Dass Honda auch anders kann als mit dem gerade in Los Angeles gezeigten neuen Brennstoffzellenauto die Welt zu retten, zeigt der optisch ziemlich krawallige Prototyp des für 2015 erwarteten neuen Honda Civic Type-R. Mit bis zu 320 PS auf der Vorderachse sollen Golf GTI &Co. in Angst und Schrecken versetzt werden. Honda erwägt sogar, die freiwillige Selbstbeschränkung von 250 km/h (ohne Not) ignorieren – und würde damit sicher kein wegweisendes Zeichen setzen. Von Thomas Imhof
„Mindestens” 280 PS werden es schon sein, die der aufgeladene Direkteinspritzer aus seinen zwei Litern Volumen hole, versprach Manabu Nishimae, Präsident von Honda Motor Europe, bereits auf einer PK im Rahmen der Frankfurter IAA. Bei einem für nach Tokio eingeladene Journalisten abgehaltenen Fahrtermin auf dem Honda-Testgelände Tochigi ließ Civic-R-Projektleiter Suihiro Hasshi nun sogar mögliche Werte von 300 bis 320 PS anklingen, bei einem Drehmoment von 400 Nm. Dagegen würde ein Golf GTI (220-230 PS, 350 Nm) fast schon handzahm wirken.
Mit diesem Kraftpaket will Honda schon möglichst bald am Nürburgring die schnellste Zeit eines serienmäßigen Modells mit Frontantrieb brechen. Mit Honda-Werksfahrer Gabriele Tarquini am Voland hat man bereits eine Woche auf dem Eifel-Kurs zugebracht und sich dabei schon nah an die bislang noch gültige Rekordzeit von 8:07 Minuten herangetastet.
Zeit, die Bestmarke zu knacken, hat Honda noch genug – schließlich sind es noch rund zwei Jahre bis zum Serien-Roll-out. Doch der Auftrag von oben sei klar definiert, betonte Hasshi gegenüber den deutschen Journos: „Die 8-Minuten-Marke muss fallen!“
Golf GTI, Opel Astra OPC und Ford Focus ST droht also ernstzunehmende Konkurrenz, zumal die Japaner darüber nachdenken, die freiwillige Selbstbeschränkung von 250 km/h zu ignorieren. Ob der Civic Tpe-R aber nun bis 260 oder gar 280 km/h freiauslaufen darf, das ließ Hasshi-san noch offen.
Zuzutrauen ist dem Samurai-Kompakten jedenfalls einiges. Schon der große Heckspoiler und auch sonst üppiges Flügelwerk verfehlen ebenso wenig ihre Wirkung wie Karosserieteile aus Aluminium zur Gewichtsreduzierung. Ein neuer Turbolader soll jegliches Turboloch schon im Ansatz stopfen, eine Schaltanzeige im Cockpit lässt mit grünen und roten LEDs Rennsportfeeling aufkommen. Warum die Japaner einer Rekordzeit auf der Nürburgring-Nordschleife, dazu noch mit einem Profi-Rennfahrer am Steuer, jedoch eine so überragende Bedeutung einräumen, bleibt allerdings zweifelhaft. Und ob man sich mit einem einseitigen Bruch der bislang stillschweigend von allen Konkurrenten respektierten 250-km/h-Schallgrenze imagemäßig einen Gefallen tut, sollten die Honda-Oberen auch noch mal überlegen. Aber wie gesagt: Zeit haben sie ja noch genug.
Text: Autogefühl, Thomas Imhof
Fotos: Honda
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