Der neue Porsche Cayenne GTS kommt nun per Downsizing mit einem V6 Bi-Turbo statt V8, beschleunigt aber schneller als vorher. Wie bei den anderen Porsche-Modellen steht der Cayenne GTS für schwarze Elemente und einen kräftigen Auftritt, wie unser Fahrbericht zeigt. Von Thomas Majchrzak
Die erste Generation des Porsche Cayenne lief von 2002 bis 2010, die zweite seit 2010. In 2014 kam das jüngste Facelift, im Zuge dessen wurde auch die neue GTS-Version aufgelegt. Bislang waren VW Touareg und Audi Q7 Schwestermodelle (Die Karosserie von allen dreien wurde im VW-Werk Bratislava produziert), seit kurzem hat der Audi Q7 eine neue Plattform, die dann auch im Zuge der Zeit Touareg und Cayenne wieder dienen wird. Aber der Cayenne hat noch das ein oder andere Jährchen übrig im Modell-Zyklus, die neue Generation wird vermutlich 2017/2018 kommen.
In Deutschland werden 4/5 aller Cayenne als Diesel gekauft, wobei sich das Verhältnis angesichts der aktuellen Diesel-Unbeliebtheit eventuell etwas korrigieren könnte. Da kommt der neue GTS dann gerade recht. Was klar ist: Trotz der Einführung des kleinen Bruders Macan, wo man glauben könnte, dass dieser den Cayenne kannibalisiert, hat der Porsche Cayenne bei den Neuzulassungen in Deutschland um ein Drittel gegenüber dem Vorjahr zugelegt. Wohl unter anderem ein Effekt des Facelifts mit verstärkten Abverkäufen der Händlerzulassungen.
Den Porsche Cayenne GTS gab es bislang als 4,8 l V8 Sauger, nun hat Porsche fast überall die Sauger abgeschafft, jüngst schließlich auch beim 911er, bis auf Ausnahmen. So trägt auch der Porsche Cayenne GTS jetzt einen 3,6 l V6 Bi-Turbo, dafür mit 20 PS mehr (nun 440 PS). Der GTS muss sich schließlich traditionell immer noch leistungsmäßig etwas vom Cayenne S absetzen, wo nun beide Varianten den V6 haben. Dennoch besteht zwischen 81.000 Euro für den S und 98.000 Euro für den GTS ein eklatanter Preisunterschied. Wieso? Das liegt an der Ausstattung (und natürlich auch am Prestige), wir gehen ins Detail.
Exterieur
Der Porsche Cayenne GTS verfügt über ein sportlich abgestimmtes PASM-Fahrwerk (Porsche Active Suspension Management) mit 24 Millimeter Tieferlegung der Karosserie, mit der optionalen Luftfederung sind es 20 Millimeter. Serienmäßig ist eine Sportabgasanlage, die einen kernigen Sound liefert, per Knopfdruck sogar noch kräftiger. Der GTS erhält zudem größere Bremsscheiben als das S-Modell sowie größere Lufteinlässe und Spoiler vorn, stärker konturierte Seitenschwellern und Radhausverbreiterungen. Alle Schriftzüge sind in Schwarz gehalten, ebenso die 20-Zoll-Räder im RS Spyder-Design (statt 18 Zoll beim S) und die Auspuff-Endrohre. Auch die die Innenblenden der Bi-Xenon-Scheinwerfer und die LED-Heckleuchten sind abgedunkelt, ganz nach dem Motto: Be evil!
Grundsätzlich bleibt die runde Porsche-Front, die tatsächlich an einen höher gelegten 911er erinnert. Deswegen ist der Porsche Cayenne auch so erfolgreich. Er bietet Porsche-Design, aber den Komfort eines großes SUVs. Beim GTS-Modell sind in der Tat die Auspuff-Rohre am auffälligsten, denn diese verändern zusammen mit der Einfassung das Heck komplett, es wirkt eher kantig als rund. Wir finden, davon profitiert das Fahrzeug nicht, da ist die normale Version doch im Design stimmiger.
Ein Volltreffer ist dagegen die Sonderfarbe Karminrot (2.400 Euro extra), die für den GTS aufgelegt wurde und auch unseren Testwagen ziert. Ferner sehen wir an Sonderausstattung auf den Fotos die optionalen LED-Scheinwerfer und Keramikbremsen vorne und hinten für fast 9.000 Euro.
Interieur
Im Interieur, und das ist das Beste an den GTS-Modellen, dominiert Alcantara und nicht ausschließlich echte Tierhaut. Zunächst gibt es bei der Sitzform nicht die Standardsitze, sondern GTS-Sportsitze, die mehr Seitenhalt bieten. Diese tragen Alcantara auf den Sitzmittelbahnen (Echtleder an den Seiten). Wünschenswert wäre hier der Einsatz von Kunstleder, ebenso fürs Armaturenbrett. Ein GTS-Schriftzug findet sich auf den Kopfstützen. Auch für den Dachhimmel kommt Alcantara zum Einsatz, was für noch mehr Hochwertigkeit und Behaglichkeit sorgt. Für alle Cayenne-Modelle ist die Zwei-Zonen-Klimaautomatik serienmäßig. Speziell für den Porsche Cayenne GTS sind die Zierblenden Aluminium gebürstet statt Hochglanz-Schwarz (ansonsten optional per Paket buchbar). Nur das Navi geht leider extra, für knapp 100.000 Euro Fahrzeugpreis ein Makel, dass man hier so kleinlich ist. Weiterhin ungelöst ist auch der hakelige Blinker-Schalter, der komischerweise bei keiner anderen Marke des Volkswagen-Konzerns so viel Kraft zum Betätigen benötigt, wenn man ihn ganz einrasten möchte.
Im gezeigten Fahrzeug sind die Zierelemente aus Karbon, außerdem ist das Interieur-Paket GTS karminrot verbaut (2.200 Euro), das die Kontrastnähte z.B. an Armaturenbrett und Türinnenseiten rot färbt. Außerdem gibt es schick kontrastierende rote Gurte. Und es passt natürlich perfekt zur Außenfarbe.
Insgesamt kann man sagen, dass die Kombination karminrot außen und innen wohl zu den stimmigsten überhaupt zählt, ein echter Design-Volltreffer.
Das Cockpit gibt sich wie für den Cayenne gewohnt als eine Art Flugzeug-SUV, mit vielen Schaltern und Tasten in der Mittelkonsole, eingefasst von kräftigen Haltegriffen. Die Schalter muss man erst einmal lernen, es sind durchaus etwas zu viele. Dafür fühlen sich alle hochwertig an und klicken auch wohlig gefällig, wenn man sie betätigt.
Der Komfort auf den Vordersitzen ist Spitze, die GTS-Sitze bieten genügend Seitenhalt, ohne aber einzuengen. Zudem spart man sich mit der Alcantara-Sitzfläche die Sitzkühlung, auch die Sitzheizung wird beinahe überflüssig. Die Polsterung ist deutlich straffer als bei den Basis-Sitzen.
Im Fond, und das ist das Tolle an großen SUVs, kann man auch aufrecht sitzen, ein großer Vorteil gegenüber klassischen Limousinen. Knie- und Kopffreiheit gibt es selbst für über 1,90 m Körpergröße. Die hinteren Sitze sind fester gepolstert als die Vordersitze. Umlegen kann man sie an den Seiten, zudem kann man die Rücksitze im Verhältnis 1/3 2/3 auch nach vorne und hinten schieben, um den Laderaum zu vergrößern oder zu verkleinern. Eine Erweiterung der Laderaumabdeckung ist an die Sitze eingeknipst, das sieht wohl etwas sauberer dann aus. Aber wenn man die Sitze klappt, dann fliegt dieser Mechanismus raus und schnackt zurück.
Im Kofferraum gibt es ausreichend Platz, begrenzend ist eher die Höhe. Wobei wenn man kein Reserverad mit sich führt, dann bleibt unter der Abdeckung noch ein großer zusätzlicher Stauraum.
Motoren
Folgende Motorisierungen sind für den Cayenne grundsätzlich erhältlich:
Diesel
Cayenne Diesel, V6 3.0 l 262 PS (Einstiegsmodell mit 67.000 Euro Basispreis)
Cayenne S Diesel, V8 4.1 l 385 PS
Benziner
Cayenne, V6 3.6 l Sauger 300 PS (nicht in Deutschland erhältlich)
Cayenne S, V6 3.6 l Biturbo 420 PS
Cayenne S E-Hybrid, V6 3.0 l Kompressor + Elektromotor, gesamt 416 PS
Cayenne GTS, V6 3.6 l Bi-Turbo 440 PS
Cayenne Turbo, V8 4.8 l Bi-Turbo 520 PS
Cayenne Turbo S, V8 4.8 l Bi-Turbo 570 PS
Fahrverhalten
Der Porsche Cayenne GTS ist mit 5,2 Sekunden von 0–100 km/h nur eine Sekunde langsamer als der Cayenne Turbo, mehr Power braucht niemand in einem SUV. Zudem hat der GTS schon einen rassigen Sound, der sich bei Bedarf per Taste noch intensivieren lässt. Geschaltet wird über eine Achtstufen-Automatik Tiptronic S (klassischer Wandler), die Kraft wird über einen permanenten Allradantrieb auf die Straße gebracht.
Zum Kraftstoff-Sparen haben alle Cayenne-Modelle eine Segelfunktion, bei der das Fahrzeug nicht die Schubabschaltung mit Motorbremse nutzt, sondern das Fahrzeug automatisch im Leerlauf rollen lässt. Bringt das was? Kaum, wir kommen im realistischen Testverbrauch auf gut 17 Liter / 100 km. Downsizing hilft da offensichtlich nicht.
Das Fahrverhalten des Porsche Cayenne ist insofern einzigartig, als dass dieses Full-Size-SUV ein Höchstmaß an Komfort und hoher Sitzposition bietet, gleichzeitig aber keinerlei Sportlichkeit missen lässt. In der Regel kann man nur das eine oder das andere bekommen, der Cayenne bietet beides, gerade als GTS.
Eingefasst in die GTS-Sportsitze und vor dem kompakten Lenkrad mit Griffmulden, formen Fahrer und SUV eine Einheit auf der Straße. Das Fahrwerk bügelt alle Unbehaglichkeiten aus, vermittelt aber dennoch auf hohem Niveau guten Fahrbahnkontakt.
Mit dem GTS sollte man nicht Offroad fahren, weil die Sportauspuff-Anlage hinten eingefasst ist, der Cayenne dann 24 mm tiefer liegt und somit insgesamt deutlich an Bodenfreiheit verloren hat. Trotzdem gibt es Offroad-Fahrmodi, die man per Schalter auch zu einem zentralen Sperrdifferenzial und einem hinteren Sperrdifferenzial bringen kann. Wenn man doch mal irgendwo stecken bleibt.
Auf der anderen Seite gibt es verschiedene Sport-Fahrmodi. Grundsätzlich ist der GTS schon mal straffer als der Basis-Cayenne, dazu gibt es eine Sport und eine Sport-Plus Einstellung. Dabei werden auch Stellschrauben wie die Gasannahme geregelt, im Sport Plus Modus dreht der Cayenne GTS z.B. grundsätzlich höher. Die Fahrwerkseinstellung könnte man auch separat über Tasten regeln, ohne dass man die gesamten Sportmodi in Anspruch nimmt. Wie auch immer, in den Sport-Einstellungen wird der Cayenne GTS richtig straff und eignet sich zum Kurvenjagen. Cruisen in der Stadt wird damit allerdings zu unkomfortabel. Im Sport Plus Modus kann man bei rasanter Kurvenfahrt plus Beschleunigung sogar das Heck etwas herumkommen lassen, unglaublich sportlich für ein SUV.
Im Vergleich zum kleinen Bruder Macan übrigens vermittelt der Cayenne doch noch mehr ein hochsitziges und souveränes Gefühl, selbst wenn man nur auf dem Vordersitz Platz nimmt. Dafür hat der Macan natürlich die praktischeren Abmessungen (und ist z.B. als GTS fast 30.000 Euro günstiger).
Abmessungen
Länge: 4,84 m
Breite: 1,93 m / 2,16 m (mit Außenspiegeln)
Höhe: 1,70 m
Radstand: 2,89 m
Leergewicht: 2070 – 2315 kg
Kofferraumvolumen: 670 Liter – 1.705 Liter (umgeklappte Rückbank)
Fazit: Der Porsche Cayenne GTS ist der heimliche König der Baureihe. Denn er vereint wie kein anderer Cayenne die Werte von Komfort, Emotion und Sportlichkeit. Ein kräftigerer Auftritt außen, das GTS-Siegel, Alcantara im Interieur und mehr als genug Kraft, ohne gleich in astronomische Größen wie beim Turbo vorzustoßen. Trotzdem hat man hier den kräftigen Benziner, der sich immer besser anfühlt als der Diesel. Der Porsche Cayenne GTS verkörpert den Grund, warum der Cayenne heutzutage das meistverkaufte Porsche-Modell ist. Für alle, die die Sportlichkeit suchen, ist der GTS die richtige Wahl. Wer den Cayenne als komfortables SUV mit Porsche-Emblem möchte, der kann dagegen die softer gefederte Basis-Version nehmen.
Autogefühl: *****
Text & Fotos: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Kamera: Autogefühl, Michel Weigel
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