Neue Alfa Romeo Giulia Super und Quadrifoglio Testbericht

Alfa Romeo steht für Automobile mit Emotion, doch die Marke hat in den vergangenen Jahren viele Käufer verloren. Frontantrieb, wenige ganz neue Modelle, Zuverlässigkeitsprobleme. Wird jetzt alles anders? Hier kommt die neue Alfa Giulia, eine Mittelklasse-Limousine, die die Marke wieder auf Spur bringen soll. Wir haben uns den Einstiegs-Diesel sowie die PS-starke Version Quadrifoglio angesehen. Was die Giulia tatsächlich drauf hat und was man aus ihr maximal rausholen kann, zeigt unser Testbericht. Von Thomas Majchrzak

Ganz generell muss man zwischen zwei Varianten der Giulia unterscheiden, einmal gibt es die normale Limousine, die sich wiederum in eine einfache Einstiegsversion und in eine „Super“-Variante mit mehr Ausstattung unterteilen lässt – das graue Fahrzeug auf unseren Bildern ist eine „Super“. Für diese Version gibt es einen Diesel und später auch noch einen kleineren Benziner. Zum anderen haben wir mit der Giulia Quadrifoglio eine wahrhaftige PS-Maschine mit V6-Biturbo-Benziner und 510 PS (rotes Fahrzeug).

Dabei fängt die neue Alfa Giulia bei einem Preis von 34.100 Euro an und kostet in der Topvariante Quadrifoglio 71.800 Euro. Vergleicht man die Preise der Wettbewerbsfahrzeuge in einer ähnlichen Motorisierung, so liegt der VW Passat bei 30.875 Euro. Für einen Audi A4 muss man mindestens 36.000 Euro für einen 2.0 TDI hinlegen. Ähnlich sieht es bei der Mercedes C-Klasse aus, 36.500 Euro für einen C200d. Somit lässt sich festhalten, dass sich rein preislich die Giulia in eine Nische zwischen den Wettbewerb schiebt.




Exterieur

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Wie gewohnt und typisch für Alfa Romeo haben wir den schönen in V-Form gehaltenen Kühlergrill, der innen mit einer Wabenstruktur ausgekleidet ist. Die Frontleuchten, Standard in Halogen und optional mit Bi-Xenon, wirken in ihrer Schlitzform ziemlich aggressiv und in Kombination mit dem Kühlergrill spiegelt es die Sportlichkeit des Fahrzeuges wieder. Schön gelungen ist der Übergang von V-Form in die Sicken des Powerdomes auf der Motorhaube.

Eleganter wird es, je näher man sich dem Heck nähert. Zuerst verziert ein Chromrahmen (beim „Super“ enthalten) die Fenster. Serienmäßig haben wir bei der einfachsten Giulia Version 16-Zoll Felgen mit an Bord, bei der Giulia Super sind dies 17-Zoll, optional geht es natürlich größer, die maximale Größe der Felgen für die „zivilen“ Giulia-Versionen beträgt allerdings 18-Zoll, letztere auch auf den Fotos mit dem grauen Fahrzeug zu sehen. Hinten folgen die serienmäßigen LED-Heckleuchten, die etwas weniger aggressiv als an der Front wirken, aber ebenfalls das horizontale Design-Thema durchziehen. Das betont auch die Breite des Fahrzeugs. Das Heck besitzt schon bei der normalen Giulia eine kleine obere Kante, die noch einmal die Agilität hervorheben soll.

Bei der Quadrifoglio ist der Spoiler deutlich präsenter, ebenso unterstreichen vier Auspuffrohre und ein massiver Diffusor das Gefühl von Aggressivität. Des Weiteren sind in der Sport-Version serienmäßig 19-Zoll Felgen enthalten (in Schwarz auf den Fotos zu sehen), sowie das Quadrifoglio-Logo. Breite Karbonschweller und eine Tieferlegung um 15 mm verleihen der Quadrifoglio in der Seitenansicht den Rennsport-Look. Vorne ist der Unterschied zur „Super“ dagegen geringer, für etwas mehr Aggressivität sorgen hier ebenfalls Karbon-Lippen.

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Interieur

Während die günstigste Giulia-Version mit Stoffsitzen daherkommt, so bringt die „Super“ eine Stoff-Leder-Mischung mit sich. Bei der Quadrifoglio findet man serienmäßig eine Leder-Alcantara-Mischung vor. Die Sitze bieten ausreichend Platz und ermöglichen Bewegungsfreiheit. Für 3.500 Euro sind ferner für die Quadrifoglio noch Karbon-Schalensitze verfügbar, die wir auch zeigen und testen. Letztere haben mehr Seitenhalt und sind für straff gepolsterte Sportsitze ebenfalls noch bequem und langstreckentauglich. Auch hier gibt es eine Alcantara-Echtleder-Mischung, schade, dass man hier nicht auf echte Tierhaut verzichtet hat.

Beim Eintreten in den Innenraum fällt einem sofort auf, dass er sehr harmonisch wirkt. Wenige Knöpfe, wenige Designlinien, ein stringenter und sauberer Look, das gefällt uns. Auch wurden nun hochwertige Materialien verwendet und diese besser verarbeitet als bei allen anderen Alfa-Modellen der jüngsten Zeit. Einzig die Knöpfe in der Mittelkonsole wirken zum Teil ein wenig locker.

Das Lenkrad ist sehr kompakt gehalten, eine ideale Größe für Rennsport-Gefühl. Die Fahrinstrumente passen sich jeweils an den gewählten Fahrmodus an, so wird der zentrale Bildschirm rot bei der Wahl von Dynamic, weiß bei Neutral und gelb bei Advanced Efficiency. Kurz gesagt ergeben die drei Fahrmodi die Abkürzung DNA. Bei der Quadrifoglio kommt noch ein eigener Race-Modus hinzu, der die Traktionskontrolle herunterregelt.

Schön integriert ist das neue Infotainment-System, das nicht hervorsteht, sondern in eine ebene Fläche eingelassen ist. Leider ist es nicht mit Touch verfügbar, sondern muss stets über die Knöpfe an der Mittelkonsole betätigt werden. Die Reaktionszeiten könnten ein wenig schneller sein, vor allem beim Navi, das visuell nicht ansprechend ist. Dafür bietet es in der höchsten Ausbaustufe zuverlässige Stauinfos. Positiv fällt auf, dass es auch bei stark einfallender Sonne keine Probleme gibt, den Bildschirm zu erkennen. In der ersten Ausbaustufe ist der Screen 6,5“ groß, in der optionalen Variante (oder Serie bei Quadrifoglio) beträgt die Größe 8,8“.

Ein optional erhältliches Panoramadach kann noch mehr Licht in den Innenraum fallen lassen. Als weiteres interessantes Extra gibt es eine Lenkradheizung.

Im Fond bleibt für zwei große Erwachsene noch gut Platz, Kopffreiheit besteht etwa bis 1,90 m, Kniefreiheit ebenfalls. Dafür, dass die Alfa Giulia eine der kürzesten Mittelklasse-Limousinen ist, kommen wir hier zu einem passablen Ergebnis. Der Hartschalensitz verbessert das Ergebnis sogar nochmals ein wenig.

Der Kofferraum ist dagegen von der Geräumigkeit her eine Schwachstelle, außerdem lässt sich die hintere Rückbank nicht umklappen. Darunter leiden Ladefähigkeit und Praxistauglichkeit.

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Quadrifoglio

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Motoren

Für die normalen Giulia-Varianten stehen zum Markstart zunächst nur Dieselmotoren zur Verfügung.

Diesel

2.2 Liter mit 136 PS (folgt später, nur mit Schaltgetriebe)

2.2 Liter mit 150 PS
mit 6-Gang-Schaltgetriebe: 34.100 Euro
mit 8-Gang-Automatikgetriebe: 36.350 Euro

2.2 Liter mit 180 PS
mit 6-Gang-Schaltgetriebe: 37.400 Euro
mit 8-Gang-Automatikgetriebe: 39.650 Euro

Laut Hersteller Alfa Romeo verbrauchen die Motoren auf dem Papier 4,2 l / 100 km, wir messen bei unser Testfahrt 8 l / 100 km mit dem 180 PS Diesel, allerdings auch mit der ein oder anderen schnellen Fahrt.

Später soll auch noch ein 3.0 Liter Diesel folgen.

Benziner

Wer jetzt schon unbedingt einen Giulia Benziner fahren möchte, muss tief in die Tasche greifen, und zwar mindestens 71.800 Euro. Dafür erhält der Käufer die Quadrifoglio mit folgender Leistung:

2.9 V6 Bi-Turbo
510 PS (375 kW)
6-Gang-Schaltgetriebe oder (folgt später) mit 8-Gang-Automatik

Der vom Hersteller prognostizierte Verbrauch soll in der Topvariante bei 8,5 l/100 km liegen.

Später wird auch noch ein kleiner Turbobenziner erhältlich sein:

2.0 Liter mit 200 PS

Fahrverhalten

Beim Fahren fällt einem sofort auf, dass Alfa mit der Giulia im Premium-Segment angekommen ist. Hochwertiger Innenraum, gute Geräuschisolierung und agiles Fahrverhalten bilden eine gute Basis. Der Diesel ist als Diesel am Geräusch zu erkennen, bietet aber gute Fahrleistungen. Für die Autobahn hat man immer noch Kraftreserven mit an Bord. Die manuelle Schaltung ist knackig, liefert etwas Widerstand. Besonders ist die Lenkung, diese ist extrem direkt und erfordert kaum Kraft. Manchem wäre das vielleicht zu künstlich. Wir sind aber sehr zufrieden. Lediglich im höheren Geschwindigkeitsbereich müsste die Lenkung weniger empfindlich sein, denn ansonsten kann man die Lenkung zu einfach bei High-Speed verreißen.

Das Fahrwerk ist in der Giulia Super angenehm komfortabel, leichtes Kurvenneigen tritt bei schneller Fahrt auf. Ein gutes Alltags-Setup. Kopfsteinpflaster oder Schlaglöcher werden bereitwillig ausgeglichen. Die neue Alfa Giulia wird sich also bestens für Außendienstler eignen.

Bei der Quadrifoglio sitzt man dagegen etwas tiefer, zudem ist das Fahrwerk straffer abgestimmt. Hier ist mit der Kurven-Neigung dann Schluss. Trotzdem präsentiert sich die Quadrifoglio überraschend alltagstauglich, es kommen keine harten Stöße in den Rücken durch.

Die Performance zeigt sich so richtig, sobald der Turbo einsetzt. Dann entfaltet sie sich exponentiell. Ist man dann im Race-Mode unterwegs, kann man das Heck ohne Problem herumzirkeln – für die Straße natürlich nicht geeignet. Denn der Race-Modus deaktiviert die Stabilitätskontrolle. Für höhere Kurvengeschwindigkeiten bringt die Giulia Quadrifoglio ferner ein mechanisches Sperrdifferenzial samt Torque Vectoring mit.

Serienmäßig hat die Alfa Giulia einen autonomen Notbremsassistenten, Spurhalteassistenten, eine Cruise Control, Licht- und Regensensoren mit an Bord. Top! Sicherheitsfeatures wie z. B. der Toter-Winkel-Assistent oder ein Fernlichtassistent sind lediglich optional verfügbar und zwar im Rahmen des Assistenzpaketes. Ein Head-Up-Display ist leider nicht verfügbar.

Abmessungen

Länge: 4,64 m
Breit: 1.87 m
Höhe: 1,43 m

Fazit: Die neue Alfa Giulia ist für die Marke ein großer Wurft. Nicht nur die Fans sind begeistert. Heckantrieb, ein emotionales Design und eine nie dagewesene Interieur-Qualität, das ist das Rezept. Die Dreh-Drück-Schalter klicken zwar nicht so schön wie bei Audi, aber das kann man angesichts des großen Fortschritts und des ansprechenden Designs außen wie innen durchaus verkraften. Fahrdynamisch bietet die Alfa Giulia einen angenehmen Kompromiss aus Komfort und Sportlichkeit. Eigenart ist die extrem direkte Arcade-Lenkung. Das Platzangebot ist nicht üppig, geht aber in Ordnung. Unpraktisch ist lediglich der kleine Kofferraum ohne Durchlademöglichkeit. Ein Kombi steht bislang nicht in Aussicht, insofern muss man sich mit der Fokussierung auf den Fahrer zufrieden geben. Als Mittelklasse-Limousine zum Spaßhaben taugt die neue Alfa Giulia jedenfalls bestens. Rasant geht es dann mit der Quadrifoglio zu, die Power ohne Ende hat, aber zum Glück nicht knüppelhart abgestimmt ist. Der 2.0 Liter Turbo-Benziner wird allerdings auch gute Dienste leisten. Übrigens muss man sich über die Zuverlässigkeit vorerst weniger Gedanken machen, denn Alfa Romeo bietet nun in Deutschland vier Jahre Garantie.

Autogefühl: ****

Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Fotos: Autogefühl, Michel Weigel

Die Ur-Giulia

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