Die Entwicklung des von seinen Gegnern respektvoll als „Godzilla“ bezeichneten Nissan GT-R steht nie still. Nun kommt der vor allem unter PlayStation-Spielern legendäre Japan-Star in der 600 PS starken Nismo-Version, dem Nissan GT-R Nismo. Vor der Weltpremiere in Tokio fuhr Werkspilot Michael Krumm noch eben schnell eine neue Rekordrunde auf der Nordschleife des Nürburgrings. Quasi als Ausweis für die gründliche Arbeit der Ingenieure und Designer. Von Thomas Imhof
Nissan und seine Motorsport- und Werkstuning-Abteilung Nismo steigern den Spannungsbogen: Nach dem Juke Nismo (200 PS) und dem 344 PS starken 370 Z Nismo kommt – ab Februar in Japan, später dann auch in Europa und den USA – das dritte Modell aus der sportlichen Nismo-Familie. Und das hat es nun wirklich in sich: 600 PS aus dem 3,8 Liter großen Bi-turbo-V6-Motor bedeuten einen Zusatz-Schluck aus der PS-Pulle von 50 PS. Parallel dazu nahm auch das maximale Drehmoment zu – von 632 auf nun 652 Nm.
Zum Leistungsschub tragen primär die sonst nur für die GT3-Rennversionen des GT-R benutzten Turbolader bei. Sie sind deutlich größer als die Turbinen des regulären GT-R und steigern den Aufladeeffekt nochmals deutlich.
Zwar blieb der Cw-Wert des GT-R Nismo mit 0,27 auf dem Niveau des zahmeren Bruders, doch dafür generiert seine Karosserie deutlich mehr Abtrieb. Insgesamt 100 Kilogramm bei Tempo 300, gleichmäßig auf Vorder- und Hinterachse verteilt, sollen es laut Nissan sein. Zugleich senken der breitere Bugstoßfänger, ein an der Unterseite komplett verschalter Motor und ein Kohlefaser-Heckspoiler den Schwerpunkt des mit den für Nismo-Versionen typischen roten Zierstreifen versehenen Boliden.
Auch beim Fahrwerk stand das Set-up der GT3-Rennversion Pate. Trotz des nochmals geschärften Handlings soll der schnellste GT-R aller Zeiten aber noch genügend Restkomfort bieten, um sich auch auf öffentlichen Straßen wohlzufühlen, betont Nissan.
Für Exkursionen auf der Rennstrecke verfügt der Nismo GT-R über solche Feinheiten wie speziell abgestimmte Bilstein DampTronic-Dämpfer und Dunlop-Breitwalzen der Größen 255/40 ZRF20 (vorn) und 285/35 ZRF20 (hinten). Eine Hommage an die in der japanischen Super GT-Serie siegreichen GT-R der GT500-Klasse sind schwarze Sechsspeichen-Felgen.
Um die Seitenneigung der Karosserie bei zügiger Kurvenfahrt zu minimieren, wählten die Nismo-Fahrwerksexperten für die Hinterachse einen 17,3 Millimeter dicken und hohl gebohrten Querstabilisator. Auch im Bereich der vorderen Doppelquerlenker-Achse und der Radnaben wurden gezielte Verstärkungen vorgenommen.
Ähnlich wie beim regulären Modell kann der Pilot auch im Nissan GT-R Nismo drei Fahrprogramme anwählen: Comfort, Normal und „R“ (für „Racing“).
Neben den vier Karosseriefarben Brilliant White Pearl, Meteor Flake Pearl Black, Ultimate Metallic Silver und Vibrant Red wird es den GT-R Nismo auch in einer unter Sportwagen-Freaks zunehmend populäreren Mattlack-Ausführung „Dark Matte Grey” geben. Sie soll die Muskelpakete des 600-PS-Hammers besonders deutlich zur Geltung bringen.
Auch im Cockpit hat Nismo sichergestellt, dass sich ihr Baby gut sichtbar von einem GT-R „von der Stange“ abhebt. Es geht los mit maßgerecht geschnittenen und verstellbaren Recaro-Schalensitzen samt rückwärtiger Verschalung aus Kohlefaser. Das mit flauschigem Alcantara® überzogene Dreispeichen-Volant trägt eine rote „Zwölf-Uhr”-Markierung und rote Kontrastnähte. Die Skala des Tachometers erhielt ein Finish in Kohlefaser-Optik; die Drehzahlmessernadel dagegen rotiert vor einem knallroten Hintergrund. Die Hutze über dem Kombiinstrument ist ebenfalls mit Alcantara® überzogen, weitere Kontrastnähte zieren Sitze, Mittelkonsole und Türverkleidungen.
Rekordfahrten am Nürburgring
Wie gut der neue GT-R Nismo geht, bewies Nissan bei Testfahrten mit einem noch getarnten Modell auf der Nürburgring-Nordschleife. Am 30. September, einem Montag, stanzte der langjährige Nissan-Werks- und Testfahrer Michael Krumm zwölf Minuten vor Schließung der Strecke eine Zeit von 7:08.679 Minuten in die Bahn. Damit war der gebürtige Reutlinger zehn Sekunden schneller als die bisherige GT-R-Bestzeit vom Oktober 2012.
Zumindest für in größeren Stückzahlen gebaute Seriensportwagen mit Straßenzulassung und dazu noch vier vollwertigen Sitzgelegenheiten bedeutet diese Zeit einen neuen Rundenrekord für die 20,8 Kilometer lange „Grüne Hölle“.
Den absoluten Rundenrekord für „Serienfahrzeuge mit weltweiter Straßenzulassung“ reklamiert zwar seit dem 11. September Porsche für sich. Doch spielt der von Werksfahrer Marc Lieb in 6:57 Minuten (Schnitt 179,5 km/h) um den Eifelkurs gescheuchte Porsche 918 Spyder in einer gänzlich anderen Liga. Der in Martini-Farben lackierte Hybrid-Sportler schöpft aus einem 4,6-Liter-V8 und zwei Elektromotoren 887 PS und soll zum Preis von 768.026 Euro (!) nur 718 Mal gebaut werden. Zum Vergleich dazu ist der Nissan GT-R Nismo fast schon ein Großserienprodukt und mit Preisen von vermutlich kaum mehr als 100.000 Euro ein echtes Schnäppchen!
Nissan hat also keinerlei Grund, die Leistung von Mensch und Maschine unter den Scheffel zu stellen: Unterbot doch Krumm die Zeit des bisherigen Rekordhalters, einem 700 PS starken Gumpert Apollo, um rund 3,5 Sekunden. Das exotische, infolge der Insolvenz von Gumpert inzwischen nicht mehr gebaute Modell, fällt ohnehin eher unter die Rubrik „Rennwagen mit Straßenzulassung“. Wie die meisten jener Exoten, die wie zum Beispiel der Ferrari 599 XX (2010 in 6.58,16 Minuten) am „Ring“ Zeiten von unter sieben Minuten erzielen.
Text: Autogefühl, Thomas Imhof
Fotos: Nissan
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