Cupra Ateca, das spanische Kompakt-SUV mit 300 PS – Fahrbericht

Weil der aktuelle Leon erst Anfang 2020 vom komplett neuen Nachfolger abgelöst wird, hat sich Seat für das erste Modell seiner neuen Submarke Cupra das mittelgroße SUV Ateca ausgesucht. 300 PS, Mindestpreis 42.850 Euro und der Anspruch überragender Sportlichkeit und Dynamik – kann das auf Basis eines SUV überhaupt funktionieren? Sprich: Kann sich ein Cupra Ateca in ausreichenden Stückzahlen verkaufen? Von Thomas Imhof

Exterieur

Keine Frage: Schon im Stand macht der Cupra Ateca einiges her. Und macht deutlich, dass mit dem mittleren Vertreter der dreigliedrigen SUV-Palette der Spanier mehr passiert ist als nur der Austausch des Logos an Bug und Heck. Die sonst bei einem SUV schwarz lackierten Radlaufverkleidungen sind hier in Wagenfarbe lackiert, hinten versprechen gleich vier Auspuffendstücke mächtig Durchzug und die serienmäßigen 19-Zoll-Felgen verstärken den Eindruck großer Power weiter. Die Dachreling, die Einfassung der Seitenscheiben und die unteren Partien der Türschweller sind in glänzend Schwarz ausgeführt. Unser Testwagen war mit den besonders hübschen Felgen mit Kupfereffekt bestückt – sie werden von einem asiatischen Zulieferer per Hand lasiert und kosten 1100 Euro extra. Durch ihre Speichen lugt die für stattliche 2695 Euro Aufpreis erhältliche Brembo 4-Kolben-High-Performance Bremsanlage mit gelöcherten Scheiben hervor – wer nicht unbedingt jedes zweite Wochenende auf die Nordschleife will, kommt auch mit der serienmäßigen Anlage zurecht.

Am Bug fällt der Cupra Schriftzug am unteren Stoßfänger stärker ins Auge als das neue Cupra Logo, das sicher den allermeisten Betrachter zunächst noch rätselhaft vorkommen dürfte. Leider arbeiten die Seat-Designer in Martorell auch mit bei vielen anderen Herstellern so beliebten Fake-Details. So sind die großen und vergitterten Lufteinlassschächte im Frontspoiler ebenso ohne Funktion wie die schwarzen kleinen Rechtecke im Heckstoßfänger. Sie sollen wohl Luftauslassschlitze vortäuschen, doch die braucht – wenn überhaupt – eher ein Modell mit zum Überhitzen neigenden Heckmotor.

Sei’s drum – insgesamt steht der Cupra Ateca bestens da. Und vor allem noch so dezent, dass man sich als Besitzer nicht für eine krawallige Optik schämen muss.

Interieur

Der Cupra Ateca ist schon ab Werk sehr reichhaltig ausgestattet – nur wer es wie beim Testwagen darauf anlegt, kann den Grundpreis von 42.850 Euro auf über 52.000 Euro hochtreiben. Zu den von Autogefühl empfohlenen Options zählen definitiv die Schalensitze mit integrierten Kopfstützen, Sitzheizung, Mittelbahnen in Alcantara, Außenwangen aus Kunstleder und elektrischer Verstellmimik auf der Fahrerseite. Sie sind nicht nur tierfreundlich, sondern bieten hervorragend Seitenhalt speziell im Schulterbereich und allgemein einen guten Sitzkomfort. Und gut aussehen tun sie obendrein.

Man sitzt leicht erhöht auch im sportlichsten Ateca; der Qualitätseindruck bewegt sich auf dem Niveau der Konzernschwestermarke Skoda. Überall gibt es kleine Cupra Details – auf dem unten abgeflachten Lenkrad, auf den Türschwellern, in den Kopfstützen, beim Starten des Autos im zentralen Display und sogar auf dem Schlüssel. Früher hätten die Designer einem solchen Sportmodell sicher eine kleine Reihe von analogen Zusatzinstrumenten spendiert. Was heute aber allein platztechnisch unmöglich ist, sitzt doch in der Mittelkonsole der im Cupra Ateca 8 Zoll große Touchscreen des Infotainmentsystems.

Doch dank moderner Technik lassen sich auf dem Display dennoch bis zu fünf virtuelle Runduhren einspielen: Für die Momentanleistung des Motors in kW, die G-Kräfte,den  Ladedruck sowie die Kühlmittel- und Motoröltemperatur. Welche drei – denn mehr haben nicht nebeneinander Platz – eingeblendet werden, kann man über vertikale Wischbewegungen über das jeweilige Anzeigefeld selbst aussuchen. Zusätzlich gibt es auch noch eine Stoppuhr-Funktion und – im Offroad-Modus – einen Kompass, eine Anzeige für den Lenkeinschlag der Räder und ebenfalls die Wasser- und Öltemperatur. Viele Spielmöglichkeiten also.

Damit nicht genug, kann man im Cupra Ateca auch das voll digitale Kombiinstrument in fünf Stufen individuell konfigurieren – von einer reduzierten Anzeige nur mit Drehzahlmesser (Foto) bis zu einer Darstellung, bei der die Navigationskarte den ganzen Platz ausfüllt.

Die Raumausnutzung im Ateca – und das trifft natürlich auch auf die zivileren Varianten zu – ist exzellent. Der Seat/Cupra Ateca basiert zwar auf der MQB-Plattform des VW Konzerns, ist aber mit 4,36 Meter kürzer als VW Tiguan und Skoda Kodiaq. Auch der Radstand ist mit 2,63 Meter knapper bemessen. Dennoch bietet der Cupra Ateca auch im Fond selbst für Sitzriesen ausreichend Kopf- und Beinfreiheit. Eine fünfte Person kann zumindest auf kürzeren Strecken durchaus bequem mitfahren. Doch ist die Ausformung der Rückbank eher auf die Mitnahme von zwei Erwachsenen ausgelegt. Für das Gepäck ist auch noch genügend Platz: 485 Liter – aufgrund des Allradantriebs 25 Kilo weniger als bei den Typen mit Frontantrieb – stehen zur Verfügung. Beim Umklappen der Rücksitze entsteht zwar eine kleine Stufe, aber dafür gelingt das Beladen dank niedriger Ladekante ziemlich easy. Noch einfacher mit der elektrisch zu betätigenden Heckklappe, die dafür fälligen 510 Euro Aufpreis sind gut angelegtes Geld.

Motor

Der Cupra Ateca wird vom leicht modifizierten Zweiliter-TFSI des Leon Cupra angetrieben. Er leistet mit Turboaufladung glatte 300 PS, die über ein neu abgestimmtes 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe (DSG) variabel auf nur eine oder (bedarfsgerecht) beide Achsen übertragen wird. Geschaltet wird – wie bei einem solchen Sportmodell nicht anders zu erwarten – entweder voll automatisch oder per manueller Schaltgasse oder – was am meisten Spaß macht – mit Schaltwippen am Lenkrad. Das Triebwerk ist ein Ausbund an Temperament: Schon ab 2000 U/min liegt das maximale Drehmoment von 400 Nm an, wodurch der Standard-Sprint von 0 auf 100 km/h auf 5,2 Sekunden zusammenschrumpft.

Je nach gewählten Fahrmodus – zu regeln über den Drehschalter rechts von der elektrischen Handbremse – reagiert das Triebwerk a) spontaner und b) akustisch präsenter auf Gaspedalbefehle. Im Sport- und Cupra-Modus werden die Gänge höher ausgedreht, beim Runterschalten gibt es einen kurzen Zwischengas-Stoß und den Gehörhängen schmeichelt beim Gaswegnehmen ein allerdings eher dezentes „Down-Fire“. Schon gibt es Kunden, die sich zumindest im Cupra-Modus etwas mehr audiophiles Drama wünschen. Und man prüft gerade bei Seat, ob man sie erhören soll! So oder so bleibt positiv zu erwähnen: Der Auspuffstrang des Cupra Ateca arbeitet ohne einen Soundgenerator, sondern produziert aus sich selbst heraus authentische Arbeitsgeräusche.

Beim Thema Verbrauch sollte schon vor dem Kauf einleuchten, dass ein 1,6 Tonnen schwerer SUV mit 300 PS kein Ausbund an Sparsamkeit sein kann. Auf unserer Verbrauchsstrecke mit gemischten Anteilen Stadt/Landstraße/Autobahn genehmigte sich der Cupra Ateca 10,9 Liter auf 100 Kilometer; der Langzeitverbrauch über fast 3.000 Kilometer betrug laut Speicher 11,1 Liter. Lediglich bei entspanntem (und dann nahezu geräuschlosem) Cruisen auf ebener Autobahn und niedriger Drehzahl oder auf flüssig zu fahrenden Landstraßen fällt der Verbrauch bis an den Bereich mit einstelligen Werten. Da der Tank nur 55 Liter fasst, ist auch der Aktionsradius auf kaum mehr als 500 Kilometer begrenzt.

Fahrverhalten

In diesem Kapitel muss nun die Kardinalfrage beantwortet werden: Taugt ein SUV zum „Sportwagen“? Um die Antwort ausnahmsweise vorwegzunehmen: Ja. Seat schafft hier den Spagat, ein Auto mit SUV-typischer, sprich leicht erhöhter Sitzposition so dynamisch abzustimmen, dass es sich gefühlsmäßig eher wie ein sportliches Hatchback fährt. Dazu tragen gleichermaßen die übrigens auch beim Einparken sehr nützlichen kompakten Abmessungen, die sehr exakt und spontan ansprechende Lenkung und das trotz 19-Zoll-Felgen erstaunlich harmonische Fahrwerk bei.

Die adaptive Fahrwerksregelung DCC trägt ein gerütteltes Maß dazu bei, dass sich der Cupra Ateca bei forscher Fahrt sehr neutral verhält und keine spürbare Wankneigung aufbaut. Im Gegenzug ist es aber auch möglich, den Cupra Ateca ohne bis in den verlängerten Rücken vordringende Stöße über schlechte Wegpassagen zu bewegen. Nur im Sport und Cupra-Modus dringen solche Unebenheiten dann spürbarer nach innen. Im Comfort-Programm macht sich nur eine Eigenschaften etwas störend bemerkbar – beim starken Beschleunigen aus dem Stand hebt sich der Vorderbau über Gebühr stark aus seinen Federn. Ein Verhalten, das im Sport- und Cupar-Modus deutlich dezenter ausfällt.

Insgesamt muss man den spanischen Fahrwerksingenieuren aber einen tollen Job bescheinigen. Viel mehr ist auf Basis dieses Grundkonzepts wohl kaum zu erreichen.

Abmessungen

Länge: 4,37 m
Breite: 1,84 m (ohne Außenspiegel)
Höhe: 1,61 m
Radstand: 2,63 m
Gewicht: 1.615 kg

Fazit

Mit dem Cupra Ateca nimmt Seat aktuell eine Alleinstellung ein – doch Nachahmer dürften schon in den Startlöchern stehen. Das seit Dezember 2018 erhältliche Topmodell der Ateca-Baureihe findet laut Seat-Sprecher Dennis Bach erstaunlich breiten Zuspruch. Immerhin 18 Prozent aller deutschen Ateca Kunden entscheiden sich (Stand Mai 2019) für das mindestens 42.850 Euro teure Topmodell. Für einen Ateca ist das eine Menge Geld, doch wer diese einmalige Kombination aus SUV-Praktikabilität und fast schon GTI-artigem Handling wirklich goutiert, wird diese Summe ausgeben wollen. Zumal in Relation ein nur 245 PS starker Porsche Macan erst ab knapp 59.000 Euro anfängt. Dass auch der Benzinverbrauch nicht wirklich zeitgemäß ist, wird er ebenfalls verschmerzen.

An dieser Stelle noch ein Wort zu den Extras: Neben den erwähnten Schalensitzen empfiehlt Autogefühl die elektrische Heckklappe und das Fahrassistenz-Paket V mit Querverkehr-/Spurhalte-/Stau-/Totwinkel- und Verkehrszeichen-Assistent – macht zusammen 3.360 Euro zusätzlich. Die erwähnte Brembo-Bremsanlage fällt ebenso wie die „Copper-Felgen“ (siehe Foto oben)) und das Soundsystem von Beats (Foto unten) unter die Rubrik nice to have. Eine Überlegung wert ist dagegen die Möglichkeit, die zweijährige Werksgarantie gegen Aufpreis zu verlängern. Die beste Kombination ist hier das Paket „Verlängerung um drei Jahre und maximal 100.000 Kilometer“ für 599 Euro.

Insgesamt sieht sich Seat mit der neuen Submarke Cupra gut gestartet. „Schon seit Einführung des Leon Cupra ST verzeichnen wir eine starke Abwanderung von Premium-Marken. Unter den Leasing Rückläufern sehen wir viele Audi SQ5 oder BMW X3 M, aber auch viele Mercedes. Die Kunden wollen zu einem Drittel des Preises ein Auto, was nicht ganz so viel Power hat und zugleich auch kompakter ist als ihr zuvor favorisiertes Modell“, weiß Seat-Sprecher Bach. Und griffen daher unter anderem auch zum Cupra Ateca, dem es bislang noch an direkten Konkurrenzmodellen fehlt.

Derweil stehen die nächsten Cupra Kampfstiere schon im Ring: Auf dem Genfer Salon 2019 enthüllt hat Seat bereits eine Coupé-Studie auf Ateca-Basis namens Cupra Formentor. Ausgestattet mit einem 245 PS starken Plug-in-Hybridantrieb, der wohl auch den Sprung in die Serie schaffen wird und dann vermutlich ähnlich hohen Fahrspaß bei niedrigeren Verbräuchen ermöglichen wird. Noch in diesem Jahr kommt auch eine Special Edition des Cupra Ateca auf den Markt – mit ebenfalls 300 PS, aber noch exklusiveren Details. Und vom neuen Leon dürfte eine Cupra Version – dann korrekt Cupra Leon statt Leon Cupra – gesetzt sein.

Autogefühl: ****

Text: Autogefühl, Thomas Imhof
Fotos: Autogefühl