Der Porsche Cayenne ist weiterhin ein Erfolgsrenner bei Porsche. Von den Zulassungszahlen hat er 2013 in Deutschland weiterhin den Porsche 911 als Topseller übertrumpft. Und mit 5,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h macht der Porsche Cayenne S Diesel tatsächlich Sportwagen Konkurrenz. Wie kann ein SUV gleichzeitig ein Sportwagen sein? Von Thomas Majchrzak
Der Porsche Cayenne S Diesel ist eine Erscheinung, egal in welcher Farbe. Einige sagen imposant, böse Zungen würden sagen protzig. Aufgrund der Größe, des Verbrauchs und des Neidfaktors hat der Porsche Cayenne in einer bestimmten Klientel kein gutes Image, und dafür in anderen Käufergruppen ein besonders gutes. Was heißt: Ein Porsche Cayenne polarisiert. Doch mit der Evolution des Porsche Cayenne lassen sich die Gegensätze vielleicht etwas zueinander bringen.
Ich persönlich konnte mit der ersten Version des Porsche Cayenne (2002 – 2010) wenig anfangen. Das Äußere erschien mir etwas plump, gerade mit der sich nach unten verbreiternden Heckpartie. Der Innenraum wirkte nicht sonderlich modern, ein großes Lenkrad, weder ein knackiges, noch ein besonders entspanntes Fahrgefühl.
Der aktuelle Porsche Cayenne S Diesel hat meine Meinung zum Cayenne nun radikal geändert. Das Äußere ist in einer behutsamen Evolution dynamischer und dezenter geworden, gerade die problematische Heckpartie ist schnittiger und harmonischer. Und der Innenraum ist der Inbegriff sportlicher Perfektion, ohne dabei auf Komfort verzichten zu müssen.
Genau dieser Spagat wird sofort deutlich, sobald man in den Porsche Cayenne S Diesel einsteigt. Da die Sitzposition recht hoch ist, muss man sich in die Sportsitze etwas hineinhebeln, streicht dabei mit dem Oberschenkel über die Sitzwangen. Nicht optimal fürs Ein- und Aussteigen, und zuerst fühlt man sich für einen SUV eher etwas eingeengt. Nur dann wird schnell das Konzept klar. Das Sitzgefühl sagt: Sportwagen. Die Instrumente sagen: Sportwagen. Das Lenkrad sagt: Sportwagen. Und der Sound. Und die Beschleunigung. Und das Fahrwerk. Willkommen im sportlichsten SUV der Welt, das kann man behaupten, ohne als Porsche-Marketingleiter enttarnt zu werden.
Die Ledersitze gehören zu den festeren, weil sie ja Sportsitze sein sollen, doch mit ein bisschen Körperwärme werden die einerseits so sportlichen Sitze auch angenehme Langstrecken-Unterlagen. Es stellt sich kein Gefühl der großen Freiheit und des Platzes ein, sondern vielmehr ein Gefühl der wohligen Umschlungenheit, die einerseits Sicherheit bietet und andererseits im Kopf eine jederzeitige Bereitschaft zum Abbiegen auf die Rennstrecke.
Mit einem SUV auf die Rennstrecke? Hört sich lächerlich an, aber wenn man den Porsche Cayenne S Diesel fährt, schließt man das schon nach ein paar Minuten nicht mehr gänzlich aus. Zumal wir die Wahl haben, auf langen Autobahnstrecken das hervorragende adaptive Fahrwerk auf „Komfort“ zu stellen, den Mittelweg mit „Normal“ zu bestreiten oder bei härterer Gangart „Sport“ einzulegen. Im Komfort-Modus wippt der Porsche Cayenne S Diesel die Bodenwellen sanft aus und hält das Fahrzeug dabei trotzdem schnurrgerade. Im Sportmodus spüren wir die Bodenwellen, haben aber eine seitliche Stabilität in den Kurven, die für ein Fahrzeug mit dieser Bodenfreiheit äußerst erstaunlich ist. Zu aller Technikverliebheit können wir sogar dieses Bodenfreiheits-Niveau noch verstellen, niedriger fürs sportliche Fahren, ganz niedrig zum Einsteigen oder fürs Beladen, oder höher fürs Gelände und noch höher für langsame Großgeländefahrten.
Der Allradantrieb funktioniert – im Gegensatz zu allen VW-Konzernschwestern – nach dem Prinzip „hinten plus vorne“, um den porschetypischen Hinterradantrieb zu betonen.
Diesel können nicht emotional sein? Von wegen. Der Porsche Cayenne S Diesel hört sich nicht nur an wie ein V8, es ist sogar einer. Nur eben ein Diesel V8. Der kommt direkt mit zwei Heißluft-Föhnen, also Biturbo, und schafft dadurch aus schon beachtlichen 382 PS ganze 850 Nm Drehmoment. Das ist eine Hausnummer, bei der so einige kraftvolle Sportwagen das Weite suchen.
Aufgrund der – wie man nur sagen kann – krassen Leistungswerte ist es dann auch möglich, einen Koloss in 5,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h zu beschleunigen. Der Porsche Cayenne S Diesel wiegt mit seiner Stahl-Karosserie knapp 2,2 Tonnen und hat einen nicht gerade günstigen Luftwiderstandswert von 0,36 cw, wen wundert es. Dabei muss der Verbrauch trotzdem nicht in astronomische Höhen schnellen, selbst wenn man mit Fahrfreude unterwegs ist. Angegeben ist der Porsche Cayenne S Diesel mit 8,3 Kilometern auf 100 km, der Realverbrauch in unserem Test mit einer Mischung aus Stadtverkehr und Autobahn sowie ruhiger und zügiger Fahrweise lag bei 10,5 Litern. Für so ein großes Auto ist das wirklich in Ordnung, auch wenn es sparsamer natürlich immer gewünscht ist. Aber was will man bei einem 4,2 Liter Motor mit 382 PS erwarten? Wer etwas sparsamer unterwegs sein möchte, sowohl beim Verbrauch als auch beim Preis, der streicht sich dann das „S“ und nimmt den normalen Diesel, der ehrlich gesagt auch vollkommen ausreicht. Der Porsche Cayenne S Diesel bringt dann noch das kleine Quentchen mehr Performance und damit Exklusivität.
Knapp 600 Cayenne pro Monat verkauft Porsche in Deutschland, 90 Prozent davon als Diesel – obwohl es durchaus viele Benziner im Angebot gibt. Den Diesel zu wählen, bedeutet hierbei nicht, auf Sportlichkeit zu verzichten.
Hier ein kurzer Überblick:
Porsche Cayenne Einstiegsmotoren
Porsche Cayenne – 59.358 Euro (3,6 l Benziner mit 300 PS)
Porsche Cayenne Diesel – 62.928 Euro (3 l Diesel mit 245 PS)
Wir fahren den Porsche Cayenne S Diesel, den es ab 78.874 Euro gibt (4,2 l Diesel mit 382 PS).
Technische Daten Porsche Cayenne S Diesel
Hubraum: 4.134 cm³
Leistung: 382 PS
Verbrauch kombiniert: 8,3 l / 100 km (angegeben)
Testverbrauch: 10,5 l / 100 km
Höchstgeschwindigkeit: 252 km/h
Beschleunigung 0 – 100 km/h: 5,7 Sek.
Schaltung: 8-Gang Tiptronic mit Schaltwippen am Lenkrad
Abmessungen Porsche Cayenne S Diesel
Länge: 4.846 mm
Breite: 1.939 mm
Höhe: 1.699 mm
Radstand: 2.895 mm
Leergewicht: 2.195 kg
Gepäckraumvolumen:
670 l (bis Oberkante Rücksitze)
1.780 l (bei umgeklappten Rücksitzen)
Tankinhalt: 85 l (optional bestellbar mit 100 l)
Markeninterner Verkaufsvergleich: Vom in Leipzig gefertigten Cayenne konnte Porsche in Deutschland 2013 knapp über 7.000 Neufahrzeuge absetzen, vom 911 knapp unter 7.000. Dabei war der Unterschied 2012 noch deutlicher: (ca. 8.500 Cayenne gegenüber 6.000 Porsche 911). Der Porsche Cayenne war damit in Deutschland rückläufig, wenn auch auf einem noch immer sehr hohen Niveau. Und weltweit glänzt er weiter, Tendenz steigend: 2013 verzeichnete Porsche insgesamt 84.204 Cayenne-Auslieferungen, plus 12 Prozent gegenüber 2012. Der Porsche 911 liegt weltweit übrigens noch weiter zurück, wobei er mit weltweit 30.205 ausgelieferten Fahrzeugen 18 Prozent gegenüber 2012 zugelegt hat. Also: Der Porsche Cayenne bleibt weiterhin die Cash Cow und bekommt im April dann noch den kleinen Bruder Macan.
Der Porsche Cayenne S Diesel kann aufgrund seiner Kraft übrigens nicht nur als sportliches SUV eingesetzt werden, sondern auch als Zugpferd. Für echte Pferde oder Boote. Die maximal zulässige Zuglast liegt bei mächtigen 3,5 Tonnen.
Fazit: Der Porsche Cayenne S Diesel ist ein Traumauto, das aufgrund der größeren Effizienz und der Evolution im Design hoffähiger geworden ist. Wohl kein anderes Fahrzeug verbindet die Eigenschaften eines SUV und eines Sportwagens so, wie der Porsche Cayenne es tut. Und genau das ist der Grund, warum der Porsche Cayenne verkaufstechnisch sogar einer Legende wie dem Porsche 911 davonzieht.
Autogefühl: *****
Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Fotos: Porsche
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