Ein neuer Jaguar XF ist da, die zweite Generation der Limousine in der oberen Mittelklasse, jetzt unter anderem mit neuer Aluminium-Karosserie und einem neuen Infotainment-System. Vom Design her war nie strittig, dass der XF mit der etablierten Konkurrenz mithalten kann. Wie sieht es nun im Detail aus? Von Thomas Majchrzak
Die erste Generation des Jaguar XF gab es seit 2008, im Sommer 2011 erhielt die Limousine ein Facelift, das als wichtigste Änderung die Modifizierung der vorderen Scheinwerfer hatte, die Glubschaugen wurden beseitigt und formschöne dynamische Lichter eingeführt. Zudem kam der 2.2 Liter Diesel hinzu. Der neue Jaguar XF der zweiten Generation (Markteinführung in Deutschland Herbst 2015) beginnt ab 41.350 Euro mit dem kleinsten Diesel (siehe Motoren). Handschaltung oder Automatik, Allrad, Aluminium-Leichtbau, mehr Platz bei geringeren Abmessungen, modernes Infotainment-System… es sieht so aus, als hätte der neue XF nun das gesamte Rüstzeug, das er benötigt.
Exterieur
Bislang war der größere Jaguar XJ kurioserweise leichter als der Jaguar XF, weil letzterer noch auf einer Stahlkarosserie basierte. Jaguar Land Rover setzt nun voll und ganz auf Aluminium und hat die Werke dementsprechend angepasst. Nach XJ, F-TYPE und XE basiert nun also auch der Jaguar XF auf Aluminium, und er ist das zweite Fahrzeug neben dem XE auf der ganz neu entwickelten iQ-Aluplattform. XE (Mittelklasse) und XF (obere Mittelklasse) sind dabei nicht komplett identisch, sondern ungefähr zu einem Viertel. Beim XF ergibt sich für die neue Version mit 75 Prozent Alu-Karosserie ein Einsparpotenzial um gut 190 kg. Der neue Diesel trägt auch dazu bei.
Unter dem Kleid hat sich also viel getan, nur wie schaut es außen aus? Ehrlich gesagt benötigte der Jaguar XF dahingehend keine große Veränderung, denn Kunden wie Fachwelt waren und sind sich einig, dass der XF zu den schönsten Limousinen zählt. Und so sah das wohl auch Jaguar-Chefdesigner Ian Callum. Kühlergrill und Scheinwerfer wurden leicht modifiziert, so dass XF und XE sich nun relativ stark ähneln, der XF ist vom Design her im Grunde genommen ein größer geratener XE. Der Kühlergrill ist steiler als bisher, die Scheinwerfer erhalten wieder eine kleine Zwinker-Falte wie beim Vor-Facelift der ersten Generation und am Heck gibt es neue Leuchten, die an den F-TYPE angelehnt sind.
Insgesamt wurde der neue Jaguar XF geringfügig kürzer (1 cm), aber etwas breiter und etwas flacher. Seitlich dominiert weiterhin die coupé-artige Linie. Der Radstand wuchs um 5 cm auf 2,95 m, so wurde mehr Platz im Innenraum geschaffen.
Interieur
Obwohl der Jaguar XF also etwas kürzer geworden ist, nutzt er den Innenraum nun besser aus. Vorne gibt es ohnehin keine Platzdiskussionen. Im Fond bleibt nun mehr Raum an Kopf und Beinen. Trotz der herabfallenden Dachlinie kann man mit 1,90 m hinten noch sitzen – und an den Knien bleibt noch massig Platz frei. Der Kofferraum ist richtig lang, man kann zwei Koffer hintereinander schieben. Zudem ist er nun besser erreichbar, weil die Heckklappe sehr weit nach oben öffnet.
Auch im Innenraum ähneln sich XE und XF, etwa beim Lenkrad. Zudem haben die Materialien eine ähnliche Qualitätsanmutung, die dem Preis nicht gerecht wird. Wir testen die Ausstattung R-Sport, eine schon durchaus hohe Ausstattung. Positiv fällt das attraktive Cockpit-Design auf: Yacht-Holzspange vor dem gesamten Armaturenbrett unterhalb der Scheibe, Mattholz-Einlagen an den Türen und am Mitteltunnel oder der bewährte edle Jaguar DriveSelector, der beim Starten des Motors hochfährt. Im Detail jedoch zeigt der neue Jaguar XF klare Schwächen. Denn die Verarbeitung und Materialauswahl ist seiner Klasse nicht würdig. Da war der Vorgänger deutlich besser verarbeitet. Schade, denn das Design stimmt im Interieur – und außen sowieso. Schalter sind nicht 100-prozentig fix montiert und haben Spiel, wenn man unter die Klimaeinheit bzw. über die untere Gummiablage fast, hat man schon fast automatisch eine Plastik-Abdeckung in der Hand, der optionale Leder-Bezug für die Innenseite der Sitze wird schon fast rissig, wenn man ihn mit dem Daumen eindrückt, im Kofferraum gibt es für die hakelige Sitzentriegelung keine Abdeckung… ein trauriges Qualitätsergebnis im Detail für ein ansonsten wunderschönes und spritziges Auto.
Lösung für das ein oder andere Problem: Man muss bei der Auswahl der Ausstattungslinien clever sein, so kann man manche Schwächen beseitigen. Zum Beispiel erhält man Stoffsitze in der Basisausstattung.
Die Ausstattungslinien teilen sich auf in Pure, Prestige, Portfolio, R-Sport und S.
Pure
• 2-Zonen-Klimaautomatik für Fahrer und Beifahrer
• 17″-Leichtmetallfelgen Design „Lightweight“ in Silber
• Armaturentafeloberseite in Kunstleder (Luxtec)
• Automatische Geschwindigkeitsregelung mit Geschwindigkeitsbegrenzer
• Einstiegsleisten aus Metall mit Jaguar Schriftzug
• Halogen-Scheinwerfer mit Halogen-Tagfahrlicht
• InControl Touch 8“-Touchscreen-Farbdisplay
• Intelligenter (autonomer) Notfall-Bremsassistent (AEB)
• Kofferraum-Zierleiste in Chrom
• Kühlergrill in Schwarz mit Einfassung in Chrom
• Paneele in Pianolack Schwarz mit strukturiertem Aluminium
• Scheibenrahmeneinfassung in Chrom
• Sitze in Stoff mit 8/8-Wege-Sitzeinstellung – manuell verstellbar (nur E-Performance)
• Sitze in Stoff mit 10/10-Wege-Sitzeinstellung – elektrisch verstellbar (nur 20d)
• Torque Vectoring
Prestige (zusätzlich zu Pure)
• 18“-Leichtmetallfelgen Design „Fan“ in Silber (nur 30d, 35t)
• Ambiente Innenraumbeleuchtung–Phosphor Blau
• Bi-Xenon-Scheinwerfer mit LED-Tagfahrlicht und Scheinwerferreinigungsanlage
• Fußmatten
• Sitze mit Tierhaut mit farblich abgestimmten Nähten und 10/10-Wege-Sitzeinstellung – elektrisch verstellbar
Portfolio (zusätzlich zu Pure)
• 17“-Leichtmetallfelgen Design „Aerodynamic“ in Silber (nur E-Performance)
• 18“-Leichtmetallfelgen Design „Chalice“ (nur 20d, 30d, 35t)
• Ambiente Innenraumbeleuchtung – Phosphor Blau
• Armaturentafeloberseite in Tierhaut
• Bi-Xenon-Scheinwerfer mit LED-Tagfahrlicht und Scheinwerferreinigungsanlage
• Fußmatten
• Geprägter Jaguar-Springer auf vorderen Kopfstützen
• Kühlergrill in glänzend Schwarz mit Einfassung in Chrom
• Paneele in glänzend marmoriertem Ebenholz mit dunkel strukturiertem Aluminium
• Sitze in perforierter Tierhaut mit farblich abgestimmten Nähten und 10/10-Wege-Sitzeinstellung – elektrisch verstellbar
R-Sport (zusätzlich zu Pure)
• 17“-Leichtmetallfelgen Design „Turbine“ in Silber (nur E-Performance)
• 18“-Leichtmetallfelgen Design „Helix“ in Silber (nur 20d, 30d, 35t)
• Ambiente Innenraumbeleuchtung – Phosphor Blau
• Bi-Xenon-Scheinwerfer mit LED-Tagfahrlicht und Scheinwerferreinigungsanlage
• Dachverkleidung in Morzine in Jet
• Fußmatten
• Kofferraum-Zierleiste in mattem Chrom
• Kühlergrill in Schwarz mit Einfassung in mattem Chrom
• R-Sport Exterieur – R-Sport Frontstoßfänger, R-Sport Seitenschweller in Wagenfarbe, seitliche Luftauslässe in mattem Chrom mit R-Sport Emblem und Heckspoiler in Wagenfarbe
• Scheibenrahmeneinfassung in glänzend Schwarz
• Sportfahrwerk
• Sportsitze mit Tierhaut außen (Unterschied zum XE, dort ist es sinnvollerweise Kunstleder) und Sitzflächen in Technical Mesh (Stoff), Kontrastnähten und 10/10-Wege-Sitzeinstellung – elektrisch verstellbar (im gezeigten Testwagen wurde die Sitzfläche auch optional in Tierhaut gewählt)
S (zusätzlich zu Pure)
• 19“-Leichtmetallfelgen Design „Blade“
• Adaptive Dynamics (adaptives Fahrwerk)
• Ambiente Innenraumbeleuchtung – Phosphor Blau
• Bi-Xenon-Scheinwerfer mit LED-Tagfahrlicht und Scheinwerferreinigungsanlage
• Bremssättel in Rot
• Dachverkleidung in Morzine in Jet
• Fußmatten
• Geprägtes S Emblem auf vorderen Kopfstützen
• Kofferraum-Zierleiste in mattem Chrom
• Kühlergrill in glänzend Schwarz mit Einfassung in mattem Chrom
• Paneele in grau marmoriertem Ebenholz mit Dark Hex Aluminium
• Polierte Edelstahlpedalerie
• Scheibenrahmeneinfassung in glänzend Schwarz
• S Emblem im Kühlergrill und auf der Heckklappe
• S Exterieur – S Frontstoßfänger, S Heckschürze und Heckspoiler in Wagenfarbe, S Seitenschweller und Diffusor in glänzend Schwarz, seitliche Luftauslässe in mattem Chrom
• Sportsitze mit Tierhaut außen und Sitzflächen in Premium-Velours mit Kontrastnähten und 10/10-Wege-Sitzeinstellung – elektrisch verstellbar
Zentrale technische Neuheit ist hier das neue InControl Touch Pro System, das den XF infotainment-mäßig auf den aktuellen Stand bringt. Einmal ist er in 8 Zoll Größe erhältlich, zudem auch in über 10 Zoll für ein besonders großes Bild. Dann kommt auch gleich die Instrumenteneinheit voll digital, serienmäßig gibt es Analog-Instrumente. Optional ist nun auch ein Head-Up Display verfügbar.
Motoren
Folgende Motoren stehen zur Verfügung:
Benziner
V6 3,0 Liter mit 340 PS oder 380 PS (5,4 bzw. 5,3 Sek. 0-100 km/h)
Immer mit ZF-8-Gang-Automatik.
Beide auch mit Allrad erhältlich.
Diesel
Reihen-Vierzylinder 2,0 Liter mit 163 PS oder 180 PS (8,7 bzw. 8,1 Sek. 0-100 km/h)
Auch mit manueller Sechsgang-Schaltung erhältlich, ZF-8-Gang-Automatik für 2.500 Euro extra.
V6 3,0 Liter Diesel mit 300 PS (6,2 Sek. 0-100 km/h)
Immer mit 8-Gang-Automatik.
Alle Diesel nur mit Hinterrad-Antrieb.
Preislich liegen alle V6-Modelle (Benziner und Diesel) oberhalb von ca. 60.000 Euro.
Fahrverhalten
Der neue Jaguar XF punktet beim Fahrverhalten auf ganzer Linie. Schon die Basisversion bietet das torque vectoring, mit der die kurveninneren Räder leicht abgebremst werden und das Fahrzeug somit in die Kurven „gezogen“ wird. Die Lenkung vermittelt einen guten Kontakt zur Straße und der XF macht trotz seiner 5 Meter Länge allseits richtig viel Fahrfreude. Die vorherige Generation war noch eher komfortabel behäbig unterwegs, die neue Generation dagegen lässt zwar keineswegs Komfort vermissen, punktet aber mit Fahrfreude pur.
Der neue 2.0 Liter Diesel ist die richtige Wahl für sparbewusste Kunden oder fürs Flottengeschäft, viel Performance kommt hier aber erst mit einem ordentlichen Druck aufs Gaspedal. Für die meisten Einsatzzwecke bietet er aber genug Durchzug, wenn auch erst nach einer kleinen Gedenksekunde für den Turbo. Immer positiv fällt die ZF-8-Gang-Automatik auf, die für den XF unser Meinung nach Pflicht ist, auch wenn es nun die Handschalter-Version gibt.
Durch die guten Platzverhältnisse kann man mit dem Jaguar XF bequem zu viert reisen – und der Fahrer hat immer am meisten Spaß.
Abmessungen
Länge: 4,95 m (4,96 m alter XF)
Breite: 1,98 m
Höhe: 1,45 m
Radstand: 2,96 m
Leergewicht: 1.545-1.760 kg
Fazit: Der neue Jaguar XF ist ein Auto, über das man viel diskutieren kann. Das ist gut so, er hat eben Ecken und Kanten. Das Exterieur-Design bleibt ungeschlagen und hält sich an der Spitze des Segments. Die Katze ist immer noch eine Schönheit – und nun sogar noch einen Tacken sportlicher im Look. Am meisten hat sich beim Fahrverhalten getan, dank Leichtbau und neuem Fahrwerk kann man den Jaguar XF eher wie eine sportliche Mittelklasse-Limousine bewegen, man merkt die Abmessungen kaum. Das macht richtig viel Freude und setzt sich ebenfalls mit an die Spitze des Premium-Mittelklasse-Segments. Im Innenraum finden wir rein visuell sehr schöne Design-Konzepte, nur die Ausführung im Detail ist leider verbesserungswürdig. Während Exterieur und Fahrverhalten also in der Klasse top sind, reiht sich der neue Jaguar XF bei der Interieurqualität im Premiumbereich ganz unten ein – schade und ein Rückschritt gegenüber der Vorgängerversion. Jaguar bietet übrigens für den neuen XF drei Jahre Garantie und alle turnusmäßigen Inspektionen und eine Mobilitätsgarantie inklusive. Damit wischt man nun das häufig angeführte Argument, ein Jaguar ist teurer im Unterhalt, clever weg.
Autogefühl: ****
Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Fotos: Autogefühl, Michel Weigel
Bei automativ gibt es noch einen weiteren Testbericht zum großen Diesel.
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