Aus dem niedlichen Kleinwagen hat Mini mit dem neuen Countryman ein bulliges Kompaktauto gemacht. Mit Platz für fünf Personen, ordentlichem Gepäckvolumen – und trotz der Länge von 4 Meter 30 fährt sich der Countryman immer noch so agil wie ein echter Mini. Erstmals wird es den Mini Countryman auch als Plug-In-Hybriden geben. Ein Auto, das nicht nur deshalb durchaus elektrisiert. Von Holger Majchrzak
Ich habe die Tage in einem Ur-Mini gesessen, diesem Kleinstwagen mit drei Metern Länge und 1.40 Breite. In dem man Schulter an Schulter gepresst hockt gefühlt knapp fünf Zentimeter über dem Asphalt, die Haare vom Himmel im Auto gestreichelt. Mit einem Wort: kein Auto, sondern ein Folterinstrument für Menschen mit Durchschnittsgröße.
Seitdem BMW Minis baut, ist das natürlich viel besser geworden wenn der Mini auch ein Kleinwagen, ein ziemlich teurer noch dazu, geblieben ist. Mit dem neuen Countryman ist Mini aber jetzt in der Kompakt-Klasse abgekommen. Der Wagen hat ungefähr die Abmessungen eines VW Golf, mini=klein ist da nahezu nichts mehr. Und das eröffnet dem Countryman auch ganz neue Marktchancen, da er jetzt als Familienauto genauso funktioniert wie als Freizeitgefährt, sogar als kompaktes SUV.
Exterieur
Wie auch der Fiat 500 hat der Mini ganz häufig den Ausruf gehört „Ach, wie niedlich“. Ein kleines, flaches Gefährt mit Kulleraugen, ein Design wie von Kinderhänden gezeichnet. Einzigartig, ja, aber eben niedlich. Nicht jeder möchte in so einer Kiste gesehen werden. Der neue MINI Countryman setzt da ein anderes Ausrufezeichen. Er ist in seiner Design-Grundform noch ein MINI, aber bullig, geradezu maskulin im Front-Ausdruck. Ich sag gerne: wie ein Mini, der ein paar Monate im Fitness-Studio Muskeln aufgebaut hat. Und zwar überall. Ein optisches Kraftpaket. Dieser Eindruck setzt sich von der Seite und am Heck fort wenn auch nicht so deutlich wie an der Front. Verglichen mit anderen Minis ist der neue Countryman der große, kräftige Bruder, mit dem man sich besser nicht anlegen sollte.
Interieur
Was innen sofort auffällt ist eine gewisse Zurückhaltung im Design. War der eine oder andere MINI der Vergangenheit eine Spielwiese für Design-Ideen, die auch immer zueinander passten, wirkt der neue Countryman nüchtern durchkomponiert. Der Blick fällt immer noch auf das große Rundinstrument in der Mitte, das jetzt erstmals wie ein Touchscreen zu bedienen ist. Darunter die Bedienung für Heizung und Klima, ein paar Kippschalter für Start/Stopp und wesentliche Fahreigenschaften wie eine Dynamik-Kontrolle. Das war es schon. Viel ist auch direkt am Multifunktionslenkrad zu bedienen. Soweit alles gut. Besonders positiv registrieren wir die Einstellung der drei Fahrmodi – normal/Mid, Sport und Green für umweltfreundliches, Sprit sparendes Fahren. Das stellt man an einem großen Ring rund um den Schalthebel/Automatikhebel ein. Ganz fix, ganz einfach. Einmal gemacht muss man da nie wieder hinschauen; eine geradezu perfekte Lösung.
Die Vordersitze sind optional sowohl für den Fahrer wie den Co-Piloten elektrisch einstellbar, bieten guten Halt und eine sehr komfortable Position. Das setzt sich auf der Rückbank fort, die für kürzere Strecken auch drei Erwachsenen Platz bietet, zwei Personen reisen damit auch ganz lange Strecken in den Urlaub. Der Fußraum hat vorne wie hinten enorm gewonnen, der Platz über den Köpfen ist mehr als reichlich; das hat uns mit am meisten überrascht.
Motoren
Ab März 2017 ist der MINI Countryman zunächst mit vier Motoren, zwei Benzinern und zwei Diesel, zu haben. Von 136 bis 192 PS. Auch mit den kleinen Motoren ist er gut bestückt und kommt flott voran. Beim alten Countryman wurden rund die Hälfte mit Allradantrieb verkauft; damit rechnet Mini auch weiter. Hauptmärkte für den Countryman sind in dieser Reihenfolge die USA, China, Großbritannien, Deutschland und Italien.
Ab Mitte des Jahres wird ein Plug-In-Hybrid erhältlich sein mit einem 136 PS Verbrenner und zusätzlich 88 PS über einen Elektromotor. Rund 40 Kilometer rein elektrisch soll der Countryman damit unterwegs sein mit einer Höchstgeschwindigkeit von 125 km/h. Ladezeit dafür etwa 2 Stunden 45 Minuten. Sind beide Motoren aktiv treibt der System Output von 224 PS den Countryman auf Top Speed von 198 km/h.
Wer noch flotter sein will muss zum sportlichen Spitzenmodell, dem Mini John Cooper Works Countryman greifen. Mit 231 PS und Top Speed von 234 km/h eine Granate auf der Straße allerdings auch mit großem Spritdurst. Der John Cooper Works Countryman ist nicht nur der größte sondern auch stärkste je gebaute Mini (abgesehen von speziellen Rallye-Versionen); der Hersteller verspricht echtes Race Feeling auf der Straße.
Fahrverhalten
Getestet haben wir die normalen Modelle zwischen 136 und 192 PS; jeweils mit den sehr gut funktionierenden Automatikgetrieben. Als Allradler ist der Countryman auch offroad sehr gut zu gebrauchen, kann dort viel mehr bewältigen als üblicherweise an schwierigem Gelände im Alltag anzutreffen ist. Größe und Bauhöhe sorgen dafür, dass der Countryman als kompakter SUV durchgeht.
Was die Straße angeht betont MINI ja stets das Go-Kart-Fahrgefühl der Autos, d.h. eine besondere Agilität, eine sehr direkte Lenkung, ein ganz besonderes, sicheres Kurvenverhalten selbst bei schneller Fahrt. Davon könnte man meinen sei einiges auf der Strecke geblieben beim Größenwachstum. Ist es aber nicht; der neue Mini Countryman ist was die Fahreigenschaften betrifft ein Mini alter Schule. Durch die bequeme erhöhte Sitzposition ist er jetzt auch ein Auto geworden, das für die lange Strecke taugt.
Ein ausgesprochen gutes Handling rundet den positiven Fahreindruck ab. Im neuen Countryman ist man ganz schnell zu Hause. Vom Fahranfänger bis zum ambitioniert sportlichen Fahrer passt der Countryman auf viele Bedürfnisse. Zumeist optional kann der MINI Countryman mit der ganze Palette moderner Assistenzsysteme bestückt werden, um Unfälle mit Fußgängern oder anderen Fahrzeugen zu vermeiden, bequem zu Parken oder mit einem Head-Up-Display informiert zu werden. Der MINI ist im kompakten Premium Bereich positioniert; da gehört das einfach dazu.
Abmessungen
Mit einer Länge von 430 Zentimetern, einer Breite von 182 und einer Höhe von 156 Zentimetern ist der neue Countryman wie gesagt das Größte, was Mini je auf die Straße gebracht hat. Das wirkt sich nicht nur auf den großzügig bemessenen Raum für die Passagiere vorne wie hinten aus, auch der Kofferraum genügt den Anforderungen der Kompaktklasse. Die Rücksitze sind im 40-20-40 Split umzuklappen und können auch deutlich nach vorne gezogen werden, um das Kofferraumvolumen zu vergrößern wenn nur zwei Personen auf den Vordersitzen befördert werden müssen. Insgesamt eine sehr schöne, praktikable Lösung, die die Vielseitigkeit des Autos unterstreicht.
Fazit: Der Mini ist, so meine persönliche Meinung, mit dem neuen Countryman erwachsen geworden. Das ist kein Kleinwagen mehr, sondern ein überaus konkurrenzfähiges Auto im kompakten Segment mit vielen netten Details. Im Vergleich zum Vorgänger hat MINI aber auch den Grundpreis um nahezu 4000 Euro angehoben, der Countryman startet bei 26.500 Euro und mit ein paar sinnvollen optionalen Ausstattungen ist man fix über 30.000 Euro abgekommen. Andererseits, der BMW X1, auf der gleichen Plattform wie der Mini gebaut, liegt noch einmal deutlich darüber. Und für den Preis gibt es ein Auto, dass optisch wirklich Premium Qualität ausstrahlt, immer noch einige einzigartige Ideen integriert und somit speziell die Individualisten unter den Autokäufern anspricht. Das alles könnte den Preis wert sein. Wer allerdings noch einen richtigen Mini sucht – nun, in der Produktpalette von MINI gibt es auch ein paar niedliche, kleine Autos.
Text: Autogefühl, Holger Majchrzak
Fotos: Mini
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