Porsche Cayenne 2018 Fahrbericht

Die dritte Generation des Porsche Cayenne ist da: Nun haben wir das luxuriöse Sport-SUV getestet, onroad wie offroad. Von Thomas Majchrzak

Seit gut 15 Jahren gehört der Cayenne zum Produktsortiment von Porsche. 2007 gab es das erste Facelift, ehe 2010 dann die zweite Generation auf den Markt kam. Weitere vier Jahre später folgte auch für die zweite Generation ein Facelift. Wer mehr zu dieser Version erfahren möchte, der kann sich unseren Testbericht zur GTS-Variante durchlesen. Und nun kommt die dritte Generation auf den Markt.

Für die neue Generation gibt es eine 8-Gang-Automatik namens „Tiptronic S“. Auch wurden die zwei 6-Zylinder Benziner weiterentwickelt. Der normale Cayenne bekommt dabei einen 3 Liter Turbo mit 340 PS. Das sind 40 PS mehr als beim Vorgänger. Der Cayenne S bekommt die zweite neue Motorisierung: einen 2,9 Liter Biturbo mit 440 PS. Die Leistungssteigerung gegenüber dem Vorgänger beträgt hierbei 20 PS. Der Cayenne S benötigt nur 4,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h – das Sport Chrono Paket mit einbezogen. Möglicherweise hat auch die Gewichtsreduzierung von 65 Kilogramm auf nun 1.985 kg zu diesem Ergebnis beigetragen.

Die neue Generation basiert im Design weiterhin auf der Ikone 911, ferner werden auch Technologien aus dem Sportwagenbereich übernommen. Auch wohl deshalb kommt erstmalig eine optionale Hinterachsenlenkung zum Einsatz. Allrad-Antrieb ist serienmäßig mit an Bord. Optional gibt es dann noch die Porsche 4D Chassis Control (Fahrwerkskontrolle), eine Luftfederung und auch die allseits bekannte PDCC (Porsche Dynamic Chassis Control). Diese ist eine erweiterte Fahrwerkskontrolle, welche für eine dynamischere Fahrt sorgen soll.

Generell wurde der Cayenne im vergangenen Jahr 7.100 Mal in Deutschland verkauft. Dies ist zwar durchaus eine beträchtliche Summe, dennoch kommt es nicht an die Zahlen aus den USA heran. Seit 2011 verkauft der Hersteller dort den Cayenne im zweistelligen Tausenderbereich. 2016 lag der Absatz bei 15.000 Einheiten. Vergleicht man den Porsche Cayenne zahlenmäßig mit der Konkurrenz à la BMW X5 oder Mercedes GLE, ist der Porsche sowohl auf dem heimischen, als auch dem amerikanischen Markt unterlegen.

Absatz 2016 Deutschland (USA):

BMW X5: 9.400 (47.600)
Mercedes GLE: 15.000 (51.600)
Audi Q7: 11.800 (30.500)
Porsche Cayenne: 7.100 (15.300)

Der Grund hierfür ist wohl der deutlich höhere Einstiegspreis, der beim Vorgänger bei 70.600 Euro lag. Die neue Generation wird dabei nicht günstiger. In der Standardversion muss man 74.800 Euro bezahlen. Hier im Vergleich die Konkurrenz:

BMW X5: 59.800 Euro
Mercedes GLE: 54.500 Euro
Audi Q7: 60.300 Euro

Der Cayenne S kostet 92.000 Euro, der Turbo 139.000 Euro.





Exterieur

Große Veränderungen kommen bei den deutschen Herstellern eher selten vor. Genauso verhält es sich bei der neuen Generation des Porsche Cayenne. Im Vergleich zum Vorgänger haben sich die Lufteinlässe ein wenig vergrößert und lassen die Front ein wenig sportlicher und aggressiver wirken. An den Frontleuchten erkennt man das Design-Vorbild, den 911er, denn nach wie vor sind jene eher rund. Dennoch lassen die Leuchten das Fahrzeug ein wenig breiter wirken. Die Leuchten sind dabei serienmäßig mit LED ausgestattet. Gegen Aufpreis gibt es dann das “Porsche Dynamic Light System” (PDLS). Auch kann man sich optional für die Matrix LED-Leuchten entscheiden, die das PDLS Plus beinhalten.

Die Farbe des gezeigten Fahrzeugs: Biskaya-Blau.

In der neuen Generation ist das Fahrzeug 4,92 Meter lang, dies entspricht einem Zuwachs von 6,3 cm. Der Radstand bleibt bei rund 2,90 Metern. Bei den Reifen kann man zwischen 19 und 21 Zoll wählen. Neu ist, dass die Hinterreifen breiter sind, dies soll einen sportlicheren Eindruck hinterlassen. Weitere Ähnlichkeiten zum 911er erkennt man an den starken Schultern des Fahrzeuges. Ferner wurde die C-Säule ein wenig mehr nach vorne geneigt. Die Höhe des Fahrzeuges hat sich im Vergleich zum Vorgänger um einen Zentimeter reduziert, ob dies große Auswirkungen im Innenraum hinterlassen wird, erklären wir später. Abgesehen hiervon ist der neue Cayenne im Profil eher konservativ gestaltet. Gleiches gilt für das Heck. Die Rückleuchten sind wie gewohnt rund gehalten, ferner wird der neue Cayenne mit einem Leuchtband, welches die beiden Rückleuchten optisch verbindet, ausgeliefert – eine sehr elegante Lösung.

Interieur

Während das Exterieur eher evolutionär ist, so hat sich der Innenraum stärker verändert. Der Hersteller orientiert sich dabei viel mehr an der Philosophie, die er mit dem Panamera verfolgen. Am deutlichsten wird dies beim Infotainmentsystem. Wie bereits im Panamera, erhält der Cayenne maximal ein 12,3 Zoll Full-HD Display. Gekennzeichnet ist dieses vor allem durch nicht vorhandene Knöpfe. Man setzt stattdessen, ähnlich wie bei vielen Smartphones, lieber auf Touchscreen-Tasten mit haptischem Feedback. Allerdings verbleiben in der unteren Mittelkonsole noch vergleichsweise viele Knöpfe, so kann man die Temperatur noch über diese Tasten regulieren. Für den ein oder anderen wirkt es ein wenig überladen mit großen Bildschirmen und aufleuchtenden Tasten, doch das ist jeweils Geschmacksache. Das Cockpit selber erhält zwei 7-Zoll große Displays, welche die gewohnten Fahrdaten, wie z.B. Verbrauch, anzeigen. Praktisch ist hierbei, dass z.B. dann die gesamte rechte Seite für Navigationsanzeigen benutzt werden kann, etwa wenn die nächste Kreuzung bevorsteht.

Und nun zur erwähnten Höhenreduzierung: Im Innenraum haben die Passagiere ausreichend Kopffreiheit, auch wenn man das optionale Panoramadach wählt. Gleiches gilt auch für die Rückbank, nur ab einer Größe von über 1,95 Metern kann es vielleicht problematisch werden. Der Sitzkomfort ist, wie schon beim Vorgänger, sehr gut. Leider setzt Porsche allerdings weiterhin vorwiegend auf Tierhaut-Bezüge. Lediglich in der Basisversion wird zum Teil auch Kunstleder außen an den Sitzen verwendet. An diesem Punkt würden wir uns wünschen, dass sich Porsche an Tesla ein Beispiel nimmt, denn der amerikanische Elektrohersteller hat mit dem Model X allein schon gezeigt, wie gut Kunstleder sein kann, auch für ein großes SUV. Abgesehen hiervon ist die Verarbeitungsqualität ausgezeichnet. Der einzige Weg läuft hier derzeit über das Porsche Exclusive Programm, bei dem man sich individuell etwas zusammenstellen kann.

Bei den Sitzformen stehen normale Sitze und Sportsitze zur Verfügung, letztere haben ausgeprägtere Seitenwangen – hier auch zu sehen. Die Sportsitze halten einen besser fest, das ist sinnvoll für die, die sehr sportlich fahren. Wer mehr Wert auf Langstreckenkomfort legt und nicht allzu zügig unterwegs ist, wird mit den Standard-Sitzen glücklicher.

Auf der Rückbank finden spielend auch große Erwachsene Platz. Der Kofferraum fasst nun 100 Liter mehr und kommt somit auf 770 Liter. Ausschlaggebend hierfür ist vorwiegend die Verlängerung der Karosserie. Die Rückbank lässt sich im Übrigen über die seitlichen Hebel in einem ein Drittel zu zwei Drittel Format umklappen.

Serienmäßig erhält die dritte Generation einen Parkassistenten für vorne und hinten, einen LTE W-LAN Hotspot, Fußgängererkennung und Porsche Connect. Aber Achtung, nur gegen Aufpreis erhält man zum Park Assistenten die Umgebungskamera. Spurhalte- und Spurwechsel-Assistenten gibt es ebenfalls nur gegen Aufpreis. Gleiches gilt für den Stauassistenten und den adaptiven Tempomat.

Motoren

Zum Start der dritten Generation wird es folgende Motorisierungen geben:

Cayenne: V6 3.0 l, 340 PS – 5,9 Sek.
Cayenne S: V6 2,9 l BiTurbo mit 440 PS – 4,9 Sek.
Cayenne Turbo: V8 4,0 l BiTurbo mit 550 PS – 3,9 Sek.

Weitere Versionen folgen, wie z.B. GTS oder ein Hybrid. Und es wird auch wieder einen Diesel geben.

Gebaut wird der Porsche Cayenne zusammen mit VW Touareg und Audi Q7 in Bratislava.

Fahrverhalten

Wir fahren den „Basis“-Cayenne, den 3.0 Liter V6 Benziner mit 340 PS. Bislang war dies ein Sauger-Motor, nun hat er mit 50 Nm mehr Drehmoment einen ordentlichen Sprung gemacht, und es wird auch ein Turbo eingesetzt. Insofern lässt dieser Motor auch schon keine Wünsche offen, was den Vortrieb angeht. Man kann sogar schon eine Launch Control nutzen, wenn man im Sport-Modus die Bremse durchtritt und dann das Gas ebenfalls und dann die Bremse loslässt. Wieso man noch mehr Beschleunigung braucht? Nun, nur wenn Geld keine Rolle spielt. Ansonsten ist man mit der Performance des Einstiegs-Benziners schon mehr als gut bedient. Der Allradantrieb hat eine Grund-Verteilung von 40:60 vorne:hinten, darüber hinaus wird adaptiv geregelt. Bei geringem Schub wird sogar noch mehr Kraft an die Hinterräder geschickt, um möglichst immer ein sportliches Gefühl zu transportieren. Einziges Manko: Der Verbrauch bleibt bedingt durch Bauart, Gewicht und Leistung stets sehr hoch. Auf gewundenen Straßen kommen wir auf 14,5 l / 100 km, mit Tempomat und Geradeauslauf kann man ihn gerade so gen 11 l drücken.

Die neue serienmäßige 8-Gang-Automatik „Tiptronic S“ reagiert nun noch schneller und sorgt für ein entspanntes Erlebnis – spürbar sind die Schaltvorgänge nur im Sportmodus. Die Lenkung ist wunderbar präzise, wie nach dem Schulbuch.

Die optionale Luftfederung hat nun drei Luftkammern und mehr Luftvolumen, so wird eine größere Spreizung zwischen Komfort und Sportlichkeit erreicht. Generell ist das Setup aber Porsche-gemäß eher straff. Also was bei anderen Marken die Sporteinstellung wäre, ist hier Basis. Trotzdem schluckt die Luftfederung die Unebenheiten noch sehr gut weg. Doch die Ausrichtung bleibt klar: Der Porsche Cayenne möchte nicht der Komfort-König sein unter den großen SUVs, sondern der Sport-König – und das ist er. In puncto Handling ist der neue Porsche Cayenne nicht komplett anders als der Vorgänger, weil dieser sich schon für ein großes SUV sehr agil fuhr. Aber die neue Generation ist doch in vieler Hinsicht feiner getuned. Die aktive Hinterachslenkung ist ein Element, das die Agilität weiter steigert. Sie macht den Wendekreis kleiner und tut im Prinzip so, als wäre der Radstand kleiner.

Ferner hat Porsche die Bremsen weiterentwickelt. Für alle Varianten des neuen Cayennes gibt es optional die „Porsche Surface Coated Brake“ (PSCB), serienmäßig für den Turbo. Die neuen Bremsen sollen den Verschleiß wie auch den entstehenden Bremsstaub reduzieren. Die Voraussetzung hierfür sind die 21 Zoll Felgen. So kann man mit seinem großen Cayenne doch noch etwas gegen Feinstaub tun.

Oberhalb von 160 km/h wird übrigens, wenn man diese Option gewählt hat, der ansonsten integrierte Dachspoiler ausgefahren. Für die meisten Märkte ein eher irrelevantes Feature. Ebenso kann der Dachspoiler als „Bremse“ ausgefahren werden, wenn man aus sehr hoher Geschwindigkeit herunterbremst.

Fürs Offroad-Fahren stehen vier vorgefertigte Modi zur Verfügung: Matsch, Kies, Sand und Stein. Das PTM sorgt dabei für eine optimale Verteilung zwischen den Achsen. Im Offroad-Modus ist die Verteilung dann z.B. 50:50, um besser auf losem Grund voranzukommen. Die optionale Luftfederung kann die Bodenfreiheit auf Knopfdruck für den Offroad-Einsatz erhöhen, durch die eher straffe Auslegung ist der Cayenne aber kein Komfort-König abseits der Straße.

Abmessungen

Länge: 4,92 m
Breite: 1,98 m (ohne Außenspiegel)
Radstand: 2,90 m

Fazit: Von außen hat sich die dritte Generation des neuen Cayenne eher weniger verändert. Er wirkt weiterhin wie ein sportliches Luxus-SUV, hat etwas an Eleganz gewonnen. Durch die leichte visuelle Neigung nach vorne wird der sportliche Eindruck sogar ein wenig verstärkt. Viel interessanter ist jedoch die Entwicklung im Innenraum mit weniger Knöpfen und mehr Infotainment. Von gestern ist dagegen das fehlende Angebot nachhaltiger Sitzbezüge. Im Fahrverhalten überrascht der Cayenne erneut, denn hier hat Porsche alles dafür getan, dass man Gewicht und Größe möglichst wenig merkt. Benchmark bei der Agilität unter den großen SUVs. Nur den Verbrauch kann man bauartbedingt wohl nicht in den Griff bekommen, vielleicht hilft da der neue Hybrid, denn dieser hat sich schon im Panamera als sinnvoll erwiesen.

Autogefühl: ****

Text & Fotos: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Video: Autogefühl, Jonas Bomba