Fiat hat der Modellreihe 500L, also dem auf Kompaktklassen-Größe aufgeblasenen Cinquecento, ein umfangreiches Update verpasst. 40 Prozent aller Teile sind nach Herstellerangabe neu und die Bauvarianten wurden umbenannt. Vor allem der Innenraum wurde komplett überarbeitet. Wir werfen einen speziellen Blick auf den Fiat 500L Cross (ehemals Trekking). Von Holger Majchrzak
Generell 500L (L = für Large) und dann speziell Trekking und der Siebensitzer Living hießen bisher die Fahrzeuge der Baureihe. 500L, 500L Cross und 500L Wagon sind die neuen Bezeichnungen. Die Zielgruppen junge Stadt-Familie, Freizeitorientierte und Groß-Familie sind gleich geblieben für alle drei Typen. Gleich geblieben sind auch die Preise, neues Auto für das alte Geld. Aber die Käufer bekommen schon entscheidend mehr.
Exterieur
Das grundsätzliche, runde Design wurde praktisch nicht verändert. Warum sollte man an einer Ikone auch herumpfuschen, die in Ur-Form bzw. Grundgerüst seit 60 Jahren gut funktioniert mit ihrem freundlichen Gesicht und Streichelformen? Dem Basis-Typus 500L wurden im Vergleich zum Vorgänger ein paar mehr Chrom-Applikationen spendiert. Das erinnert ein wenig an die 50er Jahre, ist eine Mischung aus modern und Vintage Look. Aber nicht so viel, dass der 500L zur Bling-Bling-Kiste wird. Neu sind für die Reihe auch die Scheinwerfer und die Tagfahrleuchten.
Massiver umgestaltet wurde der 500L Cross. Ein angedeuteter Bullenfänger an der Front und weitere Kunststoff-Schutz-Elemente lassen ihn wuchtig erscheinen. Ganz klar kein kleines Stadtauto mehr, er soll die Botschaft von Freiheit und Abenteuer transportieren. Die Bodenfreiheit wurde um 25 mm erhöht. In zehn Metallic und Pastell-Typen mit drei Kontrast-Dächern gibt es den 500L. Das knackige Rot hat uns besonders gut am Cross gefallen, auch das Orange kommt schön rüber.
Insgesamt sind alle Varianten etwas in der Länge gewachsen, die lange Variante Wagon ist gut 10 cm länger als die anderen Versionen.
Interieur
Im Innenraum versuchten die Fiat Designer alles zu verabschieden, was irgendwie billig ausschaut, unstrukturiert, zusammengeschustert. Die Materialanmutung ist klar verbessert, das Cockpit zeitgemäß aufgeräumt und übersichtlich. Designer Danilo Tosetti spricht sogar von Premium-Touch. Vielleicht nicht ganz erreicht, aber für ein Auto von rund 20.000 Euro ist es auf jeden Fall im oberen Bereich angekommen. Besonders auffallend ein mächtiges Oval mitten im Armaturenbrett mit einem 7-Zoll-Touchscreen. Ein schöner Blickfang, ergonomisch angeordnet. Insgesamt ist das ein dickes Plus für das Auto – man setzt sich rein und fährt los, alles erklärt sich wie von selbst, sitzt an der richtigen Stelle. Das Wichtigste ist ohnehin am neu gestalteten Lenkrad zu bedienen. Das Instrumenten-Panel ist ebenfalls neu mit sehr großen Anzeigen – auch für die Navigation – und somit perfekt für die schnelle Information ohne lange den Blick auf den Verkehr zu verlieren. Wie es sich heute gehört, gibt es im 500L die Verbindung zu Apple Carplay und Android Auto.
Motoren
Nichts Neues bei den Motoren; es bleibt bei den Benzinern mit 95, 105 PS und 120 PS; Turbo-Dieseln mit 95 und 120 PS. Dazu zwei Gas-Motoren LPG und CNG. Elektro und Hybrid gibt es nicht – typisch für Autos dieser Kategorie. Die Hersteller glauben nicht, dass sich die damit ausgerüsteten und teureren Fahrzeuge verkaufen würden. Die Käufer seien zu preissensibel. Eine Argumentation, der man folgen kann. Auf Nachfrage nach einer zukünftigen Entwicklung schweigt sich der Boss der 500L Reihe, Giorgio Neri, aus. Nach Erfahrung heißt das zumindest, an einer elektrofähigen Plattform wird bestimmt im Hintergrund schon gearbeitet. Alle Autos haben Sechs-Gang-Frontantrieb. Der Verbrauch etwa des 120 PS Diesel wird mit 4,3 Litern / 100 km angegeben, realistisch sind dann effektiv gut 6 l.
Fahrverhalten
Wir sind den Fiat 500L Cross gefahren, für Deutschland wie wir glauben das interessanteste Modell. Auch wenn die meisten SUV oder Crossover den Asphalt nie verlassen, haben wir den Wagen auch auf Wiesen und Feldern, Schotter-, Wald- und Feldwegen getestet. Diese Aufgaben hat er klaglos gemeistert. Der 500L ist natürlich kein Geländewagen im üblichen Sinne und seine Fähigkeiten entsprechend limitiert. Die Abstimmung geht eindeutig hin zu komfortablem, gut gefedertem Fahren wie es bei einer Familienkutsche auch nicht anders zu erwarten ist. Der Top Speed von etwas über 180 km/h und der Sprint von null auf hundert in 11.5 Sekunden beim 120 PS Diesel unterstreichen das. Der Cross ist kein Auto für rasante Kurvenfahrten sondern ein seriöses Transportmittel.
Auffallend ist der Bau der A-Säule, die zweigeteilt ist und Platz für zwei weitere kleine Seitenfenster schafft. Auf den ersten Blick ungewöhnlich, weil der Fahrer so viel mehr Straße sieht; nach ein paar Minuten genießt man die freie Sicht. Insgesamt wirkt das Auto durch die großen Scheiben sehr luftig. Sitze und Fahrkomfort haben wir als der Preisklasse entsprechend wahrgenommen. Schön die leicht erhöhte Position der Rückbank; auch die rückwärtigen Passagiere genießen so das Raumgefühl des 500L.
Lobenswert die Bedienerfreundlichkeit und die Sicht auf die Instrumente. Den autonomen City-Bremsassistenten, der im 500L verbaut ist, mussten wir nicht in Anspruch nehmen. Aber gut, dass es ihn gibt. Der Kofferraum umfasst 455 Liter und ist ausgesprochen variabel eingerichtet, kann auf mehreren Ebenen zweigeteilt werden und es gibt im Zubehör eine Menge weiterer cleverer Ideen, das Abteil besser zu nutzen. Im 60/40 Split kann die Rückbank auch umgeklappt werden.
Abmessungen
Länge: 4,24 m (500L) 4,28 m (Cross) 4,38 m (Wagon) – bislang: 4,14 m und 4,35 m
Breite: 1,78 m
Höhe: 1,66 m
Radstand: 2,61 m
Fazit: Der 500L wird in mehr als 100 Ländern verkauft und das seit Markteinführung 2012 auch sehr ordentlich. Vor allem in Südeuropa ein Renner. Aber Fiat hat erkannt, dass die Zeit der Vans wohl in vielen Bereichen abläuft und immer mehr Käufer zu kompakten SUV oder Crossover-Modellen tendieren. Also haben die Turiner die 500L Baureihe passgenau modernisiert und wie wir finden auch auf ein höheres Level gebracht. Speziell der Cross kann im rasch wachsenden Segment der kompakten Vielseitigkeitsautos wirklich punkten.
Autogefühl: ***
Text: Autogefühl, Holger Majchrzak
Fotos: Clemens Hirmke