Infiniti Q50 Diesel Testbericht 2.2d Premium

Infiniti Q50 Diesel, Foto: Infiniti

Der Infiniti Q50 Diesel stellt eine exklusive Alternative in der Mittelklasse dar, in der vier Fünftel der Fahrzeuge auf gewerbliche Halter neu zugelassen werden. Dort dominieren der VW Passat und die Premium-Konkurrenten BMW 3er, Audi A4 / A5, Mercedes C-Klasse und als erster Underdog Lexus IS. Der Infiniti Q50 schickt sich an, die zweite exklusive Nische neben dem Lexus zu besetzen – und will zunächst mit mehr Serienausstattung überzeugen. Wie liegt er im Fahrerlebnis gegenüber dem Standard-Programm? Von Thomas Majchrzak

Infiniti Q50 Diesel, Foto: Infiniti
Infiniti Q50 Diesel, Foto: Infiniti

Nur 33 Neuzulassungen im ersten Quartal 2014 weist das Kraftfahrtbundesamt für den Infiniti Q50 (Basispreis 34.350 Euro) aus. Kein Wunder, hat doch Infiniti den Markt doch noch nicht mit seinen Händlern durchdrungen, an die Marktmacht der etablierten Player kommt man so schnell nicht heran. Aber Lexus ist in greifbarer Nähe: Der Lexus IS wurde zum Beispiel im Vergleichszeitraum 128 Mal neu zugelassen (Basispreis 34.200 Euro, also fast gleich teuer).

Ein 3er BMW verzeichnet parallel 14.352 Neuzulassungen, liegt vom Basispreis mit 29.050 Euro deutlich niedriger, bietet aber auch deutlich weniger Serienausstattung. Womit wir bei Punkt 1 wären.

Umfangreiche Serienausstattung

Der Infiniti Q50 mit 2.2 Liter Diesel bietet serienmäßig:

– Tempomat
– Stahlfelgen mit 17 Zoll
Keyless entry
– Bluetooth-Konnektivität
– USB-Anschluss
Rückfahrkamera
– Zwei-Zonen-Klimaregelung
– Sound-System mit 6 Lautsprechern
– Lederlenkrad

In der „Premium“-Ausstattung (plus 2.600 Euro) kommen noch hinzu:

– 17-Zoll-Alufelgen
– Ledersitze
– Sitzheizung

Ferner haben alle Modelle den neuartigen „Scratch Shield“-Lack, eine Kratzschutz-Schicht, die für einen langanhaltenden brillianten Lack sorgen soll.

Infiniti Q50 Lenkrad, Foto: Infiniti
Infiniti Q50 Lenkrad, Foto: Infiniti

Das schon viel diskutierte Infiniti Direct Adaptive Steering (DAS) oder deutsch Direkt-Adaptive Lenkung, ein steer-by-wire system, also Lenken mit rein elektrischer Kraftübertragung, ist optional. Inkludiert ist es nur im Q50 Sport (nächst höheres Ausstattungsniveau über Premium) und beim Q50 Hybrid. Ansonsten kostet es 1.000 Euro Aufpreis. Man müsste aber lügen, wenn man angesichts der heutigen modernen Servolenkungen tatsächlich unterscheiden könnte, welche Lenkung nun nur halb elektronisch und welche komplett elektronisch ist. Beim alltäglichen Fahren des Infiniti Q50 kann man es nur schwer merken. Konkret hatten wir zeitgleich einen Vergleich zum Kia Optima (ebenfalls Mittelklasse, aber preislich eine Stufe niedriger). Da die Lenkung des Q50 eher eine kräftigere Rückmeldung bietet, auch schon im Standard-Modus, fühlt sich z.B. die Lenkung des Kia Optima sogar artifizieller an als die rein elektrische des Infiniti Q50.

Abgesehen von der Lenkungsfrage ist man beim Infiniti Q50 mit der Serienausstattung sehr gut bedient, dürfen es dann noch Ledersitze sein und Automatik, so kommt man also beim Infiniti Q50 Premium mit Automatik auf 39.140 Euro. Ein konkurrenzfähiger Preis.

Auch als Hybrid erhältlich

Die auch erhältliche Hybrid-Variante beginnt übrigens erst jenseits der 50.000 Euro, kommt dann allerdings mit einem Performance-Motor: Ein 3,5 Liter V6, der zusammen mit dem Elektromotor 364 PS leistet.

Unser getesteter 2.2 Liter Diesel mit 170 PS dagegen ist die vernünftige Alternative, die laut Datenblatt 4,4 Liter auf 100 km verbraucht (4,8 mit Automatik) – im Testverbrauch gut 6,5 Liter. Und der Diesel hat auch einen guten Durchzug: Von 0 auf 100 km/h geht es in 8,5 Sekunden (8,7 mit Automatik). Die optionale 7-Gang-Automatik lässt übrigens keine Wünsche offen.

Zu bemängeln wäre nur die Lautstärke des Diesels, für moderne Verhältnisse dürfte der Diesel hier etwas weniger nageln. Allgemein ist der Motor jedoch sehr zu empfehlen – und für den normalen Alltagseinsatz sicher auch dem Hybrid vorzuziehen. Für Geschäftskunden dürfte der Motor auch genau ins Schwarze treffen.

Infiniti Q50 Diesel, Foto: Infiniti
Infiniti Q50 Diesel, Foto: Infiniti

Exterieur

Wer einen Infiniti fährt, möchte sich bewusst von der Masse abheben. Dies erfolgt bereits durch das Exterieur-Design: Hier dominieren rundliche Formen, die in verschiedene Richtungen weisen. Das Auto wirkt, als hätten die Designer einen Photoshop-Wischfinger angesetzt und die geraden Formen jeweils in die gewünschte Richtung gedrückt. Dadurch zeichnet sich Infiniti klar von dem derzeit vorherrschenden europäischen Eck- und Keildesign ab. Ob das gefällt oder nicht, ist Geschmacksfrage, richtig ist aber, dass Infiniti es anders macht als die deutsche Konkurrenz und damit einen Akzent setzt. Immer wieder fallen mutige Details ins Auge, etwa auch, dass man beim hinteren Seitenfenster nicht klassisch coupéartig abschließt, sondern auch dort noch einen kleinen Schwung in den Chrom-Rahmen bringt.

Interieur

Das Interieur-Design ist definitiv auf das Äußere abgestimmt. Denn auch hier dominieren die rundlichen Formen. Besonders deutlich wird dies an der Form der Armaturenbretts im Bereich des Beifahrers und an der Art und Weise, wie die Türgriffe von den inneren Seitenelementen der Türen eingefasst sind. Die Tür-Innenseiten sehen übrigens besonders hochwertig aus, sind sie doch erstens mit Leder bedeckt und bieten zweitens noch einen optischen Kontrast mit einem Mesh-Muster in carbon-artiger Optik. Für viel Autogefühl sorgen zudem die reichlich verarbeiteten Kontrastnähte an den Seiten der Mittelkonsole und am Lenkrad. Insgesamt ist das Cockpit äußerst stimmig und vermittelt ein tolles Premium-Gefühl. Liebevolles Detail: Die Infiniti-Logo-Bestickung mit Schriftzug auf den Vordersitzen.

Einen großen Anteil an der Aufgeräumtheit des Innenraums hat das System aus mehreren Bildschirmen, die das Knopf-Wirrwarr ersetzen. In das System muss man sich jedoch erst hineinfinden und lernen, welcher Bildschirm wofür da ist. Grob gesagt: Kleiner Bildschirm in den Instrumenten: Fahrdaten. Erster großer Bildschirm ganz oben in der Mittelkonsole: Navigation und bei Bedarf Audio und Telefon, bedienbar mit Touch oder einem Drehregler. Zweiter großer Bildschirm unten in der Mittelkonsole: Nur per Touch und hauptsächlich für Multimedia und Apps. Der untere Touchscreen ist dabei unter einer Glashaube, was dem gesamten Interieur mehr Eleganz verleiht. Praktisch ist dabei jedoch, wenn man ein Mikrofasertuch zur Hand hat, wie beim iPad lässt man gerne den ein oder anderen Fingerabdruck darauf.

Infiniti Q50 Cockpit, Foto: Infiniti
Infiniti Q50 Cockpit, Foto: Infiniti
Infiniti Q50 Doppel-Screens, Foto: Infiniti
Infiniti Q50 Doppel-Screens, Foto: Infiniti

Fahrgefühl

Das zunächst Auffälligste am Fahrgefühl ist die für eine Limousine der Mittelklasse gefühlte hohe Sitzposition. Dies liegt nicht direkt am Sitz, sondern eher am Verhältnis zu der Karosserie: Selbst wenn der Sitz ganz nach unten gestellt ist, sitzt man im Verhältnis zu den Scheiben eher weiter oben. Das sorgt dafür, dass sich das Auto tendenziell kleiner und übersichtlicher anfühlt, aber weniger sportlich. Das trägt zusammen mit den eher kurzen Beinauflagen dazu bei, dass der Infiniti Q50 gerade nicht allzu groß gewachsenen Menschen gut gefallen wird. Über 1,85 m sollte man bei einer Probefahrt herausfinden, ob man persönlich damit gut zurecht kommt.

Die elektronische Lenkung fühlt sich wie schon beschrieben gar nicht so künstlich an, wie sie eigentlich ist. Man kann sie im Lenkwiderstand verändern, wobei man sich fragen muss, was es tatsächlich bringen soll, die Lenkung mit mehr Widerstand zu versehen. Insgesamt ist die Lenkung unauffällig, und das soll sie auch sein. Das Lenkrad vermittelt einen hochwertigen Tast-Eindruck und lässt sich daher auch sehr gerne bedienen.

Gassannahme und Schaltzeitpunkt lassen sich ferner über einen Drive-Mode-Schalter in der Mittelkonsole verändern. Dort wählt man „Sport„, und der Q50 dreht deutlich höher. Dann merkt man auch, dass der Infiniti Q50 Heckantrieb hat und dadurch in der schnelleren Gangart sportlich um die Kurven kommt. Vom Fahrwerk her ist der Q50 grundsätzlich sehr ausgeglichen. Ein guter Standard, solide Arbeit.

Bis 100 km/h lässt sich mit dem Schiebedach gut offen fahren. Also kann man es auf jeder Landstraße ohne Bedenken geöffnet lassen. Das Schiebedach ist nicht sonderlich groß, aber dafür ist es eben fast ständig nutzbar.

Ein großer Genuss ist zudem das in unserem Testwagen verbaute Bose Soundsystem: Dabei muss man gar nicht laut Musik hören, mit einem hochwertigen Klangsystem ist es auch herrlich, leise Musik zu hören, und trotzdem die Klarheit der Töne zu genießen. Sehr empfehlenswert. Erhältlich ist das Bose System zusammen mit dem Multimedia-Paket für 3.200 Euro. Dafür gibt es dann 14 Lautsprecher (!) und auch das Navigationssystem.

Die Rückfahrkamera gibt es auch in Kombination mit der simulierten Draufsicht auf das Auto, also mit Surround-Kameras. Eine nette Option, viel wichtiger wäre jedoch, dass die grundsätzliche Rückfahrkamera einen besseren Winkel hätte. Sie zeigt stark nach unten und ist von der Optik her so stark aufgeblasen, dass man nur schwierig dadurch nach hinten schauen kann. Hier gibt es Nachbesserungsbedarf.

Platzangebot in Fond und Kofferraum

Die Rücksitze muss man mit einer Öse im Kofferraum einmal kurz lösen, dann kann man sie vom Fond aus umklappen.

Infiniti Q50 Abmessungen

Länge: 4,79 m
Breite: 1,82 m (ohne Außenspiegel)
Höhe: 1,44 m

Infiniti Q50 Diesel, Foto: Infiniti
Infiniti Q50 Diesel, Foto: Infiniti

Fazit: Infiniti hat es geschafft, eine qualitativ hochwertige Mittelklasse-Limousine zu produzieren, die im Vergleich zu den Wettbewerbern mit mehr Serienausstattung glänzt. Das Design ist eigenwillig und polarisiert, und genau das könnte für den Infiniti Q50 eine Chance bedeuten. Gegen die Platzhirsche kommt man hierzulande nicht wirklich an, so sollte man versuchen, die eigene Nische zu finden. Für Infiniti ist das Problem nicht, dass das Auto nicht gut genug wäre, sondern eher, dass man für mehr Käufer relevant werden muss. Für das erfrischende Erlebnis in der Mittelklasse ist der Q50 sicher einen Versuch Wert.

Autogefühl: ***

Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak

Einen weiteren Testbericht gibt’s beim Racingblog.

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