben und schrauben und programmieren ihre Renner. Sebastian Meier von der Teamleitung des „Race-Ing“ Teams der FH Dortmund: „Ich habe in den letzten vier Tagen vielleicht acht Stunden geschlafen, und nicht weil ich Party gemacht habe. Es war noch unendlich viel zu tun am Fahrzeug“.
Und diese sehen aus wie Miniatur-Formel-1-Wagen, vollgespickt mit High Tech. Kohlefaser, Hochleistungsdämpfer, Motoren, die 14.500 Umdrehungen pro Minute machen, alles ein bisschen wie im echten Rennsport. Und darum zieht die Formula Student Germany (FSG) auch immer mehr Studenten an. Ingenieur sein ist wieder cool, denkt sich auch der Verein Deutscher Ingenieure und sponsert das Event schon seit Beginn. Hier bewährt sich der praxisorientierte Ingenieur-Nachwuchs im Automotive-Bereich.
Bewertet werden dabei die Technik, Sparsamkeit, Ausdauer/Langlebigkeit des Materials, Schnelligkeit und auch das Konzept bis ins Finanzielle. Ganz nach dem Motto: Baue dir einen möglichst schnellen Rennwagen, der gut hält, nicht allzu viel kostet und möglichst wenig umweltschädlich ist. Darum sind einige der FSG-Autos auch mit Elektromotoren bestückt. Sicher ein Zukunftsmarkt, doch die richtig Schnellen sind noch mit Verbrennern unterwegs. Da gibt es einmal die Teams, die ein paar Sponsoren haben, ein paar günstige Teile einkaufen und froh sind, dabei zu sein.
Dann gibt es die Teams, die dicke Sponsoren im Hintergrund haben, im Vergleich zu den anderen fast unbegrenzte finanzielle Mittel und dementsprechend mit beeindruckendem Material antreten. Teilweise haben Teams 50, 60 Mitglieder, die in Schichten arbeiten können, da gibt es Ruhezeiten, etwa auch für die Fahrer. Die kleinen Teams wie die Dortmunder, die mit neun bis 13 Leuten am Ring sind, müssen so ziemlich alle die Nächte durcharbeiten. Kevin Breuer Team GET Racing TU Dortmund: „Wir fahren hier auch gegen Teams mit richtig viel Sponsorengeld. Firmen, die auch die Formel 1 sponsern. Das ist natürlich schwierig für uns. Aber ich finde es nicht unfair. Die haben es eben geschafft, einen Sponsor zu finden, das können wir auch, da müssen wir dran arbeiten.“
Doch insgesamt halten die Teams zusammen, man tauscht sich aus, hilft auch mal mit Teilen und Know How, usw. Eine positive und freundliche Grundstimmung, auch bei den Zuschauern. 115 Teams, über 3.000 Studenten und noch mehr Zuschauer machten so die Boxengasse und den Ausgang des Motodroms unsicher. Über 80 Teams standen sogar auf der Warteliste, konnten aber aus Platzmangel nicht zugelassen werden. Eine Rekord-Beteiligung. Natürlich wird nicht der gesamte Hockenheimring genutzt, dafür sind die Autos auch etwas zu klein. Aber der Rundkurs hat es in sich, eine sehr eng abgestreckte Strecke, die keine Fehler zulässt.
Stilecht werden die Fahrer mit Regenschirm zum Start begleitet – bis sie dann endlich starten dürfen. Dann surren die Elektro-Renner los, und die klassischen Verbrenner röhren davon. Wer einen dicken Heckspoiler hinten drauf hat, darf schon echt so aussehen wie in der Formel 1. Die Formula Student Germany hat dabei, das sieht man an der Geschwindigkeit, ein hoch professionelles Niveau erreicht. Das sind keine Studenten in Seifenkisten, hier fährt die Zukunft der internationalen Ingenieur-Elite.
Dachte sich auch Volkswagen und kam direkt mit einem Werbe-Truck, der die Marke präsentierte – und natürlich auch interessierte Studenten abfing. Hier muss man als Hersteller oder Zulieferer die Top-Leute nur wie die Rosinen wegpicken. Jedes Jahr werden hier tatsächlich viele Arbeitsverträge quasi schon festgezurrt. Manche Studenten sind so von der Formula Student Germany eingenommen, dass sie ihr Studium für die Schrauberei sogar unterbrechen.
Ob das im Sinne der FSG sein kann, ist zwar zweifelhaft; aber zweifelsohne zeigt das den enormen Ehrgeiz der jungen Leuten, ihr Ziel unbedingt zu erreichen. Daniel Langner, Fahrer und Konstrukteur Race-Ing. Teams der FH Dortmund: „Natürlich dauert das Studium länger, wenn man jahrelang viele Wochen und Monate für die Formula Student opfert. Andererseits sieht dieses Engagement auch richtig gut in der Biographie aus.“
Und hier noch einige Impressionen der unterschiedlichen Teams:
Text & Fotos: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Video: Autogefühl, Thomas Blachetzki & Thomas Majchrzak
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