Nach dem ersten Seat Leon Cupra Test auf der Straße wollen wir dem neuen Kompakt-Sportler nun auf den Zahn fühlen. Mit einem professionellem Rennfahrer hat es der Cupra schon auf unter 8 Minuten auf der Nordschleife gebracht – wie renntauglich ist er für den Otto-Normalverbraucher? Ein Racing-Test auf dem Nürburgring. von Thomas Majchrzak
Gewöhnlich auf der Straße sind wir den neuen Seat Leon Cupra 280 schon jüngst gefahren. 280 steht dabei für 280 PS, das Top-Modell mit 350 Nm Drehmoment und 5,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h.
Wer es 1.300 Euro günstiger haben möchte, kann auch nur 265 PS nehmen, die Sinnhaftigkeit sei dahingestellt. Was unterscheidet sich da ansonsten noch? Die Felgen-Größe zum Beispiel, der 280er hat 19 Zoll, der 265er „nur“ 18 Zoll.
Preisübersicht Seat Leon Cupra 3- und 5-Türer
3-Türer (Seat Leon SC Cupra)
265 PS: ab 30.810 Euro
280 PS: ab 32.110 Euro
5-Türer (Seat Leon Cupra)
265 PS: ab 31.310 Euro
280 PS: ab 32.610 Euro
Zum Vergleich übrigens der Basispreis für den etwas schwächeren Golf GTI: 28.675 Euro.
Der Preisunterschied beim Seat Leon Cupra zwischen drei und fünf Türen beträgt dabei lediglich 500 Euro, eine sicherlich lohnende Investition, die die Praxistauglichkeit des Autos steigert und dem Design wirklich nicht schadet.
In unserem Rennstrecken-Test fahren wir ebenfalls den Fünftürer, in der Top-Version 280. Raus geht es aus der Boxengasse der Grand-Prix-Strecke in der Eifel. Die erste scharfe Rechtskurve nehmen wir mit Bravour, und zwar ohne die Hände aus der 3-Uhr-9-Uhr-Stellung vom Lenkrad zu nehmen. Denn dank der Progressiv-Lenkung, die auch im Golf R verbaut ist, nimmt der Einschlag der Räder progressiv mit dem Lenkeinschlag zu. Also weniger stark einlenken für mehr Lenkbewegung. Das ist gerade auf der Rennstrecke wichtig, wo man das Lenkrad jederzeit fest im Griff haben muss.
Bei der Anfahrt zum südlichen Teil des Nürburgrings, der Müllenbachschleife, treten wir richtig aufs Gas und lassen den Seat Leon Cupra mit seinem Doppelkupplungsgetriebe zackig in den höheren Tempobereich hochschnurren. Das DSG ist hier eine Wohltat, so kann man sich ganz aufs Lenken konzentrieren. Beim Bremsen meldet sich zudem die Auspuffanlage mit dem Zwischengas – schade, dass man auf der Rennstrecke das Fenster immer geschlossen halten soll, sonst würden wir den Sound noch hören.
Allgemein fühlt sich der Seat Leon Cupra auf der Rennstrecke erstaunlich „normal“ an, und das ist auch sein Geheimrezept: Es handelt sich um ein gänzlich ausgeglichenes Auto ohne extreme Auswüchse im Fahrverhalten, nur weil es sich um eine Sportversion handelt. Das Fahrwerk ist straff genug für die Rennstrecke, wird dabei aber nicht unkomfortabel – selbst, wenn wir kurz vor Start und Ziel in der NGK-Schikane über die Curbs rattern.
Grundsätzlich heißt das: Man muss kein Rennfahrer sein, um den Seat Leon Cupra schnell bewegen zu können. Für eine ambitioniertere Fahrweise hingegen könnten die Sitze mehr Seitenhalt bieten. Gerade im Oberschenkelbereich sind sie für eine Renn-Ausführung doch etwas zu flach. Sehr gefallen tut uns dagegen die Zweifarbigkeit des Leders, die Ränder sind vorne und auch im Fond grau abgesetzt.
Auf der langen Geraden geben wir noch einmal richtig Gas, erreichen fast Tempo 200, schnuppern Grand-Prix-Luft und freuen uns auf die nächste Runde.
An diesem Wochenende dürfen wir auch einen Blick auf das erste Rennen des Seat Leon Eurocups erhaschen, bei dem der Seat Leon Cupracer zum Einsatz kommt (Gewicht 1.150 kg, Leistung 330 PS). Der offensichtlichste Unterschied ist dabei gar nicht mal das Design, sondern die Lautstärke: Während der Cupracer einen ohrenbetäubenden Lärm macht, ist die Serienversion dagegen geradezu zahm.
Und so entführen wir den Seat Leon Cupra 280 noch einmal auf die Straßen der Eifel, um ihn im gewöhnlichen Terrain zu testen. Hier bestätigt sich der Eindruck, dass das Fahrwerk keineswegs zu unkomfortabel ist. Lediglich wenn innerhalb einer schnellen Kurve auch Bodenunebenheiten auftreten, macht sich das straffere Fahrwerk unangenehm bemerkbar – bietet aber gleichzeitig auch mehr Stabilität.
Das Sportlenkrad bietet einen klasse Griff und das abgeflachte Ende genügend Raum für lange Beine – und es sieht natürlich noch schicker aus. Ansonsten ist der Seat Leon Cupra 280 innen wie außen eher unaufgeregt im Vergleich zur normalen Ausstattung. Understatement ist hier angesagt, Proll ist out.
Denn der Seat Leon Cupra 280 bietet ein primär durch die Headlights geprägtes dynamisches Design, das gleichzeitig sehr stilvoll bleibt und nur dezent mit den sportlichen Akzenten wie den roten Bremssätteln, der zweiflutigen Auspuffanlage oder dem Heckdiffusor wirbt.
Selbst im Fond bleibt genügend Raum für Erwachsene, und so bleibt uns als Fazit: Der Seat Leon Cupra ist voll alltagstauglich, kann wenn gewünscht weitgehend unauffällig bleiben, glänzt aber gleichzeitig mit seinem Design und Power-Potenzial. Ein ideales Auto, um am Wochenende die ein oder andere Runde im Touristenverkehr auf der Nordschleife zu drehen, und dabei auch schon die Anreise in die Eifel zu genießen. Lediglich wer einen puren Sportler sucht, wird hier nicht fündig. Dafür bietet der Seat Leon Cupra noch zu viel Annehmlichkeiten für den Alltag – was für Zielgruppe und Einsatzgebiet auch vollkommen richtig ist.
Autogefühl: ****
Text/Foto/Video: Autogefühl, Thomas Majchrzak
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