Der Willys MB, der Weltkriegsgeländewagen, der zwischen 1941 und 1945 gebaut wurde, ist der Urahn aller Jeeps. Abgelöst wurde er vom Jeep CJ (1944 – 1986), und schließlich kam 1987 der Jeep Wrangler auf den Markt. Seit 2007 steht er in der dritten Generation. In einem besonderen Test vergleichen wir das Urgestein mit dem aktuellen Modell in der 75th Anniversary Edition. Dazwischen liegen also nun 75 Jahre. Von Thomas Majchrzak
Exterieur
Der 3,32 m lange Willys MB diente der US Army als kleines geländegängiges Fahrzeug. Mit Design hat das natürlich nichts zu tun, vielmehr wurde das Fahrzeug so gebaut, dass es seinem Zweck diente. Charakteristisch für die gesamte Marke Jeep wurde dadurch der Kühlergrill mit den senkrechten Streben, kombiniert mit den runden Lampen. Grundsätzlich war der Willys offen, ggf. hatte er ein Stoffverdeck. Das interessante am Willys MB ist, dass jedes Teil eine Funktion hat, sonst wäre es nicht da. Hinter jedem Element steckt teilweise eine eigene Geschichte. So kann man die Windschutzscheibe herunterklappen, damit man den Willys auf den Kriegsschiffen stapeln konnte. Insgesamt wurden über 630.000 Stück gebaut, die Hälfte von Willys Overland, die andere Hälfte von Ford, damit die Stückzahl überhaupt erreicht werden konnte. Der Name soll übrigens dem Kürzel GP für governmental project entstammen, dass man schnell gesprochen (GP) dann Jeep genannt hat.
Der Jeep Wrangler hat die Ur-Form erhalten, Kühlergrill, Leuchten und der grundsätzliche Aufbau mit der steilen Frontscheibe erinnern immer noch an das Urgestein. Am Kühlergrill sind übrigens nicht mehr neun Streben, sondern nur noch sieben vorhanden. Das liegt daran, weil man für den zivilen Einsatz größere Scheinwerfer benötigte, da war nicht mehr genügend Platz für neun Streben. Seitenprofil und Heck formen einen Kasten, so geht kein Platz verloren und von Innen hat man eine gute Übersicht. Grundsätzlich ist ein 4,22 m langer Zweitürer und ein 4,75 m langer Viertürer erhältlich (Unlimited). Der Aufpreis für die größere Variante beträgt 3.000 Euro.
Für die 75th Anniversary Edition ist ein spezielles Sarge-Grün vorgesehen, also eine Militärfarbe, die an den Einsatz erinnert. Dazu kommen bronzefarbene Akzente, etwa an den Felgen, und spezielle Plaketten mit der Jahreszahl 1941. Auf die Motorhaube kommt ein Powerdome-Lufteinlass. Die Kotflügel werden verbreitert. Das Hardtop ist nicht in Schwarz, sondern in Wagenfarbe gestaltet.
Interieur
Das Interieur des Willys MB besteht aus einer Metall-Leiste, ein paar Instrumenten und einem sichtbaren Lenkgestänge mit Lenkrad, that’s it. Spannend ist die alte Technik wirklich, wenn man sie bedient. So legt man einen Schalter links unterhalb des Lenkrads für den Blinker um und muss ihn wieder manuell zurückstellen. Spannend sind die alten Plaketten, die sozusagen das Handbuch darstellen. Dort ist eine Kurzanleitung aufgezeichnet, etwa, wie die Gänge eingeleget werden. Ähnlich wie bei der Ente/2CV ist vorne links der Rückwärtsgang, ganz anders als bei den heutigen Fahrzeugen. Der erste Gang ist dann „links hinten“, der zweite Gang rechts vorne und der dritte Gang rechts hinten.
Das sieht im Jeep Wrangler natürlich ganz anders aus. Hier gibt es eine moderne Automatik. Auffällig sind die zwei großen runden Lüftungsdüsen am Armaturenbrett und die Haltestange auf der Beifahrer-Seite. Das Armaturenbrett ragt ferner leicht kastenförmig in den Innenraum hinein und wiederholt somit die Design-Thematik vom Exterieur. Fahrgästen entgegen kommt nicht nur die gute Übersicht, sondern auch die aufrechte Sitzposition auf allen Plätzen. Die Verarbeitung ist zweckmäßig, insgesamt sieht das Interieur schon überholungsbedürftig aus. So mischt man im Wrangler alt mit neu.
Auf die Rückbank kommt man im Zweitürer durch Umklappen der vorderen Sitze, dafür gibt es einen cleveren Mechanismus, bei dem der Sitz sich jeweils auch etwas hebt. Für große vier Erwachsene ist allerdings nicht wirklich viel Platz, da müsste man schon den Ultimate nehmen.
Die Ausstattungslinien teilen sich auf in Sport, Sahara und Rubicon. Los geht’s bei 36.000 Euro.
Sport enthält:
– Softtop
– Türen mit Kunststoff-Fenstern
– Klimaautomatik
– 18 Zoll Alufelgen
Für 5.000 Euro extra Sahara:
– Hardtop
– Türen mit Glasfenstern
– Besseres Audiosystem
– Freisprecheinrichtung
– Zentralverriegelung
Für 6.500 Euro extra gegenüber Sport gibt es die Rubicon-Variante mit allen Merkmalen von Sahara, allerdings weiterhin mit Softtop und mit einer Differenzialsperre sowie einer anderen Untersetzung (Rocktrac System anstatt Command Track).
Eine Sitzpolsterung in Stoff ist sinnvollerweise bei allen Varianten Standard.
Bei der 75th Anniversary Edition kommen die Sitze in der Kombination Stoff innen und Tierhaut außen/oben. Schade, hier hätte man auch einfach Kunstleder verwenden können. Auch die Akzente im Interieur sind hier in Bronze gehalten. Für den Offroad-Einsatz gibt es spezielle Gummi-Fußmatten.
Knapp 47.000 Euro muss man dann für einen Jeep Wrangler 75th Anniversary Edition hinblättern, das geht also schon ins Geld. Nur im Heimatland USA bekommt man solch einen schon für gut 35.000 Dollar.
Ganz besonders ist übrigens noch, dass man den Fußraum auswaschen kann, sogar mit einem Gartenschlauch. Dazu muss man nur die Fußmatten entfernen und die darunter liegenden Drainage-Stöpsel ziehen, damit das Wasser ablaufen kann. Praktisch! Dazu muss man aber die passende Version haben, in unserem Testwagen ist unter den Fußmatten ein Stoff verlegt, den man nicht einfach herausnehmen kann.
Motoren
Der Willys MB kam mit einem 2,2 Liter Benziner mit 60 PS. Daran kann man sehen, aus wie viel Hubarum man damals wie wenig PS geholt hat.
Der Jeep Wrangler ist 75 Jahre später deutlich anders aufgestellt:
3,6 l V6 Benziner mit 284 PS (8,1 Sek. 0-100 km/h)
2,8 l Diesel mit 200 PS (10,7 Sek. 0-100 km/h)
Beide Motoren haben Allrad und ein 5-Stufen-Automatikgetriebe.
In der Viertürer-Version ist der Wrangler jeweils gut eine Sekunde langsamer in der Beschleunigung.
Fahrverhalten
Eine Fahrt mit dem Willys MB ist ein echtes Erlebnis. Hier ist noch alles Handarbeit. Die Kupplung kommt spät, das Lenkrad will beherzt angefasst werden und die Bremse muss man richtig reinknallen, damit überhaupt etwas passiert. Und dann verzieht der Willys auch noch etwas das Lenkrad, wenn man bremst. Es ist also Vorsicht geboten. Auch die Koordination von Blinker-Schalter, schwergängigem Lenkrad und der ungewöhnlichen Schaltung erfordert Eingewöhnung. Aber nach einer Weile geht es immer besser. Vor allen Dingen darf man nicht vergessen, dass links vorne der Rückwärtsgang ist. Wenn man an einer Kreuzung anfährt, ist das schnell vergessen, weil Autofahren ja meistens nicht bewusst aus dem Kopf gesteuert wird, sondern vieles über Gewöhnung und Bauchgefühl läuft. In jedem Fall macht es riesig viel Spaß, den Willys MB offen zu fahren und bei schönem Wetter den Luftzug zu genießen. Bitte aber nur bei geringen Geschwindigkeiten, denn Sicherheitsgurte gibt es nicht.
Im Jeep Wrangler kann man ein wenig vom Gefühl des Urgesteins mitnehmen, gerade wenn man ihn zu allen Seiten öffnet. Die aufrechte Sitzpositon und der Comand View durch die aufrechte Frontscheibe ist geblieben. Und auch etwas vom alten Geist.
Der Jeep Wrangler fährt grundsätzlich mit 2WD/Heckantrieb, im 4WD-Modus werden dann alle vier Räder angetrieben. Schließlich steht auch eine Geländeuntersetzung zur Verfügung – und auch eine Bergabfahrhilfe. Davon brauchen wir im Straßenbetrieb nichts, im Heckantrieb lassen wir den großvolumigen Motor ruhig laufen und erfreuen uns der Souveränität. Das Fahrwerk ist auf Offroad ausgelegt und daher sehr komfortabel mit langem Federweg, durch den kurzen Radstand ist der Zweitürer aber auch durchaus freudig in der Stadt zu fahren. Die Lenkung ist, ebenfalls fürs Offroadfahren, nicht besonders direkt. Damit kann man abseits der Straße aber dann genauer dirigieren und das Lenkrad verschlägt nicht sofort, wenn Hindernisse von außen auf die Achse einwirken. Das Fahrgefühl ist insgesamt so ganz anders als bei jedem anderen SUV, der Jeep Wrangler hat wirklich etwas ganz eigenes. Etwas altmodisches, aber eben etwas sehr charaktervolles.
Abmessungen Jeep Wrangler
Länge: 4,75 m / 4,22 m
Radstand: 2,42 m / 2,94 m
Breite: 1,87 m
Höhe: 1,86 m
Zum Vergleich: Der Willys MB war 3,32 m lang und hatte einen Radstand von 2,00 m, was ihn sehr wendig machte.
Fazit: Der Willys MB ist wegen seiner Geschichte so interessant, und vor allen Dingen, weil jedes einzelne Teil eine eigene Story aufweist. Das Design das sich nur an der Funktion orientierte, wurde zur Legende. Heutzutage ist es ein Abenteuer, einen Willys MB zu fahren, dann ohne Sicherheitsgurte, ABS und Servolenkung ist das wirklich nicht einfach. Der Jeep Wrangler verbindet ein Abenteuer-Fahrgefühl mit moderner Technik, ohne eben schon ein ganz modernes SUV zu sein. Aber genau das schätzt die Zielgruppe. Es gibt zahlreiche SUVs, die günstiger sind, mehr Platz haben, komfortabler sind, praktischer sind, bessere Agilität haben, und so weiter. Aber der Jeep Wrangler transportiert ein ganz eigenes Fahrgefühl, das man tatsächlich mit „Auf ins Abenteuer“ bezeichnen kann, daher strahlt er diesen Charme aus. Leider ist das 75th Anniversary Modell hierzulande recht teuer. 2018 kommt die neue Generation Jeep Wrangler, wir sind gespannt. Was der Marke noch fehlt, ist die Elektrifizierung. Hier muss man künftig, aller traditioneller Werte zum Trotz, auch einen Augenmerk drauf legen. FCA-Boss Sergio Marchionne hat immerhin angekündigt, dass jede Konzernmarke in den nächsten Jahren Plugin-Hybride erhalten soll.
Produktion (Text, Foto, Video): Autogefühl, Michel Weigel & Thomas Majchrzak
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