In dritter Generation kommt der Lexus IS erstmals auch in einer Version mit Vollhybridantrieb. Bei einem Test mit der sportlich angehauchten „F Sport“-Version kam der Dr. Jekyll & Mister Hyde-Charakter des Lexus IS 300h besonders deutlich zum Vorschein. Thomas Imhof fand mit zunehmender Dauer immer mehr Gefallen an dem je nach Fahrmodus mal flüsternden und mal fauchenden 3er BMW-Konkurrent Lexus IS 300h F-Sport. Auch wenn seine Zweifel ob des doch arg zackigen Designs des Lexus blieben. Von Thomas Imhof
Schon die erste, in Europa erstmals 1999 eingeführte IS-Reihe setzte auf den von sportlichen Fahrertypen bevorzugten Heckantrieb, die Sechszylinder-Motoren waren noch klassisch in Reihe angeordnet und längs im Motorraum installiert. Aus dem Cockpit in Erinnerung geblieben ist bis heute ein Zentralinstrument, das einem hochwertigen Chronographen nachempfunden worden war. Die 2001 unter dem Namen SportCross nachgeschobene Schrägheck- und Pseudo-Kombi-Variante kam bei den Kunden jedoch wenig an und fand in der 2008 angelaufenen zweiten Generation auch keine Fortsetzung. Das im eleganten neuen „F-Finesse“-Design der Toyota-Edeltochter gekleidete Modell wurde nun von kompakter bauenden V6-Benzinern angetrieben; zusätzlich gab es zum ersten – und wie sich zeigen sollte vorerst auch letzten Mal – einen Vierzylinder-Diesel.
Dritte Lexus IS-Generation erstmals auch mit Hybridantrieb
Noch fehlte jedoch der in allen sonstigen Lexus-Modellen längst obligatorische Hybridantrieb – den Lexus seit dem Marktstart der dritten Lexus IS-Generation am 13. Juni dieses Jahres nun endlich auch in Deutschland anbietet.
Es gibt zwar noch eine Verbrenner-Variante namens Lexus IS 250 (2,5-Liter-V6 mit 208 PS und Sechsstufen-Automatik), doch gibt es kaum noch einen plausiblen Grund, sich für sie zu entscheiden. Schon zum Verkaufsstart hatte die Lexus-Zentrale in Köln einen Mix von 70:30 Prozent zugunsten des Zwei-Herzen-Modells prognostiziert. Mittlerweile entscheiden sich laut Lexus-Pressesprecherin Sandra Tibor aber sogar schon 84 Prozent für die deutlich umweltfreundlichere, unwesentlich langsamere und kaum teurere Variante mit 223 PS Systemleistung. Dabei legen sich ein 181 PS und ebenfalls 2,5 Liter großer Vierzylinder und ein 143 PS starker Drehstrom-Synchronmotor notfalls gemeinsam ins Zeug.
Ein Vergleich zeigt die wichtigsten Unterschiede zwischen
Lexus IS 250 und Lexus IS 300h
IS 250 IS 300h
CO2-Emissionen (g/km) 199-213 99-109
Verbrauch (l/100 km) 8,6-9,2 4,3-4,7
Höchstgeschwindigkeit (km/h) 225 200
0-100 km/h (s) 8,1 8,3
Preise ab (Euro) 34.200 36.700
Deftige Aufpreispolitik
Lexus bietet beide Lexus IS-Motorisierungen neben einer Basisversion in den drei Ausstattungsstufen Executive Line, F Sport und Luxury Line an. Beim von Autogefühl getesteten Modell handelte es sich um den optisch am auffälligsten dekorierten F-Sport. Er kostet regulär ab 45.900 Euro, stieg aber dank einer für Testwagen typischen Vollausstattung auf über 53.000 Euro an. So lässt sich Lexus zum Beispiel beheizte und belüftete Vordersitze samt einer elektrischen Lenkradverstellung und drei Memory-Funktionen für Fahrersitz und Außenspiegeleinstellung 3.350 Euro extra kosten. Das im Auto installierte Festplatten-Navi samt Digital-Radio, acht Lautsprechern und Rückfahrkamera schlug mit 2.600 Euro zu Buche, das adaptive Geschwindigkeitsregelsystem plus Spurwechsel- und Fernlicht-Assistent um zusätzliche 1.900 sowie ein Totwinkel samt Rückraum-Assistent um weitere 800 Euro. Und natürlich gibt es auch eine Metallic-Lackierung – weitere 850 Euro – nicht umsonst.
Exterieur: Understatement ist nicht seine Stärke
Der erste Anblick des neuen Lexus IS zeigt, was die Designer wollten: Auffallen um jeden Preis. Lang vorbei die Zeiten, in denen Lexus mit einem vielleicht etwas zu braven, aber immer eleganten und zeitlosen Design glänzte. Die Evolution von L-Finesse wirkt fast schon brachial, speziell an der Frontpartie mit ihren serienmäßen LED-Scheinwerfern und dem L-förmigen Tagfahrlicht scheint Göttervater Zeus seine Blitze en masse verteilt zu haben. Die so genannte „Diabolo“-Nase reckt sich weit nach vorn, wirkt wie eine zum nächsten Punch ausholende Boxerfaust und ist dabei einer aktuellen „Nase“ der Konkurrenz von Infiniti gar nicht mal unähnlich.
In der Seitenpartie beruhigt sich der Tanz der Sicken und Kanten ein wenig, nur um mit einer dramatisch von den Türschwellern bis in den Kofferraumdeckel hochziehenden Linie wieder neu aufzuflackern. Auch das Heck wirkt dann erneut so, als habe der kontroverse bewertete Ex-BMW-Chefdesigner Chris Bangle hier Hand angelegt. Positiv zu bemerken: die aktive Motorhaube, die den Fußgängerschutz erhöht und es den Designern zugleich erlaubte, die Bugpartie möglichst flach zu halten.
Die Proportionen und der Auftritt des Lexus IS 300h F-Sport sind bis auf das vielleicht etwas zu massig wirkende Heck tadellos: Der Wagen steht auf unterschiedlich großen Reifen der Dimension 225/40 R18 vorn und 255/35 R 18 hinten, die exklusiven 18-Zoll-Felgen lassen viel Durchblick zu Bremsscheiben und –sätteln und glänzen mit einem Anthrazit-farbigen, dunklen Finish.
Gegenüber dem ersten Lexus IS hat das aktuelle Modell um 18 Zentimeter auf nunmehr 4,66 Meter Länge zugelegt; vom direkten Vorgänger trennen ihn 8,8 Zentimeter in der Länge und zehn Millimeter in der Breite. Das wirkt sich positiv im Innenraum aus, der nun dank des um 70 Millimeter verlängerten Radstands auch hinten genügend Platz bietet. Auch dank der schlankeren Vordersitzlehnen ergeben sich 85 Millimeter mehr Kniefreiheit. Im Gegensatz zu früheren Hybrid-Limousinen von Lexus präsentiert sich der Kofferraum erstmals ohne störende Stufe durch eine dort untergebrachte Batterie. 450 Liter sind ein manierlicher Wert, zumal sich die Rückbank getrennt umklappen lässt und sich so zusätzlich eine relativ große Durchreiche auftut.
Interieur: Verschiebbares Zentralinstrument und zerklüftetes Armaturenbrett
Sind die altertümlichen Schwanenhals-Scharniere des Heckdeckels eher kostenbedingt, kommt die Fußfeststellbremse wohl eher amerikanischen Gewohnheiten entgegen. Womit wir im Interieur des Lexus IS 300h angekommen wären. Gleich zehn Airbags sorgen zunächst einmal für ein gutes Gefühl – sogar für den Beifahrer steht ein Knieairbag bereit. Aber auch für japanische Ingenieure typische Spielereien hat der Wagen zu bieten.
Dazu zählen die berührungsempfindlichen und elektrostatischen „Touch Line“-Bedientasten zum Einstellen der Temperatur (für Fahrer- und Beifahrer) ebenso wie ein vom Supersportwagen Lexus LFA abgeleitetes Zentralinstrument. Es lässt sich auf Knopfruck vom Lenkrad aus seitlich verschieben, und gibt dann ein zusätzliches Display mit vielen sonst nicht sichtbaren Zusatzinformationen frei. Das Instrument selbst kommt mit einer etwas zu kleinen Digital-Anzeige für die Geschwindigkeit und ist je nach gewähltem Betriebsmodus sehr wandlungsfähig. Im EV-Modus fungiert es als Econometer, nur um sich beim Umschalten auf „Sport“ in einen Drehzahlmesser zu verwandeln. Sogar mit einer Art Schleppzeiger, der als blaue Markierung kurzzeitig anzeigt, wie hoch man zuvor den Motor ausgedreht hat.
Vor dem Start des Motors noch ein Blick auf die nicht mehr wie im Vorgänger in einem Zug nach oben gezogene, sondern zweistöckig aufgebaute Mittelkonsole. Ihr fehlt es vor allem an Ablagen, wodurch man notgedrungen die beiden Cupholder zu Staufächern für den Autoschlüssel und andere Kleinigkeiten zweckentfremdet. Die Ablage vor dem weit entfernten 7 Zoll Navigationsbildschirm ist auch nur für Gegenstände vom Format eines Smartphones geeignet: Denn sie fällt als schiefe Ebene in Richtung Navi-Bildschirm ab, sodass schwerere oder größere Gegenstände das Display nicht nur verdecken, sondern sogar beschädigen können.
Die Menüsteuerung über das so genannte Remote Touch Bedienelement – einer Art Maus mit etwas klobiger Handauflage – mag vor drei, vier Jahren State-of-the art gewesen sein. Inzwischen gibt es aber weitaus ergonomischere Mensch/Maschine-Schnittstellen – wie zum Beispiel in der neuen Mercedes C-Klasse. Auch wenn mit etwas Eingewöhnung das Ansteuern der Menüs immer besser gelang, sollte sich Lexus hier doch bald etwas Neues einfallen lassen.
Über den „Power“-Button an der Instrumentenkonsole wird nun das Hybridkraftwerk des Lexus IS 300h F-Sport angeworfen. Und nun beginnt das, was man frei nach Goethes Faust mit dem geflügelten Satz „Zwei Seelen wohnen ach in meiner Brust“ beschreiben kann.
Rein elektrisch fahren ist ebenso möglich wie schienenartige Kurvenfahrten
Im EV-Modus ist es möglich, den Wagen nicht nur sehr leise, sondern auch sehr sparsam zu bewegen. Ist die Batterie ausreichend gefüllt und das System auf Betriebstemperatur, gelingt es ohne Probleme, in Tempo 30 Zonen auch mal ein, zwei Kilometer rein elektrisch zu fahren. Natürlich auch bei Bergabfahrten, wo das System fleißig Energie rekuperiert und in die Batterie zurückspeist. Alles schön zu verfolgen durch eine farbige Animation auf dem Navi-Monitor. Der für stufenlose CVT-Getriebe so typische Gummibandeffekt beim Hochbeschleunigen ist zwar spürbar, aber niemals störend. Ebenso wie das akustische Gebaren des direkteinspritzenden Benziners.
Wer jedoch dem Lexus IS 300h F-Sport einmal die Sporen geben will, schaltet über den zentralen Drehschalter auf der Mittelkonsole den Sport S- oder sogar Sport S+-Modus ein. Die Version F Sport ist schon per se dank eines feingetunten Sportfahrwerks agiler als die komfortorientierteren Luxury-lines. Im Sport S+-Programm jedoch sprechen nicht nur Lenkung und Motor bissiger an, sondern zusätzlich auch das ab Werk installierte adaptive Fahrwerk. Spätestens dann zeigt der Japaner seine andere, wildere Seite: Mit festem Griff am mit perforiertem Leder bezogenen Dreispeichenlenkrad, zwei Fingern an den aus solidem Metall gefertigten Schaltwippen und gut seitengeführt in den mit dicken Seitenwülsten gesegneten Sitzen geht es nun auf Kurvenjagd. Die Lenkung ist kaum schlechter als in jedem 3er BMW und bietet beste Rückmeldungen samt innigem Fahrbahnkontakt. Gekrönt wird der Fahrspaß durch einen Soundgenerator im Ansaugtrakt, der das Pulsieren des Luftstroms verstärkt und so den Motorsound kerniger abmischt. Die Fahrwerksabstimmung ist auf 90 Prozent aller Straßen noch voll akzeptabel; nur grobe Stöße schlagen ungehindert durch, auch eine Folge der Niederquerschnittsreifen mit ihrer nur noch minimalen Gummiauflage.
Lexus gibt eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 8,3 Sekunden an – nur 0,2 Sekunden langsamer als der Benziner-Bruder. Die Höchstgeschwindigkeit ist auf 200 km/h limitiert, weil man – so Pressesprecherin Sandra Tibor – das Hauptaugenmerk nicht mehr auf die maximal erreichbare Höchstgeschwindigkeit lege, sondern höchste Effizienz mit größtmöglichem Fahrspaß kombinieren wolle. Die maximale Geschwindigkeit wird darüber hinaus aber auch durch die Drehzahl des Elektromotors und das darauf angepasste Programm des stufenlosen CVT-Getriebe limitiert.
Der angegebene Durchschnittsverbrauch von 4,7 Litern/100 km ist natürlich auch beim Lexus IS300 h in der realen Praxis nie und nimmer zu erreichen. Unser Gesamtverbrauch lag bei 7,5 Liter/100 km, er kann bei Fahrten in der Stadt oder bei sehr schneller Autobahnfahrt auch mal über die 8,0-Liter-Grenze klettern – allerdings auch unter 6 Liter, wenn es gemächlich in einer Geschwindigkeit über die Autobahn geht. Fakt ist aber in jedem Fall, dass der IS 250 gut das Doppelte an CO2-Partikeln in die Atmosphäre entlässt. Und allein schon aus diesem, aber nicht allein aus diesem Grund kann bei der Wahl eines neuen IS die Wahl nur auf den Lexus IS 300h F-Sport fallen. Auch wenn das Design speziell der F-Sport-Version am Ende Geschmackssache ist.
Fazit: Ein Auto, das sich auf Wunsch in eine erstaunlich agile Fahrmaschine verwandeln lässt, in den „normalen“ Einstellungen seine Insassen jedoch sehr leise und nervenschonend ans Ziel bringt. Wer sich vom etwas raueren Charakter des Lexus IS Sport nicht angesprochen fühlt, hat die Wahl der optisch etwas seriöseren und dank nur 16 Zoll großer Räder und eines weicher abgestimmten Fahrwerks komfortableren Versionen Lexus IS 300h Executive und Luxury.
Autogefühl: ****
Text: Autogefühl, Thomas Imhof
Fotos: Lexus
Kommentare sind geschlossen.