Die zweite Generation des Ford S-MAX wurde optisch aufgewertet und zählt nun zu den Schönlingen im Van-Segment. Auch technologisch hat Ford einige interessante Neuheiten verbaut, die wir im Fahrbericht unter die Lupe nehmen. Der neue Ford S-MAX mutiert zum Technologie-Träger für Ford. Von Thomas Majchrzak
Seit 2006 gibt es den Ford S-MAX in erster Generation, er schloss die kleine Lücke zwischen Ford C-MAX und dem größten Van Ford Galaxy (der ist noch 6 cm länger als der bisherige S-MAX). 2010 gab es zuletzt ein Facelift mit kleinen Updates außen sowie einer Geräuschdämmung innen. Seitdem ist auch das Doppelkupplungsgetriebe PowerShift erhältlich.
In Deutschland spielt der Ford S-MAX bisher keine Führungsrolle in der Ford-Modellpalette, aber er ist immerhin stärker als der Ford Galaxy. Segmentweit kommt der S-MAX in Deutschland nach den Spitzenreitern VW Touran, Opel Zafira, VW Sharan und Seat Alhambra, wobei der Touran ganz deutlich dominiert.
Der Basispreis des neuen Ford S-MAX in der zweiten Generation liegt bei 30.150 Euro (Ausstattung Trend und 1,5 l Turbobenziner mit 160 PS).
Exterieur
Auf den ersten Blick fällt der neue Kühlergrill auf, der nun in der aktuellen Ford-Designlinie liegt. Außerdem sind optional LED-Frontscheinwerfer hinzugekommen. Die A-Säule wurde noch weiter nach hinten versetzt, damit die Motorhaube länger wirkt. Dadurch erhält der neue Ford S-MAX einen stärkeren Pkw-Look. Von außen funktioniert der Trick, der neue Ford S-MAX sieht für einen Van richtig dynamisch aus. Seitlich befindet sich eine dropping line auf der Höhe der Handgriffe, die übrigens sehr solide wirken. Am Heck gibt es ebenfalls neue Leuchten und einen angedeuteten Diffusor. Die Heckleuchten haben dabei eine Art herausstehenden Zipfel, der eine dreidimensionale Optik erzeugt. Zudem sind die sehr lang gezogen und wandern sogar schon zur Seite des Fahrzeugs, auch ein interessanter Stil. Durch alle Maßnahmen wirkt der neue S-MAX vor allen Dingen lang, aber flach und breit – und damit nicht ballon- oder kastenartig.
Interieur
Der neue Ford S-MAX in zweiter Generation soll weiterhin gut Platz für 7 Erwachsene bieten. Das ist jedoch nur theoretisch, denn auf den zusätzlichen Sitzen der dritten Reihe bekommen Erwachsene Probleme mit der Kopffreiheit, geschweige denn ist Platz für die Knie. Die letzte Sitzreihe ist also rein für den Transport der Minikicker-Fußballmannschaft gedacht. Bei der zweiten Sitzreihe gilt es zu beachten, dass Erwachsene wunderbar klarkommen, wenn kein Panorama-Glasdach verbaut ist. Hat man dieses, eigentlich sehr schöne Extra verbaut, ist die Kopffreiheit hinten auch primär etwas für Kinder und junge Erwachsene.
32 verschiedene Sitz-Konfigurationen ermöglichen eine individuelle Zusammenstellung des Innenraums. Auch die zweite und dritte Sitzreihe haben das so genannte Easy-Fold-System, damit lassen sich die Sitze sehr schnell einzeln flach umlegen. Das geht am besten vom Kofferraum aus. Über fünf verschiedene Tasten können die Sitze einzeln automatisch umgelegt werden. Sehr praktisch. Bei uns im Test hat das Familien, die unseren Test beobachtet haben, direkt beeindruckt. Nur hochziehen muss man die Sitze wieder mit eigenen Händen. Übrigens gibt es auch eigene Lüftungsschlitze für die hinteren Sitzreihen.
Vorne ist alles auf Langstrecke ausgelegt: Die ausladende Mittelkonsole und die flache Scheibe kreieren sofort einen Reisevan-Charakter. Für den Geradeauslauf gibt das viel Luft und Raum im Innenraum. In der Tat hat man durch die Scheibe einen tollen Panorama-Blick nach vorne. Bauartbedingt gibt es eine zusätzliche kleine Scheibe zwischen A- und B-Säule. Trotzdem bleibt das Konstrukt sichtbehindernd, gerade wenn man nach vorne links schauen will, etwa beim Abbiegen. Die Sitze an sich bieten die van-typische hohe Sitzposition und taugen für lange Reisen. Auch die Sitzoberflächen überzeugen: Wir testen die optionale Ausstattung Polster Leder/Stoff in Wildleder-Optik. Die alcantara-artige Oberfläche ist samtig-weich, aber gleichzeitig robust. Die Materialien im Innenraum sollen alle besonders widerstandsfähig gegen Abnutzung und Beschädigungen sein, das hat man gerade im Hinblick auf die Familien-Zielgruppe gemacht. Simuliert wurden daher Beschädigungen durch Reißverschlüsse, Nieten oder andere scharfe Bekleidungsteile. Im Ford-Labor kommt dazu der so genannte Morgenstern zum Einsatz, ein mit Nägeln gespickter Metallball, der 600 Mal über die Oberflächen gezogen wird. Laut Ford bietet der neue Ford S-MAX als erstes Fahrzeug seines Segments beheiz- und kühlbare Sitze inklusive Massagefunktion. Für noch mehr Komfort ist ein beheizbares Lenkrad optional erhältlich.
Ansonsten steht technologisch das Ford SYNC 2 auf dem Programm. Über den 8-Zoll-Touchscreen kann man alles in Richtung Navi, Telefon und Musik bedienen. Zusätzlich rühmt sich Ford mit der Spracheingabe, bei der man etwa einfach sagen kann „Ich habe Hunger“ und zum nächsten Restaurant geleitet wird. Das ist auch eine gute Idee, denn obwohl man mit dem neuen System schon besser klarkommt als zuvor, ist die Befehlseingabe während der Fahrt nicht optimal gelöst. Dafür sind die Touch-Tasten zu klein. Während der Fahrt sitzt man schließlich nicht komplett still.
Für mehr Licht und mehr Blicke nach draußen gibt es erstmals ein dachübergreifendes Panorama-Glasdach, das aber wie erwähnt auch seine Nachteile hat, weil es die Kopffreiheit hinten begrenzt. Ansonsten will Ford die Reflektionen reduziert haben, so Hak Soo Ha, der leitende Interieurdesigner: „Unser Innenraumdesign minimiert die Reflektionen von Fenstern und Spiegeln – dies verbessert die Sicht auf den Verkehr.“ Bestätigen können wir dies nicht, denn durch die extrem flache Scheibe steht die vordere Fensterfläche eben sehr flach dem riesigen Armaturenbrett gegenüber – das muss einfach spiegeln, und das tut es auch.
Weitere Änderungen in der neuen Generation umfassen die fußsensorgesteuerte Heckklappe (praktisch beim Öffnen des Kofferraums mit Einkaufstüten in der Hand) sowie mehr als 16 Fahrer-Assistenz-Systeme. Dazu zählen ein Einpark-Assistent oder ein Warner vor Querverkehr beim Ausparken. Eine Notfallbremsfunktion soll die Aufprallgeschwindigkeit im Ernstfall vermindern. Wir können nach unserem Test nur festhalten, dass alle elektrischen Helferlein sehr zuverlässig funktionieren. Selbst die Fußsteuerung der Heckklappe, die häufig nicht beim ersten Mal funktioniert, klappt bei Ford hier einwandfrei.
Die MyKey-Technologie macht es möglich, dass der Hauptschlüssel die Kontrolle behält, aber der Zweitschlüssel so programmierbar ist, dass bestimmte Funktionen eingeschränkt sind, etwa als Kindersicherung. Ganz beliebt in den USA. So bleiben ggf. Telefongespräche unterdrückt und eine Höchstgeschwindigkeit vorgegeben. Das Deaktivieren von Assistenz-Systemen lässt sich ausschließen. MyKey kann zudem die Lautstärke des Audio-Systems begrenzen. Und falls einer der Insassen nicht angeschnallt ist, bleibt die Anlage komplett stumm.
Interessant ist auch eine neue Technologie, die Ford erstmals im S-MAX einsetzt: den Intelligent Speed Limiter. Hierbei arbeiten die über eine Kamera in der Windschutzscheibe arbeitende Verkehrsschild-Erkennung und Geschwindigkeitsbegrenzer zusammen. Für sich genommen bekannte Assistenzsysteme, nur haben diese bisher bei keiner Marke so zusammengespielt. Beim neuen Speed Limiter speist die Verkehrsschild-Erkennung die Tempowerte ein und der Speed Limiter richtet sich danach. Zusätzlich werden die Informationen aus dem Navigationssystem abgeglichen. Der intelligente Geschwindigkeitsbegrenzer arbeitet in einem Bereich zwischen 30 und 200 km/h. Der Limiter bremst dadurch, in dem die Motorleistung reduziert wird. Der Fahrer kann aber natürlich jederzeit zusätzlich bremsen, nötig wird das zum Beispiel beim Bergabfahren. In diesem Fall ertönt ein Warnsignal vom System. Ist wieder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, wird die Grenze nach oben hin geöffnet und man kann wieder stärker aufs Gaspedal treten. Wenn man das Pedal ganz durchtritt, kann man das System auch überstimmen.
In unserem Test stellen wir fest, dass das System zuverlässig die neuen Verkehrszeichen erkennt und die Geschwindigkeit anpasst. Wer nicht ganz bei z.B. 40 km/h bleiben möchte, sondern im Kopf durchkalkuliert, dass der Tacho ja immer zuviel anzeigt und die Polizei eine Toleranzgrenze abzieht, der kann natürlich auch noch manuell nach der Verkehrszeichenerkennung z.B. auf 45 km/h hochregeln.
Ausstattungslinien
Die Ausstattungs-Levels teilen sich in Trend und Titanium, das bleibt also recht übersichtlich.
Trend
– Audiosystem mit USB-Anschluss
– Frontairbags und Seitenairbags für Fahrer und Beifahrer, Knieairbag für Fahrer, Kopf-Schulterairbags für vorne und Fond
– 2-Zonen-Klimaautomatik
– Lederlenkrad
– 17 Zoll Stahl-Felgen
Titanium (zusätzlich; 2.550 Euro Aufpreis)
– Chromumrandungen an Seitenscheiben und Frontgrill
– 17 Zoll Aluräder
– LED Tagfahrlicht
– Ambientebeleuchtung innen
– Audiosystem mit Ford SYNC2 (größerer Bildschirm)
– Verkehrsschild-Erkennungssystem
– Frontscheibe beheizbar
– Vordersitze beheizbar
– Tempomat
– Scheinwerfer mit Tag/Nacht-Sensor
Das Navigationssystem muss man trotzdem separat dazu buchen, bei Titanium fällt es mit 1.100 Euro nur günstiger aus als bei Trend (1.900 Euro).
Die 3. Sitzreihe gibt es optional im so genannten Traveller-Paket II für 1.350 Euro.
Motoren
Folgende Motoren kommen zum Einsatz:
Turbobenziner
1,5-Liter-EcoBoost-Benziner mit 160 PS (offiziell 6,5 l / 100 km)
2,0-Liter-EcoBoost-Benziner mit 240 PS, serienmäßig mit Automatik (offiziell 7,9 l / 100 km)
Letzterer ist der schnellste mit 8,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h.
Der Aufpreis für den größeren Benziner beträgt 4.000 Euro.
Turbodiesel
2,0-Liter-TDCi mit 120 PS (nur manuell)
2,0-Liter-TDCi mit 150 PS (auch mit PowerShift-Doppelkupplungsgetriebe)
2,0-Liter-TDCi mit 180 PS (auch mit PowerShift-Doppelkupplungsgetriebe)
2,0-Liter-TDCi mit 210 PS (nur mit PowerShift-Doppelkupplungsgetriebe)
Der Verbrauch liegt offiziell für die Diesel zwischen 5 und 5,5 l / 100 km.
Optional wird auch Allrad angeboten, und zwar für die Diesel mit 150, 180 und 210 PS.
Die Preisspanne hält sich wirklich in Grenzen, denn die Basisversion mit dem kleinsten Benziner kostet knapp 30.000 Euro und die Top-Version mit dem stärksten Diesel und höchster Ausstattung 40.000 Euro Liste.
Fahrverhalten
Wir testen den 2,0 Liter Diesel mit 180 PS und 6-Gang-Schaltung. Dieser benötigt 10,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h und ist damit recht fix für einen solch großen Van. Mehr Power muss es gewiss nicht sein, auch auf der Autobahn bietet der große Diesel genügend Kraftreserven. Auf die stärkere 210 PS Version kann man daher auch gut und gerne verzichten. Den schönsten Klang hat der Diesel nicht, ab und zu kommt ein Nageln im Innenraum an. Schlecht ist der Diesel sicher nicht, aber die Ford-Turbobenziner sind nun mal so überzeugend, dass man hier gerne auch zu diesen greift. In jedem Fall verbrauchssenkend soll die Technologie wirken, dass vorne am Kühler die Lamellen geschlossen werden, wenn nicht so viel Motor-Kühlung benötigt wird – das verbessert den Strömungsfluss.
Die Geräuschisolation ist ein großer Wurf, denn der neue Ford S-MAX garantiert eine ruhige Reise. Geräusche kommen hier nur vom Soundsystem oder von den Kindern. Zusammen mit den vielen neuen (optionalen) Assistenzsystemen ist der S-MAX so ein optimales Autobahnauto. Auf kurvigen Strecken fühlt man sich mit ihm dagegen nicht allzu wohl. Beim S-MAX hat Ford nach eigenen Angaben zwar an der Lenkung gearbeitet. So gibt es als Extra eine adaptive Lenkung, die bei niedrigen Geschwindigkeiten besonders leicht zu bedienen ist (z.B. zum Einparken) und bei höheren Geschwindigkeiten dann „stabiler“ wird. Überzeugt hat uns die Lenkung aber nicht. Zwar ist sie im Stand einfach zu bedienen, doch wirkt sie beim Fahren doch recht artifiziell, eine Verbindung von Fahrer, Auto und Straße kommt da nicht auf. Auch das Kurvenverhalten ist behäbig, und das liegt nicht nur an der Klasse. Auch andere große Autos können sich agiler anfühlen. Der S-MAX sucht seine Stärken anderswo.
Fazit: Der neue Ford S-MAX der zweiten Generation gehört zweifelsohne zu den schönsten großen Vans. Seine dynamische Zeichnung ist überaus gelungen. Der Innenraum dagegen kann von der Materialauswahl nicht gänzlich überzeugen, lediglich die optionalen Alcantara-Sitze sind ein Highlight. Für viel Aufsehen sorgt das Innenraum-Konzept der Sitze: Maximale Flexibilität wird Familien begeistern. Und mit einem attraktiven Design und der Flexibilität im Innenraum sind womöglich die zwei Hauptkriterien der Käufer-Zielgruppe erfüllt. Da kann man leichter darüber hinwegsehen, dass das Fahrverhalten doch etwas behäbig ist. Dafür entspannt der S-MAX mit einer exzellenten Geräuschdämmung und einem Reise-Langstreckenkomfort auf mindestens fünf Sitzen.
Autogefühl: ***
Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Fotos: Autogefühl, Katharina Kruppa, Thomas Majchrzak (car-to-car)
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