30 Jahre nach der Einstellung des 205 GTI beleben die Franzosen mit dem neuen Peugeot 208 GTi einen Mythos neu. Die Gentransplantation funktioniert, doch mehr Spaß gemacht hat uns das rebellischere Original. Von Thomas Imhof
Es trennen sie 30 Jahren – doch ihre Gene könnten nicht ähnlicher sein. 205 GTI und 208 GTi – ja, beim Neuen schreibt Peugeot das „i“ klein ! – wollen vor allem eins: den Fahrer unterhalten und ihm ein wenig Rennsportflair in den grauen Autoalltag zaubern. Doch 30 Jahre sind eine lange Zeit, und das wird bei längerer Bekanntschaft mit dem ab 22.900 Euro angebotenen Peugeot 208 GTi deutlich.
Rückblende ins Jahr 1985. Bei der inzwischen leider längst nicht mehr existierenden Rennsport-Fachzeitschrift rallye racing ist ein silberner Peugeot 205 GTI neu im Dauertest. Der Autor dieser Zeilen verdiente sich gerade seine ersten Meriten als festangestellter Journalist. Und griff bei seinen langen Fahrten von Hamburg zu den weit südlich gelegenen Rennstrecken in Deutschland oder Belgien sowie bei Wochenendheimfahrten ins Ruhrgebiet nur zu gern auf das Löwen-Baby zurück. Auch wenn der von Peugeot für 19.295 Mark angebotene 205 GTI nur einen 1,6-Liter-Motor besaß, sorgten dessen 105 PS für eine Topspeed von 190 km/h und eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 8,7 Sekunden. Damit war der giftige Gallier Mitte der 1980er Jahre Hot Property. Der Kraftzwerg war dabei weder Komfortsänfte noch ein Leisetreter. Gewisse Nehmerqualitäten waren durchaus gefragt, doch für sein kerniges Feder/Dämpfer-Set-up entschädigte das Pendant zum Golf GTI mit jeder Menge Fahrspaß. Im sehr aufgeräumt wirkenden Cockpit wurde über ein Zweispeichen-Lenkrad gekurbelt – und dabei kam selten Langeweile auf.
Einige Jahre später – nun in der Redaktion der AUTO ZEITUNG in Köln. Peugeot hat längst das Flehen der Fans erhört, und auf dem Pariser Salon im Oktober 1986 den GTI 1.9 präsentiert. Für 24.400 Mark erhielten die GTI-Jünger nun einen 206 km/h schnellen Kompaktbolzen, der auf Michelin MXV-Pneus der Dimension 185/55 VR 15 rollt und die 100 km/h-Marke schon nach 7,8 Sekunden durcheilt.
Es gab den 1.9-GTI in Rot – was ihm eigentlich am besten stand – Weiß, und den Grautönen Graphit und Futura. Schwarz gab es nur gegen Aufpreis. Wie zu erwarten, steigerte dieser GTI das Fahrvergnügen nochmals im Quadrat. In Zeiten, in denen ein ESP ebenso wie ein ABS oder gar Airbags noch futuristisch klangen, war es zum Beispiel spielend möglich, über ein abruptes Gaswegnehmen den GTI am Kurvenscheitelpunkt zu einem eleganten Heckschwenk zu bewegen. Diese Lastwechselreaktion war gut beherrschbar, verlangte jedoch auf nasser Fahrbahn schon etwas Können beim Gegenlenken.
1988 löste eine 120-PS-Version mit Katalysator die „dreckige“ Variante ab. Die acht PS Minus bremsten das Temperament jedoch nur unwesentlich auf 202 km/h und 8,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Bis Juni 1994 blieb diese 25.000 Mark teure 205 GTI-Variante im Angebot – dann war die Herrlichkeit des insgesamt 332.942 Mal (davon rund 295.000 mit 1,9-Liter-Motor) gebauten GTI erst einmal vorbei. Insgesamt 29.242 wurden in Deutschland zugelassen, zu 86 Prozent auf Männer, von denen 70 Prozent jünger als 40 Jahre waren.
Doch abgesehen von der 200 PS starken Straßenversion des 205 Turbo 16 – die zur Homologation des Rallyemodells in der Gruppe B 200 Mal gebaut werden musste – hatte sich der Löwe erst einmal ausgebrüllt. Fortan pflegte nur Volkswagen mit dem Golf und später auch dem Polo den GTI-Mythos.
Bis nun im Mai dieses Jahres mit dem ebenfalls wieder 200 PS starken 208 GTi das Raubtier aus einem lange Schlaf erwachte. Ehe wir einen Vergleich mit dem Original ziehen, einmal ein interessanter Überblick über die Leistungsgewichte:
205 GTI 1.6 8,0 kg/PS
205 GTI 1.9 6,8 kg/PS
205 GTI 1.9 mit Kat 7,3 kg/PS
208 GTi 6,2 kg/PS
Von der Papierform her hat der Neue trotz eines Leergewichts von 1.250 Kilogramm, aber dank 200 PS aus 1,6 Liter Hubraum also die besseren Karten.
Doch kommen wir zuerst zur Optik: Zwar leidet der Peugeot 208 ein wenig an seinen doch sehr zahlreichen und zum Teil etwas verspielten Details. Doch alle Insignien, die GTI-Fans erwarten, sind beim neuen Top-Athleten präsent: Rot lackierte Bremssättel, verchromtes Doppelauspuffrohr in Trapezfom, Frontgrill in Schachbrettmuster und mit roter Zierleiste, GTi-Logos auf dem Kofferraum und als Chromspange in den C-Säulen sowie zweifarbige 17-Zoll-Leichtmetallfelgen mit Reifen 205/45 R 17 sorgen schon von außen für einen GTi-Bonus. Extrem attraktiv sind die vorderen
Blinker, deren gelbes LED-Band die Scheinwerfer komplett zangenförmig umfassen.
Innen gefielen uns besonders gut die schon beim Öffnen des Fahrzeugs aufleuchtenden LED-Umrandungen der beiden Hauptinstrumente – sieht besonders im Dunkeln extrem attraktiv aus. Auch sonst spielt die Farbe Rot – wie ja auch beim Volkswagen-Pendant – eine Schlüsselrolle. Rote Ziernähte finden sich allerorten, am Armaturenbrett, an den Fußmatten, den Sitzen, in den Türverkleidungen, am unten abgeflachten Lenkrad sowie auch am Handbremsgriff und Schaltknauf. Ein GTi-Logo ziert die Rückenlehne, Aluminium-Auflagen die Einstiegsleisten und Pedale.
Der 208 GTi basiert auf dem Allure-Paket des 208 und ist ab Werk mit Zweizonen-Klimaanlage, dem frei stehenden 7-Zoll-Touchscreen und Audio-Anlage ausgestattet. Elektrische Sitzheizung und eine hintere Einparkhilfe gehören ebenfalls zum Standard wie die guten Seitenhalt bietenden Sitze in Kunstleder/Stoff-Ausführung. Nur die Hebel zu deren Einstellung verlangen eine gewisse Eingewöhnung. Zu verbessern auch die Qualität der meisten Oberflächen – sie sind zu kratzempfindlich. Und zumindest ungewöhnlich der Hebel zum Entriegeln der Motorhaube – der nur bei geöffneter Tür erreichbar ist!
So weit, so gut: Doch wie verhält sich das Auto auf der Straße? Mit 6,8 Sekunden nimmt der New Age-GTi seinem 205 1.9-Kollegen im Normsprint eine glatte Sekunde ab. Und während beim Youngtimer auf nasser Fahrbahn selbst im dritten Gang gern mal die Räder durchdrehten, mangelt es dem Neuen – ESP und ASR sei’s gedankt – nie an ausreichender Traktion. Wobei auf Wunsch beide Regelsysteme auch abgeschaltet werden können. Auch in der Höchstgeschwindigkeit lässt sich der direkt einspritzende Peugeot 208 GTi nicht düpieren: 230 km/h (5.000 U/min im sechsten Gang) sorgen für genügend Respektabstand. Der Normverbrauch von 5,9 Litern/100 km erweist sich in der Praxis jedoch wie erwartet als Phantomwert – unser Testverbrauch lag mit 8,3 Litern/100 km deutlich darüber. In diesem Zusammenhang sei auch eine Kritik am veralteten Tankverschluss erlaubt, den man noch immer erst umständlich per Schlüssel entriegeln muss.
Dafür ließ sich das Sechsganggetriebe knackig über einen aus dem vollen Alu gefrästen Knüppel bestens schalten. Es gefiel dank kurzer Übersetzung durch geringe Drehzahlsprünge beim Hochschalten. Das nimmt man dankend zur Kenntnis, denn der THP-Turbobenziner gehört zu jenen Motoren, die bei voller Ausnutzung des Drehzahlbandes „oben herum“ nochmals spürbar zulegen – beim Peugeot 208 GTi heißt das über 5.000 U/min. Im Vergleich zu den zivilen 208 spendierte Peugeot dem Rudelführer eine steifere Aufhängung und eine vorne wie hinten breitere Spur. Dicke Bremsscheiben – 302 mm Durchmesser vorn, 249 mm hinten – verzögern effektiv. Mit diesem Paket avanciert der 208 GTi zum vielleicht fahragilsten Peugeot seit dem 306 S16, welcher in seiner zweiten Auflage (ab Juni 1996) 163 PS auf den Asphalt schickte.
Im Vergleich zum Urahn, dem 205 GTI, gibt er sich darüber hinaus komfortabler, wohnlicher und ungleich besser ausgestattet. Wenn man will, ist der Peugeot 208 GTi so – und in einer Analogie zum Golf GTI – massenkompatibler geworden. Was den Modellen dabei verloren geht, ist der früher deutlicher spürbare Hang zur Rebellion. Der 208 GTi lässt weder durch einen sonoren Auspuffton noch durch Reaktionen des Fahrwerks die Nackenhaare stehen. So wirkt er zwar alles andere als leblos, jedoch trotz fraglos straffer Abstimmung weniger unterhaltsam. Eine am Ende nicht nur emotionale, sondern durchaus rationale Kaufentscheidung, die auch von der Familie akzeptiert werden kann.
Doch wehe, man kommt auf Straßen, für die diese heißen „Hatches“ eigentlich gemacht sind. Dann erwächst dem Peugeot 208 GTi in Gestalt des 182 PS starken Ford Fiesta ST (240 km/h, 6,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h) ein Löwenbändiger. Bei diesem Modell hat Ford alles dem maximalen Fahrspaß untergeordnet – mit dem Ergebnis eines Autos, das regelrecht süchtig nach Kurven macht und dessen Heck zumindest noch den Ansatz eines gewissen Eigenlebens offenbart. Und das trotzdem nicht allzu arg die Bandscheiben malträtiert.
Bitte nicht falsch verstehen: Man kann mit dem Peugeot 208 GTi durchaus glücklich sein, doch bietet er nicht mehr diesen so herrlich unkaschierten Fahrspaß eines 205 GTI. Und für den Kauf des Fiesta spricht noch ein anderer Grund: der Basispreis von 19.990 Euro.
Autogefühl: ***
Text: Autogefühl, Thomas Imhof
Fotos: Peugeot
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