Der Mitsubishi Pajero ist eine Automobil-Legende, die zwar mittlerweile etwas in die Jahre gekommen ist, aber dennoch den Charme und die Erhabenheit eines klassischen großen Geländewagens versprüht. Wir haben den Mitsubishi Pajero dort bewegt, wo er zu Hause ist. Im Gelände. Von Thomas Majchrzak
Geländefans kennen ihn, den zweiten Ganghebel neben dem großen Wählhebel. Er ist so etwas wie die Schaltpedals am Lenkrad bei einem Sportwagen, nur eben für den Offroadbereich. Ich bin ein Gelände-Profi, sagt das Auto dem Fahrer. Mit dem zweiten Wählhebel lässt sich die Geländeuntersetzung zuschalten, die die Gänge deutlich verkürzt. Damit steht weniger Endgeschwindigkeit, aber mehr Kraft für Steigungen zur Verfügung. Man kann also zum Beispiel 20 km/h im fünften Gang fahren. Anders herum: Selbst bei geringen Geschwindigkeiten stehen enorme Kräfte zur Verfügung.
Das probieren wir direkt aus. Wir legen den ersten Wählhebel des Mitsubishi Pajero in die Neutral-Stellung, damit Änderungen am Getriebe sicher vorgenommen werden können – wobei man zwischen fast allen Geländemodi auch während der Fahrt wechseln könnte. Es gibt die 4H Grundposition für einen normalen „Straßen“-Allradantrieb, 2H für Heckantrieb, 4HLC für Allrad mit gesperrtem Mitteldifferenzial und schließlich 4LLC für Allrad mit zusätzlicher Getriebeuntersetzung und Bergabfahrhilfe. Durch die Getriebeuntersetzung ist dieser Modus nicht während der Fahrt anwählbar. Wir stellen den zweiten Wählhebel auf die Geländeuntersetzung. Und los geht’s. Bergauf. Mit der bulligen Motorhaube glaubt man, ein Schiff zu dirigieren. Und so wankt der Mitsubishi Pajero sanft den Berg hinauf, kleinere Unebenheiten leitet er nicht direkt an die Insassen weiter, sondern wankt sanft von links nach rechts. Die Angst ist in diesem Auto fern, denn man bekommt das Gefühl: Selbst wenn ich mich jetzt überschlagen würde, dieser Koloss bleibt heil.
Der wahlweise kurze große Geländewagen
Dabei gibt es nicht nur das große Schiff, sondern auch den nur 4,38 Meter langen Dreitürer. Eine vergleichsweise seltsame, aber erfreulich abwechslungsreiche Kombination. Denn wo bekommt man sonst einen großen vollwertigen Geländewagen, der aber trotzdem nur so kurz ist? Platz auf der Rückbank wäre dennoch, nur hat man keine Hinter-Türen zum komfortablen Einstieg. Dafür bräuchte es dann den Fünftürer.
Durch die Kürze in der Würze fährt sich der Dreitürer-Pajero auch nicht wie ein riesiges SUV, sondern durchaus agil. Und das ist sowohl auf der Straße, als auch im Gelände wichtig. Hier zirkeln wir den Mitsubishi Pajero um enge Kehren, die auf der Kurven-Innenseite eine größere Steigung haben als auf der Außenseite – und irgendwann hebt das kurveninnere Rad ab – und dreht sich langsam kontrolliert im Schritt des anderen Hinterrades weiter. Dem Sperrdifferenzial sei Dank.
So ist das zweites wichtige Merkmal eines echten Geländewagens: das Sperrdifferenzial an der Hinterachse. Denn im richtig harten Gelände hebt öfters ein Rad auch schon mal vom Boden ab – und würde dann unkontrolliert durchdrehen oder bestenfalls elektronisch abgebremst/geregelt. Beim Sperrdifferenzial erhalten beide Räder dann dasselbe Drehmoment, was mehr Stabilität für den Aufstieg bedeutet und dem Rad mit Bodenhaftung genügend Kraft zur Verfügung stellt. Im Innern bleibt man stets entspannt, schielt das ein oder andere Mal auf die edlen Holzintarsien und beobachtet die Umgebung von seinem Leder-Hochstuhl.
Drittes Merkmal eines echten Geländewagen: Die Bodenfreiheit und die damit (natürlich auch von der Luftansaugung abhängige) Wattiefe. Und die macht natürlich am meisten Spaß, sie auszuprobieren. Der Mitsubishi Pajero verträgt 70 cm Wattiefe. Solch eine tiefe Durchfahrt muss man erstmal finden. Wir probieren es mit 30 cm und erzeugen eine schöne Bug-Welle. Es splasht zu den Seiten – zur Freude der Insassen und Zuschauer von außen.
Das Dakar-Rekordauto
Weltweites Publikum hatte der Mitsubishi Pajero stets bei der Dakar-Rallye erlangt. Seitdem es den Pajero gibt, also seit 1983, nahm er jedes Jahr an der Paris Dakar teil. Im ersten Jahr gab es einen 11. Platz für das offizielle Mitsubishi-Werksteam, 1985 konnte der erste Sieg erreicht werden. Bis heute stehen 12. Siege in der Hall of Fame, das ist unerreicht. Von 2001 bis 2007 war Mitsubishi sieben Jahre in Folge erfolgreich, dreimal sorgte Rallye-Star Stéphane Peterhansel mit für die Dominanz.
Weitere wunderschöne Wasserdurchfahrten gibt’s übrigens bei trendlupe.
Während die frühen Fahrzeuge eher ein seriennahes Auftreten hatten, fuhr Mitsubishi von 2003 bis 2008 mit Prototyp-artigen Fahrzeugen, die mit dem Serienfahrzeug doch nur noch sehr wenig gemein hatten. 2009 wurde der Pajero dann durch einen Racing Lancer ersetzt, der auf dem Mitsubishi Lancer Sportback basierte. Nach der Dakar 2009 entschloss sich Mitsubishi dann, die Dakar nicht mehr weiter offiziell zu bestücken – Finanzkrise, Absatzkrise, Defizite… da kann man dann schnell mehrere 10 Millionen Euro einsparen, wenn man die Dakar nicht beschickt.
Das bedeutete jedoch nicht, dass ab 2010 die Dakar ohne den Mitsubishi Pajero stattfand. Die Werksfahrzeuge wurde verkauft und weiterhin von „privaten“ Renn-Teams eingesetzt, zudem gab es auch immer Nicht-Werks-Pajeros, die mitfuhren.
Nun ist der Mitsubishi Pajero allgemein 30 Jahre alt und in der vierten Generation seit 2006 grob in dieser Version erhältlich. Es schreit freilich nach einem Modellupdate, wobei der Pajero zumindest wirtschaftlich sicher nicht der primäre Fokus von Mitsubishi sein kann. Die Kompakt-SUV verkaufen sich wie geschnitten Brot – und so eine alte Gelände-Raubkatze hat in Deutschland nur knapp 100 Neuzulassungen pro Monat. Also kommt man von Januar bis Juli 2013 auf gut 700 Neuzulassungen hierzulande. Gut, der Mitsubishi Pajero ist nach dem Mitsubishi Lancer Evolution der teuerste Mitsubishi, aber das ist nicht der einzige Grund. Die Nachfrage bei den kleinen SUV ist eben deutlich größer.
Das Auto mit den vielen Namen
A propos Raubkatze: Der Pajero ist allgemein das bekannteste Beispiel für Autonamen, die in anderen Sprachen eine durchaus andere Bedeutung haben. Während Pajero ursprünglich von dem Namen einer südamerikanischen Raubkatze abgeleitet ist, wird das Wort ausgerechnet im Spanischen in der Vulgärsprache als „Wichser“ benutzt, weshalb der Wagen in Spanien als Montero verkauft wird. Und in England als „Shogun“. Zwischenzeitlich gab es ihn zusätzlich auch noch als Dodge Raider. Also heißt Raider nicht Twix, sondern Pajero.
Laut Dekra ist der Mitsubishi recht zuverlässig, wobei Verschleiß-Werte derzeit nur für das nicht aktuelle Vorgängermodell vorliegen. Damals waren noch Bremsscheiben und Spurstangengelenke typische Verschleißpunkte.
Wenn wir heute durchs Gelände fahren und sehen, mit welcher Leichtigkeit ein Mitsubishi Pajero die größten Hindernisse bewältigt, dann fragt man sich doch, was ihm etwas auf der Straße anhaben könnte. Egal ob mit kurzem oder langem Radstand.
Die technischen Daten und Fakten zum Mitsubishi Pajero:
Preis Dreitürer mit kurzem Radstand: ab 31.990 Euro
Preis Fünftürer mit langem Radstand ab 35.990 Euro
Motor: 3.2 Liter Diesel mit 200 PS, wahlweise manuell oder mit Automatik
Normverbrauch / 100 km: 7.8 bis 8.1 l
Länge: 4385/4900 mm
Breite: 1845-1875 mm
Höhe: 1840–1890 mm
Radstand: 2545/2780 mm
Leergewicht: 2180–2385 kg
Zug-Gewicht: bis zu 3,5 Tonnen
Wenn es etwas mehr Ausstattung sein darf, etwa Rückfahrkamera, Teilledersitze mit Sitzheizung, Tempomat, USB-Schnittstelle und Xenon-Scheinwerfer, dann empfiehlt sich die Ausstattungs-Linie „Intense“ ab 40.540 Euro bzw. ab 45.040 Euro beim langen Radstand.
Fazit: Der Mitsubishi Pajero ist weiterhin der Klassiker eines großen Geländewagens, der eine Top-Geländefähigkeit verspricht und dabei günstig bleibt, also nicht die preislichen Summen des Luxus-SUV-Bereichs abruft. Die richtige Wahl für Leute, die kein hippes Stadt-SUV wollen, sondern noch auf den „real deal“ stehen. Im Vergleich auch zur markeninternen Konkurrenz gibt es aber mittlerweile modernere SUV, die ein hohes Maß an Offroad-Charakter bieten, und gleichzeitig preisgünstiger und schnittiger sind – wie etwa der Mitsubishi Outlander. Erste Wahl bleibt der Pajero jedoch in jedem Fall, wenn man ein ordentliches Zugtier benötigt, etwa für einen Pferdeanhänger.
Autogefühl: ***
Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Fotos Exterieur: Autogefühl, Holger Majchrzak
Fotos Interieur: Mitsubishi
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