„Back to the roots“, so könnte Fiats Motto für den Fiat 124 Spider lauten. Neue Technik, doch klassische Elemente aus den 60er-Jahren. Inwiefern dies harmoniert, zeigt unser Testbericht. Kann das neue Fiat Cabrio wieder zu einem Klassiker werden? Wir testen den Fiat und auch die Sportvariante alias Abarth 124 Spider, bei der im Abarth-Workshop noch extra Hand angelegt wird. Von Thomas Majchrzak
In den 1960ern erhielt Fiat zahlreiche Preise für ihren 124er, u.a. wurde die Limousine 1967 zum Auto des Jahres der europäischen Motorpresse gewählt. Zwischen 1966 und 1985 wurden insgesamt 200.000 Stück abgesetzt, schließlich wurde der 124 Spider aber eingestellt.
Nun möchten die Italiener 2016 neu durchstarten und bringen mit dem Fiat 124 Spider einen neuen Roadster auf den Markt. Die Start-Edition hat eine limitierte Anzahl von 124 Stück, allein in Deutschland wurden 40 Stück davon angeboten. Die Launch-Edition umfasst verchromte Außenspiegel, 124 Spider Logo auf dem Kühlergrill, sowie eine nummerierte „Anniversary“-Plakette im Innenraum. Ebenso ist in der Launch-Edition das Bose-Soundsystem und die Pakete Sicht, Premium und Radio mit an Bord. Auf dem deutschen Markt ist diese Version jedoch nicht mehr erhältlich, da bereits alle Exemplare verkauft wurden.
In der Basisversion hat der Spider 140 PS (24.000 Euro, ähnlich wie beim Mazda MX-5) unter der Haube und in der Abarth Version besitzt er 170 PS (40.000 Euro). Neben der Basisausstattung gibt es für den normalen Fiat 124 Spider ebenso die Ausstattungslinie Lusso, diese beginnt bei 26.490 Euro und umfasst mehr Features.
Eher flach und wenig massiv wirkt die Front des Fiat 124 Spider. Runde Leuchten (optional mit LED-Technik erhältlich) und integrierte Blinker zeichnen ein ganz anderes Gesicht als das des Mazda MX-5. Im Gegensatz zum historischen Modell aus den 60ern ist der Kühlergrill ein wenig größer geworden, aber er zeichnet immer noch dieselbe Form wie damals – ein schönes Detail, dieses Zitat. Dazu befindet sich das Logo auch wieder auf der Motorhaube. Uns gefällt die eher traditionelle Bauart, die eine schlichte Eleganz verkörpert. Ein zeitloses Design, und man erkennt weiterhin, dass es sich hierbei um einen Fiat 124 Spider handelt. Die Motorhaube reicht übrigens nicht direkt bis an den Kühlergrill, sondern wird auf Höhe der Frontleuchten getrennt, um somit die Reparaturkosten bei einem möglichen Auffahrunfall zu reduzieren, was sich günstig auf die Versicherungseinstufung auswirkt – aber nicht unbedingt gut auf ein spaltenloses Design. Serienmäßig ist der Roadster mit 16-Zoll-Felgen ausgestattet. Die Ausstattungslinie Lusso hat bereits 17-Zoll-Felgen mit an Bord, die zugleich das Maximum darstellen. Am Heck werden runde und eckige Elemente vereint, vor allem erkennt man dies gut an den Heckleuchten. Sie wirken innen wie Quader und sind andererseits abgerundet.
Gegen einen Aufpreis von 1.500 Euro kann man lediglich beim Lusso das Sicht-Paket bestellen, welches neben LED-Leuchten und dem LED-Tagfahrlicht auch das Dynamische Kurvenlicht (AFS) beinhaltet. Die Basisversion bleibt von diesem Paket ausgeschlossen.
Der Abarth 124 Spider kommt in einer eigenen zweifarbigen Kontrast-Lackierung daher und besitzt an Front, Seite und Heck ein Abarth Logo. Die Schweller sind vorne und seitlich stärker ausgeprägt. Dazu sind auch hier 17-Zoll-Felgen von Haus aus mit an Bord. Typisch für eine Sportversion liegt der Abarth ein wenig tiefer als die Basisvariante. Am Heck sieht man schließlich den größten Unterschied, die vierflutige Auspuffanlage, massiv für einen solchen kleinen Flitzer. Und so klingt sie auch. Im Gegensatz zum Fiat 124 Spider, der fertig aus Japan aus der Mazda-Auftragsfertigung kommt (Fiat schickt die Motoren dorthin und zusätzliche Anweisungen/Wünsche), wird der Abarth nur zu etwa 70 Prozent in Übersee fertiggestellt. Die Restfertigung erfolgt dann im Abarth-Workshop, daher die Abarth-Version auch so deutlich teurer.
Interieur
Der Innenraum des Roadsters ist eindeutig in der Neuzeit angekommen. Er wirkt sehr solide und aufgeräumt. Zu dem gefällt uns, dass das runde Design es von außen auch ins Innere geschafft hat. Generell sehen wir an der Cockpit-Gestaltung die Verwandtschaft mit dem plattformgebenden Mazda MX-5, was keineswegs ein Nachteil, sondern ein Vorteil ist. Die Materialverarbeitung zeigt Licht und Schatten, teilweise sehen wir schöne Elemente wie die Kunstleder-Abdeckungen am vorderen Armaturenbrett und über den zentralen Instrumenten, teilweise finden wir aber auch Hartplastik-Schalen, die sich sogar hin- und her bewegen lassen. Der restliche Teil des Armaturenbretts ist allerdings hochwertiger mit Softtouch ausgestattet .In der Basisversion wird der Fiat 124 Spider zum Glück mit Stoffsitzen ausgeliefert, beim Lusso ist serienmäßig eine Echtleder/Kunstleder-Mischung mit an Bord.
Für beide Ausstattungsvarianten des Fiat 124 Spider gibt es das Radio-Paket für 1.000 Euro extra, welches einen 7-Zoll Touchscreen, zwei USB Anschlüsse und Bluetooth beinhaltet. Doch wie schon beim Sicht-Paket sind das Bose Soundsystem (700 Euro) und das Premium Paket (1.000 Euro) ausschließlich dem Lusso-Design vorenthalten. Das Soundsystem erfüllt einen exzellenten Job, so wie man es von Bose Soundsystemen gewohnt ist. Keyless Entry, ein Navi und eine Rückfahrkamera erhält man bei Wahl des Premium-Pakets.
Im Abarth 124 Spider sind, wie beim Lusso-Design, Echtleder/Kunstleder-Sportsitze von Haus aus verbaut. Abarth-Chef Paolo Gagliardo verspricht uns für die Zukunft allerdings noch weitere Optionen wie einen Supersportsitz, der dann evtl. mit Alcantara kommt. Attraktiv: Am Armaturenbrett wird an den horizontalen unteren Leisten und auf dem Instrumenten-Deckel jetzt schon Alcantara verbaut, dort, wo in der Fiat-Version Kunstleder thront. Ansonsten zeichnet sich das Abarth-Interieur mit roten Kontrastnähten ab.
Wer davon ausgeht, dass im Abarth z.B. das Sicht-Paket hier serienmäßig dabei ist, liegt falsch. Dieses kann man nur optional erwerben und auch nur in Verbindung mit dem Radio-Plus-Paket. Somit steigert man alleine hierdurch den Preis wieder um etwa 2.500 Euro.
Mit 1,86 m Körpergröße können wir noch gut und spaßig fahren, passen auch unter das geschlossene Verdeck. Allerdings ist das Platzangebot für große Menschen wie schon im Mazda MX-5 eher mäßig, größer sollte man nicht sein, kleiner sein hilft. Ablagefächer gibt es augenscheinlich erst einmal wenige, keine an den Innenseiten der Türen und auch kein Handschuhfach, ebenso keine serienmäßigen Flaschenhalter. Für letztere gibt es allerdings zwei Schlitze, die als Vorrichtung dafür dienen können. Außerdem gibt es zwischen den Fahrern, zum Verdeck hin, ein größeres Fach mit recht viel Stauraum. Die Klappe davor ist sogar abschließbar, dazu muss man den Funkschlüssel manuell öffnen, damit man den mechanischen Schlüssel dafür benutzen kann. Der Kofferraum schließlich mutet zunächst auch klein an, ist aber gut nutzbar. Zwei Trolleys und einen Rucksack konnten wir locker unterbringen, es hätte noch mehr gepasst.
Motoren
Für den Fiat 124 Spider gibt es folgenden Benziner:
1.4 l mit 4-Zylindern
140 PS
6,4 l/100 km (kombinierter Wert)
Heckantrieb
6-Gang-Schaltgetriebe
7,5 Sek. 0-100 km/h
Für den stärkeren Abarth 124 Spider ist folgender Benziner verfügbar:
1.4 l mit 4-Zylindern
170 PS
6,4 l/100 km (kombinierter Wert)
Heckantrieb
6-Gang-Schaltgetriebe oder 6-Gang-Automatik
6,8 Sek. 0-100 km/h
Der Abarth kann gegen Aufpreis auch mit einem 6-Gang-Automatikgetriebe ausgestattet werden.
Im Gegensatz zum Mazda MX-5 kommen hier keine Sauger-Benziner, sondern Turbos von Fiat zum Einsatz. Das ist der große Unterschied bei der Motorisierung.
Fahrverhalten
Der Fiat 124 Spider ist aufgrund seiner geringen Größe grundsätzlich sehr wendig. Auch reichen die serienmäßigen 140 PS aus, vor allem in Anbetracht des geringen Leergewichts von nur 1.125 kg. Das ist zwar etwas mehr als beim Mazda MX-5, weil Motor, Lampen und Anbauteile von Fiat etwas mehr wiegen als die von Mazda, das macht sich aber nicht negativ bemerkbar. Man fühlt sich direkt wie in einem GoKart, Lenkbefehle werden sofort umgesetzt, und das Auto lässt sich so steuern wie ein Matchboxauto von oben aus der Hand. Bei schnellen Slalom-Fahrten zeigt der Fiat 124 Spider eine gewisse Wankneigung, was daran liegt, dass das Fahrwerk mehr auf Komfort ausgelegt ist. Das ist auch gut so, im Alltag hat man mehr davon. Uns gefällt der Kompromiss zwischen Sportlichkeit und Alltagstauglichkeit sehr gut.
Der Abarth 124 Spider klebt durch seine Tieferlegung praktisch an der Straße und ermöglicht somit agileren Cabrio-Fahrspaß, vor allem wenn man auf Landstraßen unterwegs ist. Im Sport-Modus, diese Taste kommt beim Abarth serienmäßig dazu, versteift sich das Fahrwerk weiter und die Gänge werden höher ausgefahren bzw. früher heruntergeschaltet (bei der Automatik). Wir testen in der Tat auch die Automatik, damit wir hier den Unterschied spüren. Fürs Anfahren am Berg ist das praktisch, für den Stau sowieso, und selbst sportlich kann man damit fahren. Mit ausgeschaltetem ESP kann man sogar einen Start mit 3.000 – 4.000 „Vor“-Umdrehungen machen, was sonst nur beim manuellen Getriebe geht oder mit einer Launchcontrol. Insofern kann man mit der Automatik auch noch mächtig Spaß haben, wobei man mit der Handschaltung natürlich mehr sportliche Kontrolle behält, weil man die Kupplung auch mal schleifen lassen kann. Bei der Wandler-Automatik-Version sind aber immer auch Schaltpaddles am Lenkrad verbaut, das stärkt nochmals die sportliche Dimension. Wir haben das Gefühl, dass die Fahrwerke von weich nach steif so angeordnet sind: Fiat 124 Spider – Mazda MX-5 – Abarth 124 Spider. Würde von der Positionierung auch Sinn machen.
Einen ganz großen Performance-Unterschied zwischen Fiat und Abarth Spider merken wir nicht, es sind auch nur 0,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Allerdings ist der Sound ganz anders, der Abarth brüllt richtig, als hätte er deutlich mehr Zylinder. Das kann entweder Kaufgrund sein oder eben Ausschlusskriterium. In jedem Fall machen beide Varianten mächtig Fahrspaß.
Und in Sachen Turbo? Im Vergleich zum Sauger aus dem MX-5 fühlt sich der Turbo spritziger an, möchte nicht so viel Drehzahl haben wie der Sauger. Das schafft mehr Fahrspaß. Auf der negativen Seite steht mehr Verbrauch (9 l / 100 km beim Fiat, deutlich über 10 beim Abarth), das kann der Mazda mit dem Sauger besser. Und viele sind auch von der Langlebigkeit der Sauger-Motoren überzeugt, wobei uns Abarth-Chef Paolo Gagliardo hier eine Langlebigkeit der 1.4 Liter Turbomotoren verspricht, schließlich seien diese im Rennsport getestet und im Einsatz.
Abmessungen
Länge: 4,06 m (15 cm länger als der Mazda MX-5 durch die Überhänge)
Breite: 1,74 m
Höhe: 1,23 m
Radstand: 2,31 m
Leergewicht: 1.125 kg
Fazit: Fiat 124 Spider und Abarth 124 Spider sind echte Spaßmaschinen. Gerade, wenn man den Fiat in der Basisversion mit Stoffsitzen und ohne Navi holt, kann man ein echtes Schnäppchen machen. Viel Roadster-Fun für wenig Geld, besser geht es kaum. Das Design ist im Vergleich zum Mazda MX-5 deutlich klassischer, zeitloser, eleganter. Das gefällt. Ein kleines Auto, das schon einen großen Auftritt macht. Das haben wir während unser Testfahrten auch vielfach an der Rückmeldung der Passanten gemerkt. Das Interieur zeigt wie beschrieben Stärken und Schwächen, ist für den Roadster aber auf ganzer Linie passend. Im Fahrverhalten zeigt sich der Fiat 124 Spider gutmütig und komfortabel, aber trotzdem richtig schön leichtfüßig und agil. Beim Abarth 124 Spider merkt man schon einen Unterschied mit dem härteren Fahrwerk und der Extra-Leistung, aber fast doppelt so viel Wert ist der Abarth ehrlich gesagt nicht. Da muss man schon sehr vom Sound überzeugt sein, dass der Preis es rechtfertigt. Der Arbeitsaufwand steckt dahinter, klar, hier muss in Italien noch mal richtig Hand angelegt werden. Aber der Kunde hat mit der Fiat-Version den besseren Deal. Bei Abarth sieht man das aber ganz anders, die Italiener meinen, dass man gar nicht zwischen Fiat und Abarth entscheidet. Wenn man denn zwischen Abarth und z.B. der Premium-Konkurrenz entscheidet, dann sei noch zu nennen, dass es zwar Autos mit mehr PS gibt, aber kaum ein sportliches Fahrzeug, das noch so leicht ist.
Autogefühl: *****
Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Fotos & Kamera (Video): Autogefühl, Michel Weigel