Nach drei Siegen zwischen 2009 und 2012 hatte sich Volkswagen von der gerade in Deutschland wenig beachteten und sogar extrem kontrovers beäugten „Dakar“ zurückgezogen. Um so überraschender nun die Ankündigung von Peugeot, sich ab 2015 werksseitig wieder an dem längst von der Sahara nach Südamerika verlegten Spektakel zu beteiligen. Auf der Auto China in Peking zeigt die Löwenmarke schon mal ihr Einsatzgerät: den Peugeot 2008 DKR. Er soll an die 1980er Jahre anknüpfen, in denen Peugeot die Wüsten-Rallye viermal infolge gewinnen konnte. Von Thomas Imhof
Statt zu den 24 Stunden von Le Mans zurückzukehren und vor heimischem Publikum den Kampf gegen die Hybrid-Sportwagen von Audi, Toyota und Newcomer Porsche aufzunehmen, nun also ein Comeback bei der 2009 aus Sicherheitsgründen erstmals nach Südamerika emigrierten Wüsten-Rallye. Man muss das als deutscher Chronist nicht unbedingt verstehen, speziell in einer Situation, in der der PSA-Konzern nur dank des neuen Partners Dongfeng weiter überleben kann und der neue PSA-Chef Carlos Tavares gerade verkündet hat, das Produktportfolio künftig um 50 Prozent zu straffen. Aber der Entschluss steht: Nach vier Siegen mit den Finnen Juha Kankkunen (1988) und Ari Vatanen (1987, 1989 und 1990) und einer Pause von 25 Jahren wird der Löwe wieder brüllen.
Die Dakar, so argumentieren sie bei Peugeot, habe in anderen Ländern deutlich mehr Fans als im Bedenkerträger-Land Deutschland. Spanien und Frankreich gehörten dazu, aber auch in Asien gäbe es jede Menge „Follower“. Und nicht zuletzt in Südamerika selbst, auf Märkten, in denen Peugeot künftig ohnehin bei den Serienwagen noch kräftig zulegen will. Kurz: Das ganze Spektakel sei auch PR-seitig interessant, obwohl man streng genommen nur gegen Amateure und Semi-Profis statt andere Werke antritt.
Der Peugeot 2008 DKR ist ein Löwe mit mächtig Appetit auf Erfolg – das nötige Kraftfutter besorgen neben Peugeot auch die Hauptsponsoren Total und Red Bull. Als Fahrer Nummer eins kommt die am vergangenen Sonnabend 52 Jahre alt gewordene spanische Rallye-Legende Carlos Sainz zum Einsatz. „El Matador“ hat reichlich Erfahrung auf dem rauhen Terrain, gewann die Dakar 2010 auf einem Race Touareg 2 und lief ein Jahr später nach einem Vorderachsschaden als Dritter ein. Die beiden letzten Jahre war er mit einem Buggy dabei. Im zweiten Cockpit nimmt etwas überraschend mit dem Franzosen Cyril Despres (40) ein fünfmaliger Dakar-Motorradsieger Platz.
Bei der Formgebung des lupenreinen Rennwagens gab sich ein vierköpfiges Peugeot-Designerteam alle Mühe, Designmerkmale des Serien-2008 zu zitieren. Volkswagen tat es bei den Touaregs für die Dakar nicht anders, wobei die Möglichkeiten aufgrund der extremen Technik der Fahrzeuge limitiert sind.
„Wir gaben dem Peugeot Styling Center ein sehr präzises Briefing“, sagt Jean-Christophe Pailler, Projektleiter Peugeot Sport.
„Dazu zählten die wichtigsten Abmessungen, der benötigte Raum in der Kabine, die Reifengrößen und die Federwege. Dazu kamen noch aerodynamische Daten auf Basis von Tests im Simulator.“
Aber auch die Frage ob Heck- oder Allradantrieb beeinflusste das Design des Peugeot 2008 DKR entscheidend.
Am Ende kam es zu einer überraschenden Entscheidung. Pailler: „Wir studierten sehr genau, welche Konzepte in der Welt der Cross-County-Rallyes bereits existieren. Nach Abwägung aller Vor- und Nachteile – darunter der Fortbewegung auf Sand – entschieden wir uns für Zweiradantrieb. Er erlaubt uns die Montage größerer Reifen und längere Federwege.“
In der Tat geht der Peugeot 2008 DKR mühelos als „Big Foot“ durch – seine Michelin-Räder messen nämlich stolze 37 Zoll oder fast 94 Zentimeter im Durchmesser!
Exterieur Designer Giovanni Rizzo erklärt den Designprozess. “Es gab zwei Möglichkeiten, wie wir uns dem Design einer solchen puren Rennmaschine nähern konnten: Entweder einen serienmäßigen 2008 nehmen und ihn um Spezialteile ergänzen oder Elemente des 2008 an ein von vornherein auf die speziellen Einsatzbedingungen zugeschnittenes Modell anpassen.“ Wenig überrasschend entschied sich das Team für die zweite Lösung, was unter anderem zum Wegfall der bei der Dakar eher störenden hinteren Türen führte.
Designelemenente des Serien-Crossovers auf die Heckpartie zu übertragen war laut Michaël Trouvé, Peugeot Design Manager, einfacher als ein „Familiy look“ an der Frontpartie. „Als Folge der Off Road-Eigenschaften muss der Böschungswinkel sehr hoch ausfallen. Das führt zu einem sehr kurzen vorderen Überhang, was zwangsläufig zu einer stark abweichenden Bugpartie führt. Doch konnten wir uns bei einigen Teilen, die uns nicht gefielen, mit den Technikern auf eine für alle befriedigende Lösung einigen. Am Ende ist eine Front herausgekommen, die durchaus deutliche Anklänge an die Straßenversion erkennen lässt.“
Die Designarbeiten liefen im Zeitraum zwischen September 2013 und Januar 2014 – und mündeten in einen Entwurf, der sich in seiner Radikalität deutlich von konventionellen Cross Country-Modellen absetzt. Carlos Sainz, schon sieben Mal mit 2WD- und 4WD-Autos bei der Dakar dabei, ist sich darüber im Klaren, wie sehr die beinharten Prüfungen in Südamerika und die damit verbundenen Anforderungen das Design beeinflusst haben. Umso mehr scheint er vom Peuget 2008 DKR begeistert: „Die Philosophie hinter dem Peugeot 2008 DKR markiert einen radikalen Bruch und wartet mit einer großen Zahl neuer Ideen auf“, freut sich der Rallye-Weltmeister der Jahre 1990 und 1992 (mit Toyota) und Sieger von 24 WM-Läufen. „Das Auto ist sehr kompakt und gleicht keinem anderen 2 WD-Modell. Ich habe die beiden letzten Dakars in Fahrzeugen mit Zweiradantrieb bestritten und bin davon überzeugt, dass dies ein siegfähiges Konzept ist. Aber es braucht ein absolut ausgewogenes Fahrzeug, das sich in allen während der Rallye durchfahrenen Landschaften wohlfühlt. Doch ich weiß, dass Peugeot Sport das nötige Know-how, die Technologien und das Budget hat, um ein Siegerauto auf die Räder zu stellen.“
Noch bleibt es ein Geheimnis, was unter der Haut des neuen Löwen für die Dakar steckt. Doch schon allein das in der Tat aufregende Design wird auf der Messe in Peking für genügend Aufsehen sorgen. Erste Testfahrten mit dem neuen Raubtier sollen im Juni beginnen, gefolgt von ersten Testeinsätzen als Vorbereitung auf den Ernstfall im Januar 2015. Auch wenn das Projekt auf mehrere Jahre angelegt ist, will Peugeot schon beim ersten Einsatz auf Sieg fahren. Maxime Picat, Peugeot-Markenchef: „Wir wissen, wie schwer die Dakar ist, aber wir wollen gleich im ersten Anlauf gewinnen.“
Text: Autogefühl, Thomas Imhof
Fotos: Peugeot
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