Chevrolet Bolt: Das wichtigste Auto der Detroit Motor Show 2015

 

Mit dem noch als Studie gezeigten Chevrolet Bolt sagt General Motors Tesla und BMW den Kampf an. Das im Onebox-Design gestylte Modell soll eine Reichweite von 320 Kilometer haben und unter Einrechnung staatlicher Unterstützungsgelder in den USA nur 30.000 Dollar kosten. Für Autogefühl das vielleicht wichtigste Auto der Detroit Motor Show 2015. Von Thomas Imhof

„Bolt“ – das steht im Englischen für Bolzen, Pfeil oder Blitz. Aber auch – wenn man es nur phonetisch sieht -, für „mutig“ (englisch: bold). In der Tat ist es mutig, was General Motors im Gegensatz zum eher auf konservative Werte setzenden Erzrivalen Ford auf der diesjährigen Detroit Motor Show zeigt. Denn das noch als Studie deklarierte Modell soll neben Tesla auch dem BMW i3 Konkurrenz machen.

Chevrolet Unveils Bolt EV and Next -Generation Volt

Die Stärken des Chevrolet Bolt sind die nahezu perfekte Monovolumen-Architektur, ein luftiges Interieur ohne einen einzigen Knopf und vor allem eine Reichweite, die mit 320 Kilometern weit in Tesla Regionen vordringt. Dank der in den USA sehr umfangreichen Incentives für Zero Emission-Modelle lässt auch der Preis aufhorchen: um die 30.000 Dollar.

GM-CEO Mary Barra ließ bei der PK zur Detroiter Messe keinen Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Projekts: „Glauben Sie mir, der Chevrolet Bolt ist kein Experiment, das ist ein Elektroauto für die Wirklichkeit. GM ist davon überzeugt, dass Elektrifizierung ein starker Pfeiler künftiger Transportsysteme ist und einem breiteren Kundenkreis zugänglich gemacht werden muss.“

2017 könnte der Chevrolet Bolt auf den Markt kommen – und in Detroit anwesende Opel-Vertreter sollen hinter vorgehaltener Hand schon den Wunsch geäußert haben, vom Bolt möge es doch gleich auch eine Version für den Nachfolger des ausgelaufenen Ampera geben.

Noch hält sich GM auf Fragen zum Antriebsstrang sehr bedeckt. Doch soviel wird schon verraten: Der Chevrolet Bolt soll schnellladetauglich sein und es seinen Benutzern ermöglichen, per Tastendruck verschiedene Fahrprogramme anzuwählen. Verändern lassen sich damit die Gaspedalkennung, die Bodenfreiheit und die Dämpferabstimmung.

GM-Designchef Ed Welburn betont das Design mit extrem knappen Überhängen und langem Radstand, was viel Platz im Innenraum in Aussicht stellt. „Form und Funktion haben selten so gut harmoniert“, findet er. „Der Bolt glänzt mit eigenständigen Proportionen und ist ganz eindeutig ein Chevrolet.“ Die hohe Gürtellinie zieht keck zur D-Säule hoch, um dann in einem integrierten Dachspoiler einzulaufen. Auch das um die Ecken herumgezogene Heckfenster fördert den Helligkeitsfaktor im Interieur. Mit schlitzaugenförmigen LED Scheinwerfern leuchtet der Chevrolet Bolt in die Nacht; auch die waagerechten Heckleuchten tragen hinter juwelenartigen Linsen LED-Einsätze.
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Zu den Maßen gab sich GM ebenfalls noch verschlossen, doch dürfte der Chevrolet Bolt zwischen dem kleinen Spark EV (3,50 Meter) und dem 4,58 Meter langen Chevy Volt liegen, den GM in Detroit in nun zweiter Generation ebenfalls vorstellte.

Um das Gewicht niedrig zu halten, setzen die Amis verstärkt auf Leichtbau – neben Aluminium und Magnesium erstmals auch auf Kohlefaser-Verbundmaterial. Aber auch eine ausgefeilte Aerodynamik, darunter Lüftungsschlitze in den hinteren Kotflügeln, soll die Reichweite weiter strecken.

Große Glasflächen – sogar das Dach ist transparent – lassen viel Licht in den Innenraum und sorgen für ein luftiges Raumgefühl. Der Innenraum wird von fließenden Linien bestimmt und kommt ganz ohne konventionelle Knöpfe und Tasten aus. Ein integriertes smartphone übernimmt via spezieller App zahlreiche Funktionen und dient auf Wunsch auch als Fernbedienung für die Zentralverriegelung. Ein zehn Zoll großer zentraler Touchscreen wird zur Kommandozentrale, während ein kleineres Display oberhalb des Lenkrads alle für den Fahrer relevanten Infos ins Blickfeld rückt.

2015 Chevrolet Bolt EV Interior

Im Interieur punktet der Bolt ansonsten mit fürstlicher Kopf- und Beinfreiheit sowie einem durchgehenden, flachen Boden. Welburn beschreibt den Chevrolet Bolt als „Rückzugsort, mit Materialien und Technologien, die das luftige Ambiente unterstreichen und zur Gesamteffizienz des Autos beitragen.“

Ja, und vor allem soll die Bedienung viel einfacher und intuitiver erfolgen, speziell in hektischen Alltagssituationen. Die Bolt EV app eröffnet neben der bereits erwähnten Nutzung des Smartphones als „Key fob“ eine Funktion, mit deren Hilfe das Auto nach dem Aussteigen der Passagiere selbstständig einparkt und nach Erledigung der Einkäufe auch wieder von alleine zur Ausgangsposition zurückkehrt.

Sollte der Chevrolet Bolt tatsächlich 2017 die Bühne betreten, sind die Gegner klar definiert: Neben dem BMW i3 ist es vor allem das Tesla Model 3, ein ebenfalls für 2017 angekündigtes kompaktes EV-Modell zum Preis von um die 35.000 Dollar.

Ohnehin erzählen sie sich in Detroit, dass der Bolt vor allem deswegen auf den Weg gebracht wurde, weil sich General Motors vom nicht enden wollenden Hype um Tesla und seinen Gott Elon Musk zunehmend genervt fühlte. GM selbst hat aber zugleich auch eine wenig ruhmreiche Elektrowagenvergangenheit. Anfang des neuen Jahrtausends ließ man den vielversprechenden EV1 trotz des heftigen Protests seiner stolzen Besitzer  – darunter die Hollywood-Stars Tom Hanks und Mel Gibson – aus dem Verkehr ziehen und sogar verschrotten. Weil es eine Lobby aus Autoindustrie, Ölmagnaten und Politikern so wollte. Das Buch und der Film mit dem Titel „Who killed the electric car?“ deckte alle Hintergründe zum Ende des futuristisch gestylten EV1 schonungslos auf. Nun hat General Motors, das 2014 mit weltweit 9.924.880 Fahrzeugen (plus zwei Prozent) zum zweiten Mal in Folge ein neues Rekordergebnis einfuhr, die Chance, es besser zu machen.

Text: Thomas Imhof, Autogefühl

Fotos: Chevrolet

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