Audi A6 Facelift und Audi S6 im Test

Die Audi A6 Familie, bestehend aus A6, A6 Avant, A6 allroad quattro, S6, S6 Avant und RS6 Avant, erhält ein Facelift. Updates gibt es bei den Motoren, beim Infotainment (u.a. mit LTE Internet) und natürlich wie bei jedem Facelift bei den Scheinwerfern. War der Audi A6 früher eine behäbige und langweilige Limousine der oberen Mittelklasse, ist er nun ein äußerst attraktives Fahrzeug geworden – mit allem Komfort. Von Thomas Majchrzak

Einordung

Die obere Mittelklasse ist ein Segment, das in Deutschland – ganz im Gegensatz zu China – zahlenmäßig eine vergleichsweise geringe Rolle spielt. Sie wird zudem hierzulande tendenziell unwichtiger, weil Mittelklasse-Fahrzeuge wie der VW Passat oder die Mercedes C-Klasse weiter aufgerüstet haben und nun schon einen Komfort bieten, der früher nur in der oberen Mittelklasse zu haben war. Zudem sparen die Unternehmen, die fetten Jahre sind vorbei und als Dienstwagen reicht der schicke neue Mittelklasse-Wagen mehr als aus – wenn man sich nicht bewusst für das kleinere Modell entscheidet. Die obere Mittelklasse nimmt knapp über 4 Prozent des Gesamtmarkts in Deutschland ein (Mittelklasse im Vergleich dazu: 12 Prozent) und ist von den Zahlen her leicht rückläufig (minus 4 Prozent gegenüber 2013).





In der oberen Mittelklasse finden wir Audi A6, BMW 5er, Mercedes E-Klasse oder auch den Jaguar XF. Zahlenmäßig relevant sind in Deutschland nur die großen drei. Zur Jahreshälfte 2014 sah die Neuzulassungsstatistik wie folgt aus:
BMW 5er 21.277 Stück (-6 Prozent gegenüber Vorjahreszeitraum)
Audi A6 19.649 Stück (+3 Prozent gegenüber Vorjahreszeitraum inkl. Audi A7)
Mercedes E-Klasse 18.535 Stück (+30 Prozent gegenüber Vorjahreszeitraum)

Der Audi A7 wird beim Kraftfahrtbundesamt erst seit dem Jahr 2014 außerhalb des A6 geführt. Wir sehen aber, dass das Niveau weitgehend konstant ist.

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2005 und 2006 konnte der Audi A6 die Mercedes E-Klasse als Spitzenreiter in dieser Klasse ablösen, dann gewann Mercedes wieder die Oberhand, zuletzt BMW. Der Markt ist aber sichtlich eng und hart umkämpft, einen klaren Spitzenreiter gibt es also nicht mehr. Mit dem Facelift versucht Audi nun die Flucht nach vorn.

So hässlich sah der Audi A6 übrigens vor knapp über 10 Jahren aus, mit den runden Scheinwerfern hinten in der Audi A6 Baureihe C5, die von 1997 bis 2005 gebaut wurde:

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Mit der Baureihe C6 (2005 bis 2011) wurde er dann schon ansehnlicher:

Audi A6

Kein Vergleich ist dagegen das Design des neuen Facelift-Modells, ab sofort reiht sich der Audi A6 ein in die Liga der Schönlinge.

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Audi A6 Facelift Änderungen

Außen betreffen die Änderungen den Singleframe‑Grill, Scheinwerfer, Lufteinlässe, Stoßfänger, Seitenschweller, Heckleuchten und Endrohre. Optional gibt es die Scheinwerfer mit LED‑Technik oder mit Matrix LED‑Technik, die bestimmte Bereiche im Fernlicht ausspart, um andere Fahrzeuge nicht zu blenden – kombiniert mit dem dynamischen Blinklicht, das sich kaskadenartig aufbaut.

Von vorne sieht der Audi A6 nun schon in der Basisversion dynamischer und schnittiger aus als jemals zuvor. Dadurch wirkt er optisch etwas kleiner, als er wirklich ist. Noch stärker wirkt sich die leichte Veränderung der Leuchten im Heck aus. Hier ist der A6 endlich erwachsen geworden und zeigt hier ebenfalls eine attraktive kantige Designsprache. Audi bleibt seinem Motto treu und macht noch echtes europäisches Design, jeweils als Evolution, nicht als Revolution.

Der Audi A6 macht nach seinem Facelift nun den leichtesten Eindruck unter allen Konkurrenten, und das nicht nur vom Design. Die Karosserie des Audi A6 besteht aus einem Mix aus Stahl und Aluminium. Zusammen mit dem neuen kleinen Benziner 1.8 TFSI wiegt der Audi A6 damit nur noch 1.535 kg (ohne Fahrer). Basispreis: 38.400 Euro, als Avant 40.900 Euro.

Das sind die neuen Motoren im Audi A6 (Avant):

– drei TFSI (Turbobenziner) von 190 PS bis 333 PS
– Sparsamster Benziner: 1.8 TFSI ultra mit 190 PS und mit offiziellem Verbrauch von 5,7 l / 100 km
– Top-Benziner: 3.0 TFSI

– TDI (Turbodiesel) von 150 PS bis 326 PS
– Sparsamster Diesel: 2.0 TDI ultra mit 150 PS und mit offiziellem Verbrauch von 4,2 l / 100 km
– Top-Diesel: 3.0 TDI mit 218, 272, 320, 326 und 346 PS

Der Sinn dieser kleinteiligen Aufsplittung sei dahingestellt. Auch bei den Getrieben wird es unübersichtlich, die kleineren Diesel arbeiten mit Sechsgang‑Schaltgetriebe oder einer Siebengang S tronic, die Top-Diesel mit Achtstufen‑tiptronic.

Optional gibt es ab sofort auch Sportfahrwerke und sogar eine Luftfederung.

Wir fahren eine Audi A6 Limousine mit dem stärksten Benzinmotor: Ein 3 Liter V6 mit 333 PS. Der ist zwar überaus kraftvoll, verhält sich aber weitgehend leise. Understatement ist hier angesagt. Diese Kombination ist wohl die souveränste, denn man braucht hier keinen Showeffekt, sondern hat einfach die geballte Power abrufbar, aber bleibt immer dezent.

In Verbindung mit der 7-Gang S tronic entsteht ein völlig widerstandsfreies Beschleunigen, ein Tritt aufs Gaspedal zieht den Audi A6 wie an einer Schnur nach vorne. Dass man sich keine Gedanken über den Verbrauch machen sollte, ist dabei klar…

Für die Verbrauchsoptimierung sollte man ferner auf den neuen 2 Liter Diesel zurückgreifen, der in Deutschland schon bisher sehr beliebt war.

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Offroad-Version Audi A6 allroad quattro

Den Audi A6 allroad quattro (ab 56.650 Euro) gibt es nur als Avant, wobei die Karosserie höher gelegt ist und das Fahrzeug optisch auf Offroad-Look getrimmt ist. Angeboten werden hier vier V6 mit drei Liter Hubraum als Benziner oder Diesel, die Luftfederung kommt hier in Serie.

Dass man den Mehrkomfort der Luftfederung nicht großartig merkt, bedeutet nicht, dass diese schlecht wäre. Nur sind schon die normalen Fahrwerke so überzeugend, dass die Luftfederung kaum noch etwas toppen kann. Immer toll, eine Luftfederung zu haben, aber aufgrund des ohnehin hohen Federungskomforts wäre es nicht unbedingt nötig.

Ansonsten spürt man im Audi A6 allroad quattro, dass man geringfügig höher über der Fahrbahn sitzt. Das kann für längere Strecken sehr angenehm sein.

Außen fallen die senkrechten silbernen Streben am Kühlergrill des Audi A6 allroad quattro auf – ein echter Hingucker und wahrscheinlich der schönste Kühlergrill im Programm. Mit einem A6 allroad quattro ist man wunschlos glücklich – aber natürlich auch direkt viel Geld los.

Mehr zum Audi allroad quattro gibt es bei 1300ccm.

Sportmodelle S6, S6 Avant und RS6 Avant

In den Sportmodellen arbeitet ein 4.0 TFSI V8 mit Biturbo-Aufladung, der mit 450 PS den Audi S6 (ab 75.400 Euro) in 4,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h bringt, den Audi S6 Avant in 4,6 Sekunden. Besonders hübsch geworden ist übrigens die Motorabdeckung: Ein roter Kranz ziert die hochwertige Abdeckung und sieht im Prinzip sogar schöner aus als der Motor selbst, der darunter liegt. Für einen niedrigeren Verbrauch (offiziell 9,2 bzw. 9,4 l / 100 km) soll eine Zylinderabschaltung sorgen. Aber effektiv landen wir natürlich weit, weit über 10 Liter. Bei den S-Modellen sind Allradantrieb und Luftfederung serienmäßig, wobei die Autos jeweils 20 mm tiefer liegen. 19-Zoll-Alufelgen und schwarz lackierte Bremssättel unterstreichen den Sport-Look.

Bei unser Testfahrt mit der Audi S6 Limousine merken wir, dass es hier nicht primär darum geht, dass man mit dem V8 gegenüber dem stärksten V6 einfach noch mehr Power hat. Klar, der S6 beschleunigt noch einmal knapp eine Sekunde schneller. Aber die komplette Charakteristik unterscheidet sich. So spricht der V8 Biturbo sofort auf den kleinsten Gaspedaldruck an und verhält sich jederzeit brutal, so auch beim Herunterschalten. Für den Beifahrer kann das ganz schön unangenehm sein.

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Die Sportsitze mit integrierten Kopfstützen sind ein optisches Meisterstück. Auch hat der Kopf mehr Halt, weil man sich nicht weit nach hinten lehnen muss, bis dieser an die integrierte Kopflehne stößt. Doch insgesamt sind die Sportsitze für lange Strecken nicht zu empfehlen. Der Audi S6 bleibt Liebhabern einer ruppigeren Gangart empfohlen. Keine Seitenneigung, immer Power, immer Verbindung zur Straße.

Wer das Auto im Alltag für Langstrecken nutzt, der sollte eher den normalen A6 holen und dann bei Bedarf eine starke Motorisierung einpflanzen. Die Sitze sind in der Normalversion deutlich weicher und komfortabler. Und so auch das Fahrwerk. Trotzdem ist es auch möglich, mit den Nicht-S-Versionen sportlich zu fahren.

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Sport-Spitze: Audi RS6 Avant

Auf die Spitze treibt es der Audi RS6 Avant (ab 108.900 Euro), und zwar in 3,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Spätestens dann fliegt jeder ungesicherter Koffer auf der Kombi-Ladefläche umher. Auf Wunsch kann man ihn auf 305 km/h entsperren lassen, um das Ego zu stärken. Die brutale Leistung übernimmt hier ebenfalls der 4.0 TFSI, leistet aber 560 PS. Wie bei den Top-Dieseln arbeitet in diesem Fall eine Achtstufen S tronic. Ohne Allrad geht bei dieser Power natürlich nicht viel, wie die S-Modelle ist der RS6 Avant auch 20 mm tiefer gelegt und kommt mit Luftfederung. Bei den Alus geht es noch eine Nummer größer, 20 Zoll in Serie oder 21 Zoll auf Wunsch. Zusätzlich ist noch ein RS-Sportfahrwerk verfügbar.

Interieur und Infotainment

Im Interieur gibt es bei allen Audi A6 Facelift Modellen nun auf Wunsch belüftete Sitze und eine Massagefunktion, wie wir sie auch schon im Audi A7 Facelift kennengelernt haben. Die Lüftungsfunktion überzeugt, gerade auch im Vergleich zum Wettbewerb. Nicht die Kühlung, sondern tatsächlich die Lüftung steht im Vordergrund. Zudem ist es auch möglich, die Lüftung in Verbindung mit der Sitzheizung zu aktivieren – das kann praktisch sein, wenn man im Winter mit nasser Kleidung nach einem Regenguss ins Auto steigt.

Das Interieur überzeugt auf ganzer Linie mit einem aufgeräumten und edlen Eindruck. Wir favorisieren den hohen trim level im normalen Audi A6, da sich dort herrliche Holzleisten in Mittelkonsole und Armaturenbrett integrieren lassen. Audi bietet für den A6 eine Vielzahl an matten und nicht lackierten Holzarten an, die sich natürlich anfühlen und die Maserung offen legen.

Das Audi S6 Interieur finden wir dagegen nicht allzu gelungen. Sportlich sind hier zwar Carbon-Einleger verbaut, doch ansonsten wirkt es schwarz und trist. Doch das bleibt natürlich Geschmackssache.

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Bei den Multimedia-Systemen dominiert nun ein 8-Zoll-Monitor mit einem Nvidia-Grafikchip. Über den LTE‑Standard können nun auch Streamings besser übers Internet empfangen werden.

Außerdem sind nun alle Assistenzsysteme verfügbar: adaptive cruise control mit Stop&Go-Funktion, Spurwechsel-Assistent, Spurthalteassistent, Nachtsichtassistent, Notbremsfunktion und Head-up-Display.

Im Fond haben Erwachsene erstaunlich viel Beinfreiheit – selbst wenn große Fahrer vorne am Werk sind. Bzgl. Kopffreiheit bleibt bei 1,90 m noch eine Hand breit über dem Kopf Platz. Also für die meisten auch kein Problem. Die Rückbank ist nicht allzu sehr nach hinten geneigt. Der A6 eignet sich somit schon fast als Chauffeur-Auto.

Praktikabilität im Avant

Wer Wert auf die Optik legt, wird zumeist bei der Limousine landen. Doch deutlich praktischer ist natürlich der Kombi, der dank einer leicht abfallenden Dachlinie auch optisch klasse daher kommt. Das reduziert zwar ein wenig ein mögliches quadratisches Ladevolumen, doch selbst mit dieser Verknappung hat man genügend Platz. Der Audi A6 Avant erhält für seinen 565 bis 1.680 Liter großen Gepäckraum eine neue automatische Heckklappe mit Sensorsteuerung und ein elektrisches Abdeckrollo. Dieses fährt automatisch auf, wenn die Heckklappe geöffnet wird und schließt sich wieder mit Schließung der Heckklappe.

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Fazit: Das Audi A6 Facelift hat dem Modell sehr gut getan und macht ihn nun zu einem der schicksten Fahrzeuge in dieser Klasse. Durch das kleine und schmale Lenkrad in Verbindung mit dem geringen Gewicht wird der A6 auch zu einer der agilsten Anwärter. Die Sportlichkeit ist nicht mehr nur von BMW gepachtet. Unter den verschiedensten Varianten, die schon ein wenig sehr kleinteilig wirken, wird sicher jeder seinen Traum-A6 finden. Wir erwarten, dass sich der ein oder andere Mercedes- und BMW-Kunde einmal den aufgefrischten A6 ansehen wird – und dann dabei bleibt. Audi bietet ein sehr ausgereiftes Gesamtpaket. Die schärfste Konkurrenz kommt eher von der Fahrzeugklasse darunter, denn wer den Platz im Fond nicht benötigt, der kann sich gut und gerne auch kleiner setzen.

Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Fotos: Audi

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