VW e-Crafter – 200 km Reichweite für e-Commerce

Der VW e-Crafter ist zwar (noch) ein Konzeptfahrzeug, soll jedoch schon mittelfristig den Elektroantrieb in die leichte Nutzfahrzeug-Sparte integrieren. Wir hatten die Möglichkeit, uns den leisen Transporter auf der IAA Nutzfahrzeuge in Hannover genauer anzuschauen. Von Michel Weigel

Im Rahmen der Weltpremiere kündigte der Vorstandsvorsitzende von Volkswagen Nutzfahrzeuge Eckhard Scholz an, dass bereits in 2017 die ersten e-Crafter an Kunden ausgeliefert werden könnten. Für gut 200 Kilometer Reichweite soll die Batterie (43 kWh) sorgen.

Die elektrische Reichweite ist, gemessen am derzeitigen Stand der Entwicklung, ein stolzer Wert, doch für den Fernverkehr eher unbrauchbar. Doch in welchen Einsatzgebieten soll der e-Crafter dann zum Einsatz kommen? Die Antwort ist einfach: Der innerstädtische Vertrieb von bspw. Paketen soll damit umweltschonender und leiser werden. Durchaus ein sinnvoller Schritt in Zeiten, in denen der e-Commerce weiter zunimmt und immer mehr Transporter in den Innenstädten herumkurven.

Der neue e-Crafter wird wie die Verbrenner-Versionen in Września (Polen) gefertigt. Der Grund hierfür ist, dass Europa (noch) den größten Absatzmarkt darstellt, Polen finanziell attraktive Rahmenbedingungen für VWN bietet und man die Nähe zu einem bestehenden Werk gesucht hat.





Exterieur

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Zwar handelt es sich immer noch um ein Konzeptfahrzeug, dennoch wird es dem tatsächlichen Fahrzeug ziemlich nahe kommen. Der Kühlergrill ist mit drei horizontalen Chromlinien und kantigen Frontleuchten ausgestattet. Im unteren Drittel findet man weitere Leuchten in einer C-Form – angelehnt an die Pkw-Elektrofahrzeuge von VW.

Die Seitenansicht und auch das Heck sind mit dem normalen Crafter identisch. Die gezeigte e-Crafter Version besitzt nur auf der rechten Fahrzeugseite eine Schiebetür, ansonsten kann man die maximal 11,3 Kubikmeter große Ladefläche auch über die zwei hinteren Türen erreichen. Langfristig wird der e-Crafter wohl auch in verschiedenen Aufbau-Versionen verfügbar sein, wobei die gezeigte Variante aufgrund des Einsatzzweckes für die Paketauslieferung wohl die gängigste sein wird.

Generell hinterlässt der Crafter von außen einen souveränen Eindruck, so wie es sich für ein Nutzfahrzeug gehört, denn schließlich geht es erst einmal um den Zweck und nicht um das Design. Trotzdem fügen die blauen Elektrodesign-Elemente einen modernen Touch hinzu, und in der kräftigen blauen Farbe sieht der e-Crafter richtig schick aus.

Interieur

Der e-Crafter zeigt im Inneraum wie am Exterieur blaue Designelemente. So gibt es blaue Kontrastnähte am Schaltsack und an der Innenseite des Lenkrads. Außerdem kommt statt einem Drehzahlmesser eine Rekuperationsanzeige hinzu.

Für die Gestaltung des Innenraumes haben die Mitarbeiter von VWN eng mit ihren Kunden zusammengearbeitet und versucht, möglichst alles unter einen Hut zu bringen. Somit hat die Türinnenseite nicht zwei Fächer, sondern gleich drei. Unterhalb des Armaturenbrettes befindet sich ein weiterer Stauraum bspw. für einen Zollstock. In das Handschuhfach können problemlos Ordner gesteckt werden. Wem dieser Platz allein in der Fahrerkabine nicht reicht, der kann auch die beiden Beifahrersitze hochklappen, dazu zieht man ganz einfach an einem kleinen schwarzen Gurt.

Wenn man schon von den Sitzen mit blauer Kontrastfarbe spricht, so muss gesagt werden, dass diese mit der aufrechten Sitzposition sehr bequem sind und die Materialoberflächen einen robusten Eindruck hinterlassen. Stoff und Kunstleder stehen zur Auswahl. Außerdem wirkt der gesamte Innenraum robust. Des Weiteren sind weitere Oberflächen resistent gegen Kratzer, vor allem im Laderaum.

11,3 Kubikmeter Ladenvolumen, 1.700 kg Ladegewicht, 1,96 Meter Ladehöhe und 4,86 Meter lang: Das sind die Ziffern des Herzstückes, des Laderaums. Manch einer mag nun sagen, dass ca. zwei Meter Höhe nicht gerade viel ist, wenn man an die höheren Versionen des Crafter denkt oder auch an die der Konkurrenz, einen Peugeot Boxer kann man z.B. auf ganze vier Meter schrauben. Man darf jedoch nicht den Einsatzort des e-Crafter vergessen: Innenstädte. Meist hat man mit einer Fahrzeughöhe von über zwei Metern große Probleme, etwa unter innerstädtischen Eisenbahnbrücken. Ein gutes Beispiel dafür ist Düsseldorf. Dementsprechend ist es nur logisch, auch die Laderaumhöhe darauf zu beschränken.

Wie seit jeher kann man sich auf Wunsch eine Werkbank, Schränke oder Regale in den Laderaum einbauen lassen. Wichtig: Je nach Bodeninstallation können vorhandene Einbauten aus anderen Fahrzeugen mit übernommen werden. Ferner ist für Flottenkunden auch ein Fleet Management Interface verfügbar.

Für mehr Sicherheit sollen fortan die folgenden optionalen Sicherheitssysteme sorgen:

– ESO mit Gespannstabilisierung (erkennt die Instabilität und tritt dieser entgegen)
– Adaptive Cruise Control mit Distanzregelung
– Seitenwindassistent
– Anhängerrangierassistent
– Multikollisionsbremse
– Rückfahrkamera
– Parkdistanzkontrolle
– Ausparkassistent (Rear Traffic Alert)

Dieses Arsenal an Assistenzsystemen ist neu im Segment und hilft dabei, das Fahrzeug sicherer und einfacher zu bedienen – und ggf. auch Folgekosten für Unfälle und Rempler zu ersparen.

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Motoren

Volkswagen Nutzfahrzeuge konnte auf das Batterie-Knowhow aus der Pkw-Sparte zurückgreifen. Zudem bietet sich ein Crafter aufgrund der langen horizontalen Struktur optimal dafür an, Batterien unterzubringen, und zwar unterhalb der Ladefläche. Die größte Herausforderung bei der Produktion war, so Entwicklungschef Harald Ludanek, alle Mitarbeiter auch für die Elektro-Technologie zu schulen. Da im neuen Werk langfristig noch viele weitere neue Mitarbeiter eingestellt werden, ist dies auch eine einmalige Gelegenheit, ein neues Werk gleichzeitig fit für die Elektro-Produktion zu machen.

Hier die Eckdaten:

312 Zellen mit insgesamt 43 kWh
ca. 200 km Reichweite

Das Konzeptfahrzeug ist bereits auf künftige Technologien ausgelegt, sodass auch eine Batterie mit 400 Kilometern Reichweite problemlos Platz finden könnte.

Innerhalb von 45 Minuten kann man den e-Crafter an einer Ladesäule mit Gleichstrom auf 80 Prozent aufladen. Über Nacht kann man ihn natürlich an der heimischen Steckdose bzw. der aus dem Lager aufladen. Volkswagen kommuniziert hierfür eine Ladezeit von gut vier Stunden, eine volle Ladung aus der normalen Steckdose dürfte noch länger dauern. Da die Fahrzeuge aber über Nacht in der Regel stehen (müssen), sollte auch das kein Problem darstellen.

Die maximale Geschwindigkeit ist auf 80 km/h beschränkt und das ist ein weiteres Indiz dafür, dass der e-Crafter durchgehend in der Stadt und maximal auf kurzen Überlandfahrten verwendet werden kann. Wer also oft lange Strecken zu seinen Kunden fahren muss, wird noch auf die klassischen Verbrenner zurückgreifen.

Abmessungen VW Crafter

Länge: ab 5,24 m
Breite: 1,99 m
Höhe: ab 2,42 m
Radstand: ab 3,25 m

Fazit: Das Volkswagen e-Crafter Konzeptfahrzeug ist durchweg ein interessantes Modell, vor allem aufgrund des alternativen Antriebes. Am häufigsten wird dieser von Zustellunternehmen verwendet werden, denn genau dafür ist er geschaffen. Hier besteht auch das Potenzial, langfristig Lärm und Emissionen in Innenstädten zu reduzieren. Die niedrigeren Gesamtbetriebskosten könnten den Aufpreis für das e-Fahrzeug schon innerhalb von etwa drei Jahren ausgleichen, d.h. bereits jetzt könnte der e-Crafter langfristig auch finanziell attraktiv für Kunden sein, die gleichzeitig damit einen Imagegewinn erzielen könnten. Verbunden damit, dass ein Transporter für die Unterbringung von Batterie-Zellen bestens geeignet ist, könnte von diesem Segment tatsächlich ein größerer Impuls für die Elektromobilität ausgehen als von normalen Pkw.

Produktion: Autogefühl, Michel Weigel & Thomas Majchrzak

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