Mit dem Audi S1 bringt Audi ein Hoch-PS-Modell in einer Klasse, in der eigentlich niemand diese Leistung braucht. 231 PS und 370 Nm Drehmoment für einen Kleinwagen, und in 5,8 Sekunden geht es von 0 auf 100 km/h. Wie genau sich das anfühlt und für wen der Audi S1 etwas sein könnte, wollten wir herausfinden. Von Thomas Majchrzak
Der Name S1 wurde weltberühmt in der Rallye-WM der 80er Jahre. Stig Blomqvist gewann 1984 die Rallye-Weltmeisterschaft mit dem Audi sport quattro, dessen Nachfolger 1985 dann der Rallye Audi S1 wurde. Hier haben wir eine Mitfahrt mit Stig Blomqvist gewagt, im Original 1984 Audi Sport quattro rallye.
Nun macht Audi mit dem neuen S1 den Aufschlag im Alltag auf der Straße, daher gibt es den Audi S1 (3-Türer) direkt auch als Audi S1 Sportback (5-Türer). Unter ganz eingefleischten Fans vergangener Rallye-Audis stößt es auf, den Namen in diesem Zusammenhang zu verwenden, weil natürlich ein Straßenfahrzeug dann doch nicht so viel mit der Rallye-Version gemein hat. Allerdings muss man auch sehen, dass so nun mal die Audi-Nomenklatur funktioniert. Und wer ihn gefahren hat, ist vom neuen Audi S1 schnell begeistert.
Denn der neue Audi S1 hat durchaus seine Renn-Qualitäten. Der Clou: Im Cockpit fühlt er sich an wie ein großer Audi. Das gilt für den Sitzkomfort, für die Qualitätsanmutung, für die Features – und in dieser Version eben auch für die Leistung. Der Unterschied ist also vielmehr, dass man kaum Platz im Fond hat, selbst im 5-Türer nicht, und dass der Kofferraum eingeschränkt ist. Ansonsten heißt es: Sport-Audi-Feeling pur. Genau das könnte den S1 sehr erfolgreich machen. Denn günstiger bekommt man keinen anderen Performance-Audi.
Außen fällt sofort die vierflutige Auspuffanlage auf – eingebettet in einen Heckdiffusor. Von Werk aus kommt der Audi S1 mit 17-Zoll-Felgen, optional gibt es 18 Zoll. Der Innenraum ist komplett schwarz dominiert, abgesehen von den Alu-Akzenten, etwa an den neuen modisch geformten runden Lüftungsdüsen. Für weitere Kontraste kann man noch ein Sonder-Paket dazunehmen, das Optikpaket quattro Interieur. Gelb, schwarz oder rot sind dann die hinteren Schalen der Vordersitze, die Einfassung der Mittelkonsole und die Innenringe der Lüftungsdüsen. Das fügt sich natürlich besonders gut ein, wenn die Wagenfarbe Misanorot ist und das Interieur-Pack dementsprechend Hochglanz-Rot dazu.
Die optionalen Supersportsitze integrieren die Kopfstütze in den Sitz, sind aber nicht minder unbequem. Es ist wirklich erstaunlich, dass man hier eine gute Mischung aus Seitenhalt und sportlichem Sitz und gutem Komfort gefunden hat. Wir haben nicht das Gefühl, in einer „kleinen Schüssel“ zu sitzen, wie man so schön sagt. Der Audi S1 ist für Fahrer und Beifahrer auch etwas, wenn man über 1,80 m groß ist.
Mit dem Optikpaket quattro Exterieur kann man übrigens auch noch für die Außenwelt einen draufsetzen – etwa den massiven Heckflügel, der den Audi S1 endgültig sagen lässt: Ich bin böse! Mit der Farbe Misanorot hat es Audi zudem geschafft, Rot wieder als absolute In-Farbe zu positionieren. Nach der Welle von Grau, Schwarz und Weiß wäre es schön, wenn wieder mehr knallige Farben Eingang auf die Straßen finden würden.
Die Sportback-Version bietet zwar fünf Türen, aber das ist eher dafür gut, wenn man bequem den Fond noch für Reisetaschen verwenden möchte. Funktionieren tut die Rückbank auf jeden Fall für Kinder. Erwachsene finden aber nicht wirklich Platz für Beine und Kopf. Der Audi S1 ist daher definitiv ein Auto für ein bis zwei Personen. Für Singles oder junge Pärchen, oder aber als Performance-orientierter Zweitwagen.
Das Fahrwerk arbeitet wie bei Audi gewöhnt tadellos, kleine Unebenheiten auf der Straße werden glattgebügelt, obwohl das Sportfahrwerk eine härtere Gangart erlaubt. Die 231 PS aus dem 2-Liter-Turbomotor sind für diese Klasse überragend und machen richtig viel Freude. Das manuelle Getriebe möchte mit einem sehr individuellen und kleinen Alu-Schalthebel verändert werden. Der fühlt sich beim ersten Griff kalt und ungewohnt an, macht dann aber aufgrund seiner geringen Größe und den extrem kurzen Schaltwegen viel Spaß. Bei unserem 0 auf 100 km/h Test haben wir einmal probiert, die Gänge weiter hoch zu ziehen und einmal früher zu schalten. Das Ergebnis hier im Video:
Gegenüber der offiziellen Angabe von 5,8 Sekunden erreichten wir 5,9 Sekunden mit der Methode, rechtzeitig hochzuschalten. Denn allein im ersten und zweiten Gang kratzt man beim zweiten Gang ans Limit und verliert einige Zehntel.
Damit es auch wieder schnell auf 0 km/h zurück geht, kommt der Audi S1 übrigens mit größer dimensionierten Scheibenbremsen.
Der Vierzylinder soll dabei gut 7 Liter Super auf 100 km verbrauchen, was wir in unserem Test nicht wirklich erörtern konnten. Realistischerweise muss man aber wahrscheinlich gut 2 Liter draufschlagen.
Natürlich ist im Audi S1 auch der Allradantrieb verbaut, um die Power auf die Straße zu bekommen. Alleinstellungsmerkmal in diesem Segment ist dabei der permanente Allradantrieb.
Und so sieht der quattro Antriebsstrange im Audi S1 aus:
Ferner hilft die elektronische Querdifferenzialsperre dabei, dass ein Rad nicht unkontrolliert durchdreht. Im Zusammenspiel von ESC und Allradantrieb können die Kurvenfahrten optimiert werden, in dem die kurvenäußeren Räder mehr Drehmoment erhalten als die kurveninneren. Das ESC ist zweistufig abschaltbar, wobei die wenigsten Käufer dies wohl im Alltag in Anspruch nehmen werden. Macht im Straßenverkehr auch wenig Sinn, das ESC abzuschalten.
Viel mehr „Sinn“ macht das dagegen auf Eis. Wir fahren in Schweden auf einem zugefrorenen See. Dort können wir erfühlen, wie sich die Unterschiede beim ESC verhalten. Sind alle elektronischen Hilfen aktiviert, werden wir in der Kurve sofort runtergebremst, das Fahrzeug wird einfach langsamer, anstatt quer zu gehen. Das Sport ESC erlaubt leichte Drifts, fängt das Fahrzeug in extremen Situationen jedoch ab. Hält man die ESC-Taste etwas länger, kann man es ganz abstellen, und dann beginnt die hohe Kunst.
Besser ist es dann, im zweiten Gang zu fahren, mit dem Gas sachte umzugehen und den Lenkeinschlag zu verringern. Schon 20 bis 30 km/h reichen auf dem Eis aus, um in den kontrollierten Drift zu gehen. Etwas ans Gas, Lenkrad leicht einschlagen, kurz vom Gas, damit das Heck leicht wird, und dann mit Lenkeinschlag und Gasstoß vorsichtig quer legen. Dann kann man mit dem Gas steuern, ob man weniger oder mehr quer gehen möchte.
Im Fall des Audi S1 zeigt uns dies die Kraft und die sportliche Abstimmung des Fahrzeugs. Es zeigt uns, dass genügend Kraft auf die Hinterachse kommt, um das Auto quer zu stellen. Somit ist auch auf der Straße eine dynamische Gangart garantiert. Eine „spaßbringende Fahrmaschine“, wie passiondriving findet. Und das Erstaunliche: Trotz sportlicher Manöver bleibt man immer ganz entspannt in den Sitzen. Und fragt sich: Warum brauche ich überhaupt ein größeres Auto?
Audi S1 und Audi S1 Sportback kommen im Mai 2014 zu den Händlern. Die Preise gehen los bei 29.950 Euro bzw. 30.800 Euro.
Unser Fazit: Der Audi S1 ist scheinbar ein unnötiges Auto. Aber im Vergleich zu großen Sportwagen verbindet er viel mehr die Alltagstauglichkeit mit einem Racing-Anspruch. Es macht richtig viel Laune, ein kurzes sportliches Auto zu fahren, das schon das typische Audi-Gefühl bietet.
Autogefühl: ****
Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Fotos: Audi
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