Beim Supermotocross-Cup (SMX) in der Schalker Arena hat sich die Welt-Elite aus Supercross und Motocross versammelt, um eine neue Art Markenpokal auszutragen. Sowohl die US-Stars als auch die Europäer vom MXGP waren dabei erfolgreich. Eine spektakuläre Veranstaltung mit erstklassigem Racing, die noch ein großes Potenzial birgt. Denn dieses wurde bei der ersten Auflage noch nicht ausgeschöpft. Von Thomas Majchrzak
Erstes Supercross auf Schalke vor 15 Jahren
Es war vor gut 15 Jahren, im Dezember 2001, als im Eröffnungsjahr der Arena auf Schalke das erste moderne großflächige Stadion-Supercross auf deutschem Boden ausgetragen wurde. Ein nicht ganz passendes Rahmenprogramm und hohe Ticketpreise verhinderten einen allzu großen Zuschauer-Erfolg der Veranstaltung, mit 10.000 bis 15.000 Zuschauern war die Arena immer noch vergleichsweise leer – wobei Strecke und Racing viel Freude machten. Damals gewann der Amerikaner Kevin Crine, der Jahre später tragisch bei einem Autounfall verunglückte. Der wirtschaftliche Misserfolg führte dazu, dass das Event nicht wiederholt wurde.
Vergleich zu anderen Supercross-Events in Deutschland
Dagegen liefen die traditionellen und deutlich „älteren“ Supercross-Veranstaltungen in Dortmund, München, Stuttgart, Chemnitz und Leipzig munter weiter. Der große Unterschied: Diese Veranstaltungen sind räumlich deutlich kleiner, finden also nicht in Stadien, sondern in Hallen statt. In Amerika heißt das dann Arenacross. Durch die lange Tradition, das ausgereifte Programm und die Verwurzelung bei Zuschauer, Umgebung, Szene und Vereinen und der weitgehend festen Termine sind diese Veranstaltungen auch in Deutschland ein Kassenschlager und nicht nur in den USA, wo Supercross zu den beliebtesten Sportarten nach Football, Baseball und Basketball zählt. Zum Supercross Dortmund kommen an drei Tagen 30.000 Zuschauer in die Westfalenhalle (also gut 10.000 pro Veranstaltungstag). Eingebunden in das Programm ist stets auch eine Freestyle-Motocross-Show.
Top-Rennaction auch in der 125er-Klasse
Konkurrenz-Veranstaltung am selben Tag
Ebenso gibt es separate Events für FMX, etwa auch die Night of the Jumps in der Lanxess-Arena Köln, ausgerechnet am selben Veranstaltungs-Samstags wie der SMX Cup 2016. Mit über 10.000 Besuchern in Köln fehlten diese Interessierten in Schalke, so dass in die Gelsenkirchener Arena nur knapp 10.000 Zuschauer kamen – eine Enttäuschung. Zudem gab es keinen FMX-Anteil in Schalke, wie er sich z.B. bei den anderen SX-Events in Deutschland schon bewährt hat. Ein weiterer negativer Faktor waren die hohen Ticketpreise, die bei den „kleineren“ aber etablierten Supercross-Veranstaltungen deutlich niedriger liegen.
Man kann nur hoffen, dass sich der Veranstalter Youthstream, der auch den MXGP (Motocross-WM) managed, davon nicht beeindrucken lässt. Denn das Supercross auf Schalke hat ein großes Potenzial, wenn man aus den Organisationsfehlern lernen würde.
Internationale Top-Piloten mit Renn-Action
Denn abgesehen vom fehlenden attraktiven Rahmenprogramm war die Veranstaltung ein Erlebnis für jeden Super- und/oder Motocrossfan und allgemein Rennsportbegeisterte. Mit Ryan Dungey (USA), Marvin Musquin (FRA) und Zach Osbourne (USA) nahmen z.B. drei Top-Piloten aus der AMA Supercross und Motocross-Serie aus den Staaten teil, parallel waren die MXGP-Sieger Tim Gajser (SLO), Romain Febvre (FRA) und Jeffrey Herlings (NED) am Start. Dabei konnte dann nach dem jüngsten Motocross der Nationen wieder die Frage gestellt werden: Wer ist besser, die vorwiegend europäische Serie oder die US-Serie? In der Tat stellt sich erneut heraus, dass zwar in den USA noch mehr Top-Piloten fahren, weil dort die finanzielle Ausstattung der Teams deutlich besser ist, aber dass in Europa mittlerweile die Leistungsdichte auch so hoch ist, dass die Fahrer sich keinem Vergleich scheuen müssen – auch wenn die Strecke mit vielen Sandpassagen nicht primär auf einen US-Supercrossfahrer zugeschnitten war. Selbst Ryan Dungey gab im Interview später zu, dass die Strecke eine Herausforderung war, da sie sich aus Supercross- und Motocrosselementen zusammensetzte.
Dungey jagt Gajser
Strecke und Stadion-Setup: Optimal
Überhaupt ist die Veltins-Arena bestens für solch ein Event geeignet. Die Zuschauer sitzen sehr nah an der Strecke und können die Action hautnah miterleben. Dadurch, dass die Ränge nicht durch einen Graben o.ä. getrennt sind und die Strecke auch in der Mitte nicht allzu hoch gebaut wurde, konnte man ferner von so ziemlich allen Plätzen, selbst den niedrigen, den gesamten Streckenverlauf bestens beobachten. Die Strecke an sich bot ferner ausreichend Überholmöglichkeiten und auch verschiedene Kombinationen. Mit 700 Metern war die Strecke übrigens die bislang längste Supercross-Strecke in Europa. Für die Kommentierung sorgten übrigens auf Englisch das gewohnte MXGP-Team aus Paul Malin und Lisa Leyland, den deutschen Kommentar vor Ort übernahm der aus der ADAC-SX-Serie bekannte Altmeister Tommy Deitenbach.
Dungey und KTM gewinnen, Laufsiege für die Eurofighter
Die Rennen der Primär-Klasse (450er Viertakter) wurden in drei Läufe unterteilt. Den ersten konnte Tim Gajser für sich entscheiden, den zweiten Romain Febvre und den dritten Jeffrey Herlings. In allen drei Rennen lieferten sich die Piloten einen harten Fight um die Positionen. Der Gesamtsieg von Tim Gajser wurden nur durch ein Sturzpech im zweiten Lauf verhindert. Stattdessen schnappte sich Ryan Dungey mit der konstantesten Leistung (Platzierungen 2/3/2) den Gesamtsieg. Nicht ohne Grund wird er auch „The Diesel“ genannt – nach seiner „Laufruhe“ und konstanten Leistung. Frisch zurück von einer Bandscheibenverletzung fuhr Dungey wieder sein erstes offizielles Rennen, die Motocross-Saison hatte er aussetzen müssen, weil er sich ganz zu Anfang der AMA-MX-Serie verletzt hatte.
Spannend war übrigens auch die vorausgegangene Superpole, bei dem die Fahrer mit einer möglichst schneller Einzelrunde alleine auf dem Track ihre Startposition festlegen mussten.
Den neu geschaffenen Monster Energy SMX Cup für die Hersteller gewann KTM mit klarem Abstand vor Honda und Kawasaki. Überhaupt hatte KTM als Marke die Veranstaltung auch am ernstesten genommen und für die meisten Topstars gesorgt, somit keine Kosten und Mühen gescheut.
Außerdem gingen auch noch Nachwuchsfahrer mit 125er Zweitaktern ins Rennen. Die angstfreien jungen Wilden lieferten sich spannende Aufholjagden, die vom Publikum frenetisch belohnt wurden. Die Ergebnisse: 1. Mikkel Haarup (DEN, HUS), 2. Jeremy Sydow (GER, KTM), 3. Sander Agard-Michelsen (NOR, TM).
Ausblick
Youthstream möchte das SMX eigentlich als europäisches Pendant zum Monster Energy Cup in den USA aufbauen. Derzeit gibt es in Europa das Supercross in Paris-Bercy und auch ein größeres Event in Genua, dazu kommen die erwähnten Arena-Veranstaltungen, von denen Dortmund die größte ist. Ein potenzielles Riesen-Event wie das auf Schalke wäre langfristig genial, nur muss es sich erst etablieren und muss die Veranstaltung im organisatorischen Rahmen besser funktionieren und auch für die Zuschauer günstiger werden, etwa auch durch Familien-Angebote. Fahrer-Besetzung und Racing-Action waren erste Sahne und somit wäre es schade, wenn diese Idee untergehen würde. Insgesamt kann man sich übrigens nicht über mangelnde Zuschauer beklagen, denn das Event wurde in die ganze Welt zum Teil live übertragen und hatte somit weltweit eine immense Aufmerksamkeit, es übertrugen z.B. Eurosport, Motors TV und Fox Sports. Ferner erhielt das Event natürlich auch in Webvideos viel Beachtung. In puncto internationaler Publizität kann man den SMX Cup 2016 also als Erfolg werten. Und die Cross-Fans der Umgebung können nur auf eine Neuauflage hoffen.
Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Fotos: Autogefühl, Tim Majchrzak
Denn Rennverlauf kann man auch bei den Kollegen von Speedweek nachvollziehen, die Video-Highlights gibt’s hier:
Der ganz junge Nachwuchs durfte noch ein Holeshot-Race fahren
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