Porsche Panamera Sport Turismo vs Turbo S Hybrid

Ein Porsche Kombi? Unvorstellbar, hätte man noch vor einigen Jahre gesagt. Das dachte man auch mal über ein Porsche SUV. Heute verkauft Porsche mehr SUV als Sportwagen, und auch der neue Kombi namens Porsche Panamera Sport Turismo könnte zum Verkaufshit werden und die Panamera-Limousine überflügeln. Zeitgleich kommt das neue PS-Topmodell, und ungewöhnlicherweise ist die neue Panamera-Spitze ein Hybrid, der neue Porsche Panamera Turbo S E-Hybrid. Wir haben beide neuen Varianten getestet. Von Thomas Majchrzak

Zunächst generell zum Panamera: Die erste Generation (2009 – 2016) wurde bis heute 150.000 Mal verkauft. Der Name Panamera leitet sich von der mexikanischen Rennsportveranstaltung Carrera Panamericana ab, und diese Bezeichnung passt jetzt noch mehr wie die Faust aufs Auge, denn im Vergleich zur ersten Generation wird die Leistung nochmals gesteigert. Zudem reduzieren neue leichtere Motoren und die Karosserie mit mehr Aluteilen das Gewicht des Boliden. Der Aluminium-Anteil beträgt nun 45 Prozent, so ziemlich alles, was man von außen sieht, also die obere Schicht, besteht aus Aluminium. Zusätzlich wurde die Verwindungssteifigkeit erhöht.

Preislich beginnt die Basisversion bei 90.000 Euro (330 PS), mit Allrad 95.000 Euro. Der Porsche Panamera Sport Turismo beginnt dann direkt mit Allrad bei 98.000 Euro, der reine Kombi-Aufpreis beträgt also 3.000 Euro. Die Executive-Variante mit langem Radstand ist der Limousine vorbehalten, allerdings gibt es den Sport Turismo ansonsten in fast allen Motor-Varianten, also Basis (330 PS), 4S (440 PS), 4S Diesel (422 PS), Hybrid (462 PS) und Turbo (550 PS). Spitze der Modellreihe ist nun der Turbo S E-Hybrid mit 680 PS Systemleistung. Preis: 185.000 Euro.




Exterieur

Die Front des Porsche Panamera in der neuen Generation lehnt sich stärker an die markeninternen Kollegen an. Aus manchen Blickwinkeln von vorne mag man ihn sogar kurz mit einem 911er verwechseln. Die Porsche-Modelle rücken also, wie bei vielen Herstellern auch, optisch näher zusammen. Die Leuchten haben an Kante gewonnen, die Frontschürzen sind einheitlicher und horizontaler gezeichnet. In der Länge ist der neue Porsche Panamera um 3,5 cm auf 5,05 m gewachsen, 3 cm davon gehen auf den längeren Radstand zurück. Der Kombi / Sport Turismo hat dieselbe Länge, der Unterschied ist lediglich, dass die Dachlinie aufrecht bis zum Heckabschluss fortgeführt wird. Optisch tut das dem Fahrzeug keinen Abbruch, im Gegenteil. Immer mehr Stimmen melden sich, die den Sport Turismo sogar schöner finden als die Limousine. Felgen gibt es von 19 bis 21 Zoll. Der adaptive Heckspoiler fährt in drei Stufen aus, je nach Geschwindigkeit. Am Heck verbindet wie schon beim 911 Facelift oder beim 718 Boxster eine LED-Leiste die beiden horizontal gezogenen Rückleuchten. Der neue Porsche Panamera wirkt insgesamt eleganter und flüssiger, fast wie ein 911er mit langem Radstand.

Die Hybrid-Variante (sowohl V6 als auch V8) zeigt übrigens Kontraste in Acid Green bzw. Giftgrün, und zwar mit den Panamera-Schriftzügen seitlich und hinten sowie an den Bremszangen. Daran erkennt man dann den Hybrid von außen.

Beide Test-Fahrzeuge tragen übrigens die maximal erhältlichen 21-Zoll-Felgen, der Turismo die Farbe Saphir-Blau/Sapphire, der Turbo S Hybrid Kreide/Chalk.

Interieur

Das vom 918 Spyder inspirierte Lenkrad mit sportlichen Aussparungen ist der Fokus des Fahrers, zudem kann man hier den neuen Fahrmodus-Schalter bedienen, damit man nicht ins Infotainment-System während der Fahrt muss. Das serienmäßige Porsche Advanced Cockpit löst die klassischen Analog-Instrumente ab und stellt außer dem Drehzahlmesser rein digitale Elemente dar, bis hin zur Night-Vision-Camera. Interessant hierbei: Man ist in der Darstellung flexibler, z.B. ist die Standard-Darstellung wie bislang in fünf runde Instrumente geteilt, doch wenn man eine Navi-Route eingestellt hat und die nächste Kreuzung erreicht, wird auf den zwei rechten Elementen der Kartenausschnitt eingeblendet, damit man die Abbiegung nicht verpasst – und das in beiden rechten Rundungen, damit die Display-Fläche größer ist.

Auf dem neuen 12,3 Zoll großen Touchscreen in der Mitte lässt sich das zentrale Infotainmentsystem bedienen, insgesamt ist es doppelt so groß wie das bisherige Infotainment-System. Mit dieser Größe setzt der neue Panamera auch Maßstäbe für die gesamte Marke. Das Display ist nahtlos in das Armaturenbrett integriert, das sieht gut aus. Der Funktionsumfang ist allerdings derart umfangreich, dass man sich fragt, ob man nicht etwas zu viel des Guten getan hat. Immerhin: Je häufiger wir mit dem Panamera zu tun haben, desto mehr gewöhnen wir uns an den Funktionsumfang. Auf jeden Fall ist eine Vielzahl der Funktionen nicht mehr während der Fahrt ruhigen Gewissens zu verstellen, sondern man muss dem Auto vor der Fahrt eine Art personalisiertes Grund-Setting verpassen wie man es von vielen Computerprogrammen kennt. Gut gelöst ist, dass ein Wechsel der Fahrmodi, etwa von Komfort auf Sport, nicht nur über diesen Touchscreen möglich ist, sondern eben auch über den neuen Fahrmodus-Drehknopf direkt am Lenkrad. So ist diese häufig genutzte Funktion schnell und ohne Ablenkung vom Straßengeschehen einzustellen.

Durch die Modernisierungsmaßnahmen sind im Cockpit viele Knöpfe in der Mittelkonsole verschwunden, ersetzt von kapazitiven Berührflächen, die eine Vibrationsrückmeldung geben. Das räumt das Cockpit ordentlich auf, lässt aber noch genügend Direkt-Bedienmöglichkeiten. Die schwarze Hochglanzoberfläche sammelt allerdings sehr schnell Fingerabdrücke.

Die Sitzposition ist wie von Porsche gewohnt sehr sportlich und tief, die Sitze lassen sich elektrisch mit mehr Seitenhalt an Beinen und Schultern versehen. Insgesamt sind die Sitze eine Offenbarung was die Bequemlichkeit angeht, aber in der Preislage des Panamera auch zu erwarten. Zudem hat man ein offeneres Raumgefühl als in den Porsche SUVs. Leider gibt es für den Panamera noch keine Alternativen zu den serienmäßigen Tierhaut-Bezügen der Sitze, hierbei muss man dann wohl auf die GTS-Version mit Alcantara warten. Panamera Baureihen-Leiter Gernot Döllner verspricht allerdings, das Thema der nachhaltigen Sitzbezüge auf dem Schirm zu haben, vermutlich wird es also in absehbarer Zeit wie beim Tesla Model X auch einen veganen Innenraum in einem Porsche Oberklassemodell geben. Was man schon heute tun kann: Über das Porsche Exclusive Programm kann man Sonderwünsche abgeben, so dass man im Prinzip auch jedes Sitzmaterial bekommen müsste – man zahlt schließlich inklusive Extras weit über 100.000 Euro.

Im Fond bleibt im Sport Turismo noch mehr Kopfraum für große Erwachsene. Während es in der Limousine knapp wird, wenn man sich mit 1,90 m ganz nach hinten lehnt, hat der Sport Turismo hier mehr Freiheit zu bieten, selbst mit Panoramadach. Der Laderaum erhält eine elektrische Ladeklappe, die sehr weit nach oben öffnet. Zudem gibt es eine Rückbank statt Einzelsitze, also ein 2+1 Sitz-Setup. Die Rückbank ist auch umklappbar, beim Sport Turismo optional per Knopfdruck aus dem Laderaum, ein praktischer Vorteil. Das Ladevolumen beträgt im Porsche Panamera Sport Turismo 520 l bis 1.390 l. Wichtigster Vorteil des Sport Turismo ist die ebene Ladekante, die das Be- und Entladen deutlich erleichtert.

Das optionale Rear-Seat-Entertainment-System funktioniert über Android-Tablets, die entnehmbar sind, man kann diese also auch unabhängig als Tablet nutzen. Das Interessante an der Fahrzeug-Einbindung ist, dass man eine Porsche-Oberfläche behält, d.h. es schaut so aus, als würde man das zentrale Infotainmentsystem vorne bedienen. Somit bleibt man auch beim RSE in der Porsche-Markenwelt. Performance-Liebhaber können sich auch auf den Rücksitzen die Fahrdaten wie den Live-Tacho auf das hintere Tablet holen.

Die Hybrid-Varianten zeigen zusätzlich emotionale Details in Acid Green, etwa die Zeiger für Drehzahl und Chronometer. Im Infotainment-System taucht ein zusätzliches Menü auf für die Hybrid-Elemente und Fahrmodi.

Motoren

Folgende Turbo-Motoren kommen zunächst zum Einsatz, wobei die „4“ direkt Allrad bedeutet, den Sport Turismo gibt es nur mit Allrad. Insofern entfällt das Einstiegsmodell mit Heckantrieb, wie es bei der Limousine erhältlich ist.

Panamera Sport Turismo 4 mit 2,9 l V6 Benziner, 330 PS, 5,3 Sekunden 0-100 km/h, ab 98.000 Euro
Panamera Sport Turismo 4S mit 2,9 l V6 Benziner, 440 PS, 4,4 Sekunden 0-100 km/h, ab 120.000 Euro
Panamera Sport Turismo 4S Diesel mit 4,0 l V8 Diesel, 422 PS, 4,5 Sekunden 0-100 km/h, ab 124.000 Euro
Panamera Sport Turismo 4 E-Hybrid mit 2,9 l V6 Benziner, 330 PS plus Elektromotor = 462 PS, 4,6 Sekunden 0-100 km/h, ab 112.000 Euro
Panamera Sport Turismo Turbo mit 4,0 V8 Benziner, 550 PS, 3,8 Sekunden 0-100 km/h, ab 159.000 Euro
Panamera Turbo S Hybrid (nur Limousine) mit 4,0 V8 Benziner, 550 PS plus Elektromotor = 680 PS, 3,4 Sekunden 0-100 km/h

Alle Motoren werden mit dem neuen Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe versehen. Mit Sport-Chrono-Paket senkt sich die Beschleunigungszeit jeweils noch um 0,2 Sek, diese Zeiten sind hier berücksichtigt.

Was fällt auf? Die V6-Hybrid-Variante ist fast mit die schnellste und gleichzeitig die mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Ein klares preisliches Bekenntnis von Porsche zum Thema Hybrid, ebenso nun bei der Top-Variante.

Fahrverhalten

Die ab dem 4S serienmäßige Dreikammer-Luftfederung ermöglicht nicht nur sportliches, sondern auch komfortables Fahren. Der Panamera schwebt sozusagen über der Straße. Bei sportlichen Manövern bleibt er trotzdem rennstreckenkonform. Interessant: Gerade der Hybrid passt zu dieser Mischung. Insbesondere, wenn man rein elektrisch fährt, legt man eine ruhigere Gangart an den Tag. Das passt insgesamt zur luxuriösen Panamera-Fahrt. Da wir auch den normalen Turbo schon getestet haben, können wir sagen, dass dem Panamera noch mehr PS nicht unbedingt gut tun, die Basis-Versionen bzw. der V6-Hybrid sorgen schon für eine insgesamt harmonischere Mischung für dieses Fahrzeug.

Die Geräuschisolierung ist top, es bleibt also stets auch bei höheren Geschwindigkeiten sehr leise im Porsche Panamera Sport Turismo. Ob man den Kombi oder die Limousine fährt, fällt nicht ins Gewicht, das ändert nichts am Fahrverhalten. Der Panamera hat in allen Versionen ausreichend Kraftreserven und hat zusammen mit den SUVs deutlich mehr Langstrecken-Komfort als die Porsche-Sportwagen, darum wird er auch gekauft.

Vor allem bei einem schnellen Ampel-Start macht sich der direkte Input des Elektromotors bemerkbar. Schon rein elektrisch kann man die meisten Autos an der Ampel stehen lassen. Der E-Hybrid ist die passendste Motorisierung für den Panamera. Im E-Power-Modus kann man komplett elektrisch fahren, etwa wenn dies künftig in bestimmten Innenstädten vorgeschrieben wird (gerade in China). Der Hybrid-Auto-Modus kombiniert beide Antriebe und soll für eine möglichst hohe Reichweite sorgen. Und in den Sport-Modi brüllt der V8 dann los. Wer also die maximale Performance möchte, kann sie jederzeit haben. Effektiv erwischen wir uns aber wirklich dabei, dass wir immer im E-Modus bleiben und gemächlich die Ruhe genießen.

Über das Lenkrad sind der Elektromodus, der Hybrid-Modus, Sport-, und Sport-Plus-Modus anwählbar. Im Elektromodus fährt der Panamera E-Hybrid rein elektrisch bis zu einer Reichweite von maximal 50 km. Tritt man das Gaspedal jedoch komplett durch, springt der Verbrenner mit an. Hierzu hat Porsche einen Druckpunkt im Gaspedal installiert, den man mit etwas Übung auch spüren kann. Jedoch stellt sich die Frage: Wieso ist das nicht im Hybrid-Modus so und wieso bleibt der Panamera Hybrid im Elektromodus nicht komplett elektrisch, egal wie sehr man das Gaspedal durchtritt? Das ist eine Philosophie-Frage. Bei Porsche hat man sich dafür entschieden, den Kunden für den „Ernstfall“ die volle Performance zu geben. Ebenso sieht man das bei den Mercedes-Hybridmodellen. Andere Plugin-Hybride, etwa beim Mitsubishi Outlander, bleiben dagegen beim Elektrovortrieb im entsprechenden Modus.

Auf der Rennstrecke zeigt der Porsche Panamera Turbo S Hybrid für sein Segment unerreichte Leistungen. Die Karosserie schwankt kaum nach links und rechts, nur in engen Kurven merkt man das Gewicht, weil es einen nach außen schiebt. Wenn man bei 3/4 Gas noch mal durchdrückt, kommt noch mal ein massiver Schub. Der Elektromotor unterstützt dabei stets beide Achsen. Die Allradverteilung ist bei allen Panamera vorwiegend so gedacht, dass die meiste Kraft auf die Hinterräder geschickt wird, im leichten Fahrbetrieb vielleicht 10 % Prozent nach vorne. Je stärker man beschleunigt, desto mehr wird nach vorne geschoben, z.B. ein Drittel. Bei maximal der Hälfte ist Schluss.

Der 4S Diesel, den wir im Sport Turismo fahren, verbraucht im Test übrigens zwischen 6 und 7 Liter, das geht für die Größe des Fahrzeugs und für die Leistung wirklich in Ordnung. Mit dem Hybrid kann man allerdings ähnliche Werte erzielen, der Hybrid ist also, egal ob V6 oder V8, eine gute Alternative zum Diesel. Beim Thema Sound schwächelt der Diesel im Vergleich zum Benziner, die Leistung ist dagegen ebenfalls im Überfluss vorhanden.

Abmessungen

Länge: 5,05
Breite: 1,93 m
Höhe: 1,42 m
Radstand: 2,95 m
Leergewicht: 2.100 kg

Fazit: Der neue Porsche Panamera Sport Turismo ist eine konsequente Fortführung der Panamera-Ausrichtung. Ein praktischerer Porsche mit viel Platz und Langstreckenkomfort, der nun auch eine Alternative mit viel Laderaum zu den SUVs anbietet. Optisch funktioniert das Kombi-Konzept auf ganzer Linie, wir vermuten, dass der Sport Turismo langfristig sogar häufiger verkauft werden könnte als die Limousine, da wir viele Rückmeldungen bekommen haben, dass das Turismo-Heck sehr gefällt, häufig besser als das der Limousine. Und mehr Praxiswert bietet der Sport Turismo allemal. Ein weiterer entscheidender Punkt könnte auch die Rückbank sein, dass man im Sport Turismo im Prinzip auch fünf Personen mitnehmen kann anstatt vier bei den zwei Einzelsitzen im Fond der Limousine. Während Tesla nun alle Interieur-Varianten tierfrei macht, fehlen im Porsche Panamera weiterhin nachhaltige hochwertige Sitzbezüge. Im Fahrverhalten zeigt sich kein Unterschied zwischen Limousine und Turismo, hier steht Fahrkomfort und leises Gleiten an erster Stelle. Die enormen Kraftreserven müssen gar nicht abgeschöpft werden, daher ist ein Basis-Turismo oder die Kombination als V6-Hybrid sehr empfehlenswert. Der neue Porsche Panamera Turbo S Hybrid zeigt auf der Rennstrecke für die Größe des Fahrzeugs surreale Leistung, lässt sich wie ein Sportwagen über den Parcours bewegen. Über die Launch Control kann man ungeahnte Beschleunigungen erreichen. Interessanterweise ist es hier aber auch das rein elektrische Fahren, was wie schon beim V6-Hybrid so gut zum Panamera passt, dass man abgesehen vom Ausflug auf der Rennstrecke sehr gerne im rein elektrischen Modus unterwegs ist.

Autogefühl: ****

Text & Fotos: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Video: Autogefühl, Holger Majchrzak

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