Nach dreijähriger Unterbrechung richtet SEAT erstmals wieder einen Leon Eurocup aus. An sechs Wochenenden zwischen Mai und Oktober gehen die Kundensportler auf sechs europäischen Rennstrecken mit dem 330 PS starken und 70.000 Euro teuren Cup-Racer auf Punkte und Preisgeldjagd. „Feuer frei“ heißt es erstmals am ersten Mai-Wochenende auf dem Nürburgring. Von Thomas Imhof
Schon der serienmäßige Seat Leon ist optisch ein messerscharf gestylter Wagen – sei es als Viertürer, zweitüriges SC Coupé oder als Kombi ST. Die neue Kundensportversion für den neuen Seat Leon Eurocup zieht nun alle optischen Register. Der 330 PS starke Fronttriebler trägt alle Insignien eines waschechten Renntourenwagens – wie allerlei Spoiler, zusätzliche Lüftungsschächte zum Inhalieren sauerstoffreicher Luft und Abführen von Abwärme sowie einen radikal entschlackten Innenraum.
„Seat blickt auf eine 40-jährige Motorsporttradition zurück. Mit dem Leon Eurocup bieten wir unseren motivierten Kundenteams nun eine interessante Chance“, sagt Dr. Matthias Rabe, Seat Vorstandsmitglied für Forschung und Entwicklung. „Der Leon Cup Racer ist ein Rennfahrzeug mit außergewöhnlichem Leistungspotenzial, auch dank der ausgezeichneten Basis des Leon-Straßenmodells.“
2008 und 2009 gelang Seat Sport mit dem rundlicheren und von einem TDI-Diesel angetriebenen Vorgänger des heutigen Leon der Sieg in der Fahrer- und Markenwertung der Tourenwagen-Weltmeisterschaft (WTTC) – zunächst mit dem Franzosen Yvan Muller, gefolgt 2009 vom Italiener Gabriele Tarquini. Zugleich gehörten der drei Jahre lang (2008-2010) ausgetragene Leon Eurocup und die diversen nationalen Leon Supercopa-Serien bei den Fans zu den beliebtesten Markenpokalen. Die Supercopa Meisterschaften wurden von 2003 bis 2013 in insgesamt acht Ländern ausgetragen – in Deutschland erfreuten die spanischen Renner zwischen 2004 und 2011 das Publikum.
„Wir freuen uns sehr darüber, dass wir unseren Kunden mit dem Seat Leon Eurocup eine großartige Rennserie für die Saison 2014 anbieten können”, sagt Jaime Puig, Leiter von Seat Sport und verantwortlich für die Motorsportaktivitäten der Marke. „Der Leon Cup Racer ist ein ausgezeichnetes Fahrzeug, unser ganzes Know-how ist in das Auto eingeflossen.”
Der neue Seat Leon Cup-Racer ist in der Tat schon auf den ersten Blick eine imposante Erscheinung. Die gegenüber dem Serienmodell um 40 Zentimeter verbreiterte Spur und 10×18 Zoll große Felgen lassen ihn satt auf der Piste kleben. Die bullige Front des silbern mit einigen orangenen Akzenten lackierten Spaniers ist auf optimale Aerodynamik und maximale Befächelung von Motor und Bremsen ausgelegt. Die mächtigen Radhäuser mit rückwärtigen Öffnungen unterstützen die Wärmeabfuhr der vorderen innenbelüfteten Sechskolben-Bremsanlage. Für zusätzlichen Abtrieb zuständig sind die herausgezogenen Seitenschweller, der Frontspoiler, der glatte Unterboden, der Diffusor am Heck und ein zweistufig verstellbarer Dachheckspoiler.
Die Brücke zum Serien-Modell schlagen die markanten Voll-LED-Scheinwerfer mit origineller Tagfahrlicht-Signatur und die ebenfalls übernommenen LED-Heckleuchten. Auch die Kontur der Dachlinie und die Seitenpartie mit charakteristischer Z-Falte zeigen sich weitgehend unverändert.
Im Cockpit hat Seat jedes für den Renneinsatz überflüssige Gramm radikal eingespart, darunter auch die Rückbank. So gelang es, den 4.363 Millimeter langen und 1.950 Millimeter breiten Cup-Racer auf ein Gewicht von 1.150 Kilogramm zu drücken. Optimale Sicherheit für den Piloten bietet neben dem Käfig ein Schalensitz mit HANS-System für den Kopfschutz. Nur die Grundform blieb vom Seriencockpit erhalten, ansonsten wird alles über das Multifunktions-Lenkrad und ein dahinter angeordnetes TFT-Display geregelt.
Für mächtig Kraft auf der Kette sorgt der 243 kW (330 PS) starke 2,0-Liter-Turbo-Benziner (TSI). Die Übertragung der 400 Nm Drehmoment auf die Vorderachse übernehmen bei den Sprintrennen ein über das Lenkrad zu schaltendes 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe (DSG) und ein elektronisch gesteuertes Sperrdifferential. Bei den Varianten für Langstreckenrennen hingegen kommt ein sequentiell per Schalthebel zu betätigendes Renngetriebe samt mechanischem Differential zum Einsatz.
Der Preis für den Leon Cup Racer beträgt 70.000 Euro (ohne Mehrwertsteuer); die Langstreckenausführung schlägt aufgrund des teuren Renngetriebes mit 95.000 Euro zu Buche. Erste Auslieferungen aus der blitzblanken kleinen Firma von Seat Sport in Martorell starten im April – erst kurz vor dem Testtag (25. April) und zeitgleich an alle Teams, um niemandem gleich zu Beginn einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Die Einschreibegebühren betragen 12.000 Euro für die gesamte Saison sowie 2.500 Euro pro Rennen. Im Gegenzug winken Preis- und Startgelder in Höhe von zusammen 270.000 Euro. Pro Wochenende stehen zwei Läufe auf dem Programm; mit Distanzen von 50 bis 60 Kilometer absolute Sprintrennen. Was von der ersten Kurve an knackigen und hautengen Motorsport verspricht.
Auch für Seat selbst dürfte sich das Geschäft lohnen – seit 2002 hat die VW-Tochter immerhin schon über 450 heiße Leon auf die Rennstrecken geschickt. Jetzt kommen nochmals maximal 25 Fahrzeuge (für 2014) dazu. Laut Jaime Puig waren nach nur drei Wochen schon alle Teilnahmeplätze für die erste Saison der neuen Leon Cup-Ära vergeben. Wer diesmal leer ausging, braucht aber nicht zu verzagen: Denn das Starterfeld soll 2015 vergößert werden, und der Cup als solcher läuft mindestens bis 2016. Zusätzlich ist es sehr wahrscheinlich, dass auch wieder rein nationale Leon-Markenpokale dazukommen. Denn Geld für den Motorsport haben Seat und seine nationalen Verkaufsorganisationen aufgrund der Aufwärtsentwicklung der lange kriselnden Marke nun wieder übrig.
Den aktuellen Kalender Seat Leon Eurocup 2014 gibt es hier.
Text: Autogefuehl, Thomas Imhof
Fotos: Seat