Neuer Chevrolet Volt nicht als Opel Ampera

Neben dem Chevrolet Bolt EV Concept enthüllte GM in Detroit auch die zweite Generation des Volt. Die nun deutlich dynamischer gestylte Limousine präsentiert sich optisch wie technisch stark verändert: So stieg der elektrische Aktionsradius auf 80 Kilometer, zugleich speckte der Chevy um rund 100 Kilogramm ab und auf Kundenwunsch gibt es nun auch einen dritten, wenngleich sehr knapp geschnittenen dritten Platz auf der Rückbank. Die Magnete der E-Motoren kommen mit deutlich weniger Seltenen Erden aus und der als Reichweitenverlängerer dienende 1,5-Liter-Vierzylinder trägt jetzt gleichberechtigt zum Antrieb bei, statt nur einen Generator zur Stromerzeugung anzutreiben. Alles gute News – doch leider kommt der Amerikaner trotz eines Opel-ähnlichen Cockpits nicht wieder als Opel Ampera nach Deutschland. Rüsselsheim hat andere Elektrowagenpläne. Von Thomas Imhof.

Der erste Volt sollte ein Zeichen des Aufbruchs setzen. Als General Motors-Gegenstück zum Nissan Leaf, mit dem gravierenden Unterschied, statt eines reinen Elektroantriebs ein Konzept mit Reichweitenverlängerer auf den Markt zu bringen. Von Anfang an vermied GM (und später auch Opel) daher den Gattungsbegriff Hybrid. Denn der eingebaute Verbrennungsmotor mit der 54-kW-Generator-Einheit trat automatisch immer nur dann in Aktion, sobald der Ladezustand der Batterie unter 26 Prozent (4,1 kWh) gesunken war. Um hatte dann nur die Aufgabe, einen Generator zur Beibehaltung des elektrischen Fahrstroms anzutreiben. Was bedeutete, dass in diesem „Elektroauto“ trotz aller Beteuerungen der Ingenieure eben doch fossiler Treibstoff verbrannt wurde…

"Designelemente der Corvette und des Impala" - der neue Volt kommt deutlich dynamischer als sein kantigerer Vorgänger - Foto: Chevrolet
„Designelemente der Corvette und des Impala“ – der neue Volt kommt deutlich dynamischer als sein kantigerer Vorgänger. Zugleich wird er so interessanter für größere Käuferschichten – Foto: Chevrolet

Der Hybride, der keiner sein wollte, kam im August 2010 in den USA für umgerechnet 32.000 Euro auf den Markt. Seit November 2011 gab es ihn auch in Deutschland, ab einem Preis von 41.950 Euro. Die Einführung des Schwestermodells Opel Ampera verzögerte sich, nachdem GM als Folge eines Fahrzeugbrandes das Sicherheitskonzept der Traktionsbatterie nochmals überarbeiten musste. So startete der Opel Ampera, begleitet von einem großen Werbefeuerwerk, erst am 14. Januar 2012. Von Anfang an erwies sich der hohe Preis (ab 43.900 Euro, seit August 2012 ab 45.900 Euro) als hinderlich. Im Herbst 2013 wollte Opel mit einer drastischen Preissenkung auf  38.300 Euro das Steuer noch mal herumreissen, doch war der Ampera nicht mehr zu retten. Nach europaweit nur 332 Neufahrzeugen in den ersten Monaten des Jahres 2014 stellte Opel das 2012 sogar zu „Europas Auto des Jahres“ gekürte Modell sang- und klanglos ein. Karl-Thomas Neumann, der neue Opel-Vorstandsvorsitzende, kündigte ein kleineres Modell als Nachfolger an.

Bis November 2014 waren insgesamt 87.000 Volt und Opel Ampera auf die Straßen gerollt; allein auf die USA entfielen seit 2010 fast 72.000 Einheiten. In Europa wurden bis September 2014 nur rund 9.500 Opel/Vauxhall Ampera neu zugelassen, mit den Niederlanden als weltweit zweitgrößtem Absatzmarkt (fast 5.000 Amperas und knapp 1.000 Volts)!

Der nun in den USA neu vorgestellte Chevrolet Volt wird  zumindest auf regulärem Weg nicht den Weg nach Europa finden – was aufgrund seiner Optik und der darunter steckenden Technik schon zu bedauern ist.

Der Volt Mk2 ist 4,58 Meter lang (plus acht Zentimeter), 1,80 Meter breit und 1,43 Meter hoch. Der Radstand misst 2,69 Meter. Optisch setzt er sich mit einem flüssigeren, eleganteren und mehr dem Mainstream huldigenden Exterieur Design von seinem im Vergleich deutlich massiger und schwerfälliger wirkenden Vorgänger ab. GM brüstet sich sogar damit, dass der neue Chevrolet Volt Designelemente der Corvette (!) und des Chevrolet Impala zitiere! Vor allem werde dies an den nun deutlich stärker skulpturierten Seitenpartien deutlich. Aber auch die Motorhaube ist nun tiefer heruntergezogen und V-förmig zugespitzt; wo sonst die Kühlermaske sitzt, findet sich jetzt eine silberne Abdeckplatte. Auch aerodynamisch soll der neue Volt Fortschritte gemacht haben – unter anderem in Form aktiver Lüfterlamellen.

Das Cockpit wirkt wie aus einem Opel Insignia entnommen - Foto: Chevrolet
Das Cockpit kann Opel-Gene nicht verleugnen und wird von einem großen 8-Zoll-Zentraldisplay dominiert – Foto: Chevrolet

Auch im stark an Opel-Vorbilder erinnernden Innenraum bietet sich ein völlig neues Bild. Verschwunden ist der kastenartige Instrumententräger und die Bedientasten, deren kapazitive Touchsensoren bereits auf Annäherung eines Fingers reagierten – wenngleich speziell bei Kälte oft nur mit spürbarer Verzögerung. Im neuen Cockpit verzichtet Chevrolet nun auf solche High tech-Spielchen und setzt eher auf konventionelle und intuitive Bedienelemente, weniger Knöpfe und ein acht Zoll großes Zentral-Display.

Doch kommen wir zur Technik: Auch der neue Chevrolet Volt hat neben seiner elektrischen Power-Unit wieder einen Verbrennungsmotor als „Reservekanister“, sprich Reichweitenverlängerer. Der „Range Extender“ ist ein neuer 1,5-Liter-„Ecotec“-Benziner mit rund 100 PS. GM gab dem Vierzylinder den Vorzug gegenüber einem aufgeladenen 1,0-Liter-Dreizylinder, um das Auto auch im reinen „Verbrenner“-Betrieb ohne Leistungsabfall weiterbetreiben zu können. Ein gewisses Manko des optional mit Range Extender lieferbaren BMW i3, dessen knatternder Zweizylinder-Rollermotor samt neun Liter Tank eher als Notaggregat empfunden wird.

Im Vergleich zum ersten VOLTEC-Antriebsstrang gibt es jedoch einen gravierenden Unterschied: Wurde beim ersten Volt (und Opel Ampera) wie skizziert der Otto-Motor nur dazu genutzt, beim Erreichen der unteren Ladegrenze der 16 Kilowattstunden (kWh) fassenden Lithium-Ionen-Batterie über einen Generator wieder genügend Strom zu erzeugen, trägt der Verbrenner im neuen Modell ebenfalls „aktiv“ zum Antrieb bei. Sprich: Der Chevrolet Volt darf sich nun offen zu seiner Rolle als Hybridmodell bekennen. Ein reines Elektrofahrzeug ist er jedenfalls keineswegs.

GGGGG
Unter der Motorhaube hockt neben der elektrischen Power-Unit ein Vierzylinder-Benziner mit 1,5 Liter Hubraum – Foto: Chevrolet

Dennoch betonen seine technischen Väter die primäre Rolle als Zero Emission-Modell. Der rein elektrische Radius wurde von gut 60 auf 80 Kilometer angehoben. Zum Vergleich: Der Prius Plug-in-Hybrid bringt es gerade mal auf 25 Kilometer, der VW Golf GTE auf 50. Im neuen Volt können mit einer „Tankfüllung“ nun rund 650 km Kilometer zurückgelegt werden. GM geht aufgrund von Erfahrungen der Kunden des Vorgängers jedoch davon aus, dass Volt-Fahrer dank regelmäßigem Aufladen Strecken von über 1.600 Kilometer zurücklegen, ehe sie einmal wieder eine Benzinzapfsäule anfahren. Denn den Range Extender werden sie nur sehr selten wirklich aktivieren. „Volt Besitzer legen 80 Prozent aller Strecken zurück, ohne einen Tropfen Benzin zu verbrauchen“, weiß Volt Chefingenieur Andrew Farah. „Denn sie lieben es, rein elektrisch zu fahren. Der neue Volt kann dies nun noch länger – und bereitet zugleich auch mehr Fahrspaß.“

Das belegen in der Tat die besseren Beschleunigungswerte. Allein mit der Kraft der beiden Elektromotoren – sie leisten 149 PS und entwickeln ein maximales Drehmoment von 398 Newtonmeter – beschleunigt der neue Chevrolet Volt in 2,6 Sekunden von 0 auf 30 Meilen (0-50 km/h) und in 8,4 Sekunden von 0 auf 60 Meilen (96 km/h) – eine Verbesserung um 19 beziehungsweise sieben Prozent. Bei knapp 160 km/h ist Schluss, was freilich für US-Highways voll ausreicht.

GM betont, für die Elektromotoren – einer der beiden fungiert auch als Generator – deutlich weniger seltene Erden verwendet zu haben; einer der Motoren komme sogar ganz ohne die sündhaft teuren Bodenschätze aus. Insgesamt sank der Anteil seltener Erden von 3,2 auf 1,2 Kilogramm; die Menge schwerer seltener Erden (überwiegend Dysprosium) nahm sogar von 282 auf nur noch 40 Gramm ab.

Das Batteriepaket von LG Chem aus Korea ist erneut T-förmig und kommt mit nur n
Das Batteriepaket von LG Chem aus Korea ist erneut T-förmig und wiegt 9,8 Kilogramm weniger als im ersten Volt. Foto: Chevrolet

Der Volt 2015 nutzt ein von 17,1 auf 18.4 kWh Kapazität angehobenes und in Zusammenarbeit mit LG Chem (Korea) entwickeltes Batteriepaket. Im Vergleich zum Ur-Modell wurde es noch tiefer und damit näher am Schwerpunkt des Autos installiert. Es hat erneut eine T-Form und ist flüssigkeitsgekühlt. Trotz angehobener Leistung ist es 9,8 Kilogramm leichter, da die Zahl der Zellen als Folge neuer chemischer Prozesse von 288 auf 192 reduziert werden konnte. Insgesamt wiegt der in punkto Lärmemissionen und Vibrationen verfeinerte Antriebsstrang 45 Kilogramm weniger als im Vorgänger, sagt Chevrolet. Das ganze Auto habe sogar um 100 Kilogramm abgespeckt.

Kunden können zwischen fünf (statt vier im alten Volt) verschiedenen Fahrprogrammen wählen. Neben dem reinen EV-Programm stehen vier Kombinationen für eine gemeinsame Arbeit der beiden Kraftquellen bereit. Die Motoren arbeiten in „mehr“ Fahrszenarien zusammen; sowohl beim elektrischen als auch beim reichweitenverlängerten Fahren, heißt es. Ähnlich wie schon jetzt im 2015 auch nach Deutschland kommenden elektrischen Cadillac ELR lässt sich der Rekuperationsgrad über eine am Lenkrad montierte Schaltwippe verändern.

Der Antrieb sei um zwölf Prozent effizienter als zuvor, sagt GM. Im Range Extender-Modus beziffert Chevrolet den Verbrauch auf 41 mpg (5,7 l/100 km), deutlich besser als im Vorgänger (37 mpg = 6,3 l/100 km), aber höher als beim Toyota Prius Hybrid (50 mpg = 4,7 l/100 km)

Als weitere Pluspunkte des neuen Chevrolet Volt nennt General Motors eine steifere Karosserie, einen optimierten Abrollkomfort, eine Sitzheizung auch für die Fondpassagiere, einen beleuchteten Ladeport und ein praktischer zu handhabendes Ladekabel samt eigenem Ablagefach in der linken Seitenwand des Kofferraums. Einen häufig genannten Kritikpunkt habe man zusätzlich aus dem Weg geschafft: Hatte der alte Volt nur vier Sitzplätze, wird der Nachfolger als Fünfsitzer ausgewiesen. Allerdings ist der mit einem eigenen Dreipunktgurt bestückte Mittel-Platz auf der Rückbank eher als Notsitz anzusehen. Muss doch der dort kauernde Passagier seine Beine spreizen, um nicht mit dem Batterietunnel in Berührung zu kommen. Chevrolet spricht denn auch von einer „occasional fifth seating position“.

Deutlich mehr Spannung und Skulptur in den Flanken - Foto: Chevrolet
Deutlich mehr Spannung und Skulptur in den Flanken und ein stark nach hinten abfallendes Dach – Foto: Chevrolet

Auch das Laden soll leichter werden. Unter anderem durch eine GPS-basierte „Home“-Funktion, mit der Besitzer die Ladezeiten am Haus oder an der hauseigenen Garage vorprogrammieren können. Zum Beispiel, um billigeren Nachstrom nutzen zu können. Allerdings gibt es keinen Schnellladeanschluss – daher dauert eine Ladung an der regulären US-Haushaltssteckdose (120 V) rund 13 Stunden, an einem 240 Volt-Anschluss vergehen immerhin auch noch 4,5 Stunden. Von der Möglichkeit einer Überwachung des Aufladevorgangs per Smartphone oder einer Vorprogrammierung der Heizung vor Fahrantritt ist in den Presseunterlagen auch nicht die Rede – Komfortfeatures, die Konkurrenten wie der Nissan Leaf oder der Kia Soul EV teilweise schon heute bieten.

Als Verkaufsstart für den Chevrolet Volt Mk2 nennt GM die zweite Jahreshälfte 2015, als 2016er Modell aber leider nur in den USA, da es einen neuen Ampera bekanntlich nicht geben wird. Dennoch will Opel den Strom nicht ganz abdrehen – angedacht ist ein kompakteres Modell im Format der Studie Chevrolet Bolt oder sogar des kleinen Spark EV. Dennoch könnten Technikkomponenten des neuen Volt auch den Weg in einen künftigen Opel-Stromer finden.

Insgesamt verspricht sich General Motors trotz der aktuell auf einem Rekordtief angelangten Benzinpreise vom neuen Volt vor allem höhere Stückzahlen. „Für General Motors war der erste Volt fünf Jahre lang in punkto Design, Performance und Technologie ein Vorzeigeprodukt“, sagt Tim Mahoney, globaler Marketingchef für Chevrolet. „Wir verzeichneten hohe Eroberungsraten und erhielten neue Kunden, deren Einkommen so hoch ist wie das von Corvette-Käufern. Und die Kundenzufriedenheit ist extrem hoch.“

Fast schon Coupé-artiger Heckabschluss - Foto: Chevrolet
Fast schon Coupé-artiger Heckabschluss und ein im unteren Bereich schwarz abgesetzter Stoßfänger – Foto: Chevrolet

Leider jedoch sei der Markt für den ersten Volt begrenzt gewesen, bekennt Mahoney. Am Ende verkaufte GM in der Heimat nicht mehr als 72.000 Einheiten, mit dem Smog-geplagten Kalifornien als Epicenter sowie der übrigen Westküste und dem Nordosten als weitere Schwerpunkte. In Staaten wie Oklahoma, auf dem platten Land, war mit dem Volt hingegen kein großer Staat zu machen.

Der erste Volt war zudem ein klares Zuschussgeschäft  – ein Problem, das auch Toyota bei der ersten Generation des Prius noch schlucken musste. Der scheidende GM CEO Dan Akerson bezifferte vor seiner Demission daher auch gleich mehrmals das Ziel für den Volt 2016: „Wir müssen 10.000 Dollar Kosten aus dem Auto nehmen.“

Akerson räumte ein, dass GM mit jedem gebauten Volt Geld verliere und es jetzt darum ginge, in der zweiten Generation zumindest den Break Even zu erreichen. Toyota nahm sich das Gleiche vor, rutschte dem Vernehmen nach aber erst mit der dritten Prius-Generation wirklich in die schwarzen Zahlen.

Wieviel von der Kostenersparnis GM an den Kunden weitergeben wird, steht noch offen. US-Quellen spekulieren, dass GM den Preis bei 35.000 Dollar belasse oder ihn vielleicht doch noch etwas senke. In jedem Fall dürfte es spannend sei zu sehen, wie sich der neue Volt gegen die anderen Platzhirsche Tesla, Nissan Leaf, BMW i3 und die diversen Plug-in-Hybride schlagen wird.

Text: Thomas Imhof, Autogefühl

Fotos: Chevrolet

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