Die neue Generation des Porsche Cayenne gibt es auch wieder als Plugin-Hybrid. Ist das die Alternative zum Diesel? Beim Panamera konnten wir dies bereits mit Ja beantworten, schauen wir uns den Porsche Cayenne Hybrid an, der gleichzeitig auch für alle Cayenne-Modelle einige Neuheiten einführt. Von Thomas Majchrzak
In der Standardversion beginnt der Porsche Cayenne bei 75.000. Der neue Cayenne E-Hybrid liegt bei 90.000 Euro, der Cayenne S kostet 92.000 Euro, der Turbo 139.000 Euro. Daran sieht man schon, dass der Hybrid preislich durchaus attraktiv positioniert ist, wie schon beim Panamera. Und siehe da: In Europa fallen schon zwei Drittel der Panamera-Neuzulassungen auf den Plugin-Hybrid.
Exterieur
Im Vergleich zum Cayenne-Vorgänger haben sich die Lufteinlässe ein wenig vergrößert und lassen die Front ein wenig sportlicher und aggressiver wirken. An den Frontleuchten erkennt man das Design-Vorbild, den 911er, denn nach wie vor sind jene eher rund. Dennoch lassen die Leuchten das Fahrzeug ein wenig breiter wirken. Die Leuchten sind dabei serienmäßig mit LED ausgestattet. Gegen Aufpreis gibt es dann das “Porsche Dynamic Light System” (PDLS). Auch kann man sich optional für die Matrix LED-Leuchten entscheiden, die das PDLS Plus beinhalten.
In der neuen Generation ist das Fahrzeug 4,92 Meter lang, dies entspricht einem Zuwachs von 6,3 cm. Der Radstand bleibt bei rund 2,90 Metern. Bei den Reifen kann man bislang zwischen 19 und 21 Zoll wählen, mit dem neuen E-Hybrid kommt nun die Option der größten 22 Zöller hinzu. Die Radhäuser sind standardmäßig mit Plastik im SUV-Look beplankt, je nach Designpaket kann man sich die Radhäuser auch in Wagenfarbe holen. Neu ist zudem generell in dieser Cayenne-Generation, dass die Hinterreifen breiter sind, dies soll einen sportlicheren Eindruck hinterlassen. Weitere Ähnlichkeiten zum 911er erkennt man an den starken Schultern des Fahrzeuges. Ferner wurde die C-Säule ein wenig mehr nach vorne geneigt. Die Höhe des Fahrzeuges hat sich im Vergleich zum Vorgänger um einen Zentimeter reduziert, ob dies große Auswirkungen im Innenraum hinterlassen wird, erklären wir später. Abgesehen hiervon ist der neue Cayenne im Profil eher konservativ gestaltet. Gleiches gilt für das Heck. Die Rückleuchten sind wie gewohnt rund gehalten, ferner wird der neue Cayenne mit einem Leuchtband, welches die beiden Rückleuchten optisch verbindet, ausgeliefert – eine sehr elegante Lösung.
Der Porsche Cayenne E-Hybrid kommt wie schon der Panamera mit Akzenten in Acid Green, außen beim Schriftzug seitlich und hinten sowie bei den Bremszangen, innen bei den Zeigern im Interieur.
Interieur
Während das Exterieur sich eher evolutionär verändert hat, so zeichnet sich der Innenraum sehr stark vom Vorgänger ab. Der Hersteller orientiert sich dabei viel mehr an der Philosophie, die er mit dem Panamera verfolgt. Am deutlichsten wird dies beim Infotainmentsystem. Wie bereits im Panamera, erhält der Cayenne maximal ein 12,3 Zoll Full-HD Display. Gekennzeichnet ist dieses vor allem durch nicht vorhandene Knöpfe. Man setzt stattdessen, ähnlich wie bei vielen Smartphones, lieber auf Touchscreen-Tasten mit haptischem Feedback. Allerdings verbleiben in der unteren Mittelkonsole noch vergleichsweise viele Knöpfe, so kann man die Temperatur noch über diese Tasten regulieren. Für den ein oder anderen wirkt es ein wenig überladen mit großen Bildschirmen und aufleuchtenden Tasten, doch das ist jeweils Geschmacksache. Das Cockpit selber erhält zwei 7-Zoll große Displays, welche die gewohnten Fahrdaten, wie z.B. Verbrauch, anzeigen. Praktisch ist hierbei, dass z.B. dann die gesamte rechte Seite für Navigationsanzeigen benutzt werden kann, etwa wenn die nächste Kreuzung bevorsteht.
Der Cayenne E-Hybrid erhält spezifische Anzeigen für Stromverbrauch und Fahrmodi. Das Sport-Chrono-Package ist beim Plugin-Hybrid serienmäßig, damit kommt dann auch der Fahrmodus-Schalter am Lenkrad. Hier kann man zwischen dem reinen E-Modus wählen (elektrisch fahren, es sei denn man tritt das Gaspedal komplett durch über eine Kennlinie hinaus), dem Hybrid-Modus (Fahrzeug entscheidet selber zwischen E-Motor und Verbrenner) und zwei Sport-Modi (immer beide aktiv für maximalen Boost). Ferner ist im Chrono-Package eine analoge Uhr enthalten, wahlweise kann man diese jedoch auch gegen einen Kompass tauschen (auf den Fotos gezeigt).
Im Innenraum haben die Passagiere ausreichend Kopffreiheit, auch wenn man das optionale Panoramadach wählt. Gleiches gilt auch für die Rückbank, nur ab einer Größe von über 1,95 Metern kann es vielleicht problematisch werden. Die Beinfreiheit ist top, auf allen Sitzen. Der Sitzkomfort ist, wie schon beim Vorgänger, sehr gut. Mit dem E-Hybrid führt Porsche auch nun eine Sitzmassagen-Option ein sowie eine Sitzkühlung. Leider setzt Porsche allerdings weiterhin vorwiegend auf Tierhaut-Bezüge. Lediglich in der Basisversion wird zum Teil auch Kunstleder außen an den Sitzen verwendet. An diesem Punkt würden wir uns wünschen, dass sich Porsche an Tesla ein Beispiel nimmt, denn der amerikanische Elektrohersteller hat mit dem Model X allein schon gezeigt, wie gut Kunstleder sein kann, auch für ein großes SUV. Oder man könnte eine Alcantara/Kunstleder-Mischung anbieten, gerade für den E-Hybrid, der auch umweltbewusste Kunden anzieht. Der einzige Weg läuft hier derzeit über das Porsche Exclusive Programm, bei dem man sich individuell etwas zusammenstellen kann. Abgesehen hiervon ist die Verarbeitungsqualität ausgezeichnet.
Bei den Sitzformen stehen normale Sitze und Sportsitze zur Verfügung, letztere haben ausgeprägtere Seitenwangen – hier auch zu sehen. Die Sportsitze halten einen besser fest, das ist sinnvoll für die, die sehr sportlich fahren. Wer mehr Wert auf Langstreckenkomfort legt und nicht allzu zügig unterwegs ist, wird mit den Standard-Sitzen glücklicher.
Auf der Rückbank finden wie erwähnt spielend auch große Erwachsene Platz. Der Kofferraum fasst generell in der neuen Cayenne-Generation 100 Liter mehr als beim Vorgänger und kommt somit auf 770 Liter. Ausschlaggebend hierfür ist vorwiegend die Verlängerung der Karosserie. Die Rückbank lässt sich im Übrigen über die seitlichen Hebel in einem ein Drittel zu zwei Drittel Format umklappen. Der Cayenne E-Hybrid verliert allerdings durch die Batterie, die unterm Laderaumboden platziert ist, volumenmäßig an Kofferraum und kommt auf nur 645 l. Effektiv fällt das dann aber kaum auf, denn die Laderaumabdeckung ist lediglich knapp 4 cm höher, was sogar ein Vorteil sein kann. Denn dadurch ergibt sich von der Ladekante bis zum Boden ein geschmeidiger Übergang, was z.B. auch besser zum Sitzen fürs Picknick unter der Heckklappe ist. Der E-Hybrid ist also voll alltagstauglich ohne Einschränkungen.
Ebenfalls interessant: Der Porsche Cayenne E-Hybrid kommt durch die Leistung der Batterie direkt mit einer Standheizung und –Kühlung. So kann man sich den Innenraum vortemperieren, einstellbar übers Infotainmentsystem oder sogar per App auf dem Handy.
Serienmäßig erhält die dritte Generation einen Parkassistenten für vorne und hinten, einen LTE W-LAN Hotspot, Fußgängererkennung und Porsche Connect. Gegen Aufpreis erhält man den Park Assistenten die Umgebungskamera, nun auch mit 3D-Ansicht wie man es von Audi A7 und A8 kennt. Spurhalte- und Spurwechsel-Assistenten gibt es ebenfalls nur gegen Aufpreis. Gleiches gilt für den Stauassistenten und den adaptiven Tempomat.
Motoren
Cayenne: V6 3,0 l, 340 PS – 5,9 Sek.
Cayenne S: V6 2,9 l BiTurbo mit 440 PS – 4,9 Sek.
Cayenne Hybrid: V6 3,0 l, 462 PS Systemleistung (davon 136 PS E-Motor) – ca. 5,0 Sek.
Cayenne Turbo: V8 4,0 l BiTurbo mit 550 PS – 3,9 Sek.
Gebaut wird der Porsche Cayenne zusammen mit VW Touareg und Audi Q7 in Bratislava.
Der E-Hybrid kommt nun mit einer 14 kWh Batterie (vorher 10 kWh), die rein elektrische Reichweite beträgt effektiv gut 35 km, die elektrische Höchstgeschwindigkeit 135 km/h. 300 kg mehr wiegt der Plugin-Hybrid, 140 kg davon gehen auf die Batterie.
Fahrverhalten
Wir waren im vorherigen Test zunächst den „Basis“-Cayenne gefahren, den 3.0 Liter V6 Benziner mit 340 PS. Bislang war dies ein Sauger-Motor, nun hat er mit 50 Nm mehr Drehmoment einen ordentlichen Sprung gemacht, und es wird auch ein Turbo eingesetzt. Insofern lässt dieser Motor auch schon keine Wünsche offen, was den Vortrieb angeht. Man kann sogar schon eine Launch Control nutzen, wenn man im Sport-Modus die Bremse durchtritt und dann das Gas ebenfalls und dann die Bremse loslässt. Wieso man noch mehr Beschleunigung braucht? Nun, nur wenn Geld keine Rolle spielt. Ansonsten ist man mit der Performance des Einstiegs-Benziners schon mehr als gut bedient. Der Allradantrieb hat eine Grund-Verteilung von 40:60 vorne:hinten, darüber hinaus wird adaptiv geregelt. Bei geringem Schub wird sogar noch mehr Kraft an die Hinterräder geschickt, um möglichst immer ein sportliches Gefühl zu transportieren. Einziges Manko: Der Verbrauch bleibt bedingt durch Bauart, Gewicht und Leistung stets sehr hoch. Auf gewundenen Straßen kommen wir auf 14,5 l / 100 km, mit Tempomat und Geradeauslauf kann man ihn gerade so gen 11 l drücken. Die neue serienmäßige 8-Gang-Automatik „Tiptronic S“ reagiert nun noch schneller und sorgt für ein entspanntes Erlebnis – spürbar sind die Schaltvorgänge nur im Sportmodus. Die Lenkung ist wunderbar präzise, wie nach dem Schulbuch.
Im Cayenne S hat der 2,9 l Bi-Turbo etwas weniger Hubraum, aber 100 PS mehr, also 440 PS. Grundsätzlich ist es schwierig, bei den ohnehin schon rasanten Motoren noch Unterschiede festzustellen, aber der S hat tatsächlich noch mal etwas mehr Antritt. Eine Sekunde weniger bis auf 100 km/h. Bemerkbar macht sich das Plus an Beschleunigung auch durchaus auf der Autobahn. Und der Sound ist kerniger als beim Basismodell. Da wir hier beim Test im gesamten Mix mehr Alltagsfahrten integrieren, erzielen wir erneut einen Verbrauch von 11 l / 100 km. Offensichtlich unterscheiden sich die beiden Motoren im Verbrauch nicht sonderlich, es kommt mehr darauf an, wie man sie fährt.
Und nun der Plugin-Hybrid: 300 kg zusätzlich bringt der Hybrid auf die Waage, das ist natürlich ein Nachteil. Mit der 14 kWh Batterie kann der Cayenne Hybrid gut 35 km rein elektrisch fahren. Das ist einfach nur herrlich, denn obwohl der Cayenne stets so viel Leistung hat, ist es entspannt, ihn rein elektrisch durch den Verkehr zu bugsieren. Das hilft im Stau, bei viel Verkehr und auch, wenn man einfach nur rollt und nicht groß Leistung abfragen muss. Viel Druck hat der Cayenne im rein elektrischen Modus nicht, braucht er aber auch nicht. Denn leistungsmäßig zusammen mit dem Verbrennungsmotor zieht der E-Hybrid ja wie beschrieben mit dem Cayenne S so ziemlich gleich, und so fühlt es sich auch an. Der Sound ist nicht so krass, aber in der Tat kann man, wenn man möchte, auch für den E-Hybrid eine optionale Sport-Abgasanlage ordern. Im Porsche Panamera Hybrid konnten wir einen niedrigen Verbrauch von ca. 7 l / 100 km erzielen (bei extra leer gefahrener Batterie). Im Cayenne Hybrid kommen wir auf 8,5 l / 100 km, das ist realistisch im Vergleich, weil der Cayenne ja nicht so eine windgünstige Bauform hat wie der Panamera. Wohl gemerkt wieder mit leer gefahrener Batterie. Das zeigt: Selbst wenn man die Porsche Hybriden nicht auflädt, sind sie in Rekuperation und Segelfunktion (Rollen ohne Motordrehzahl) so effizient, dass sie sich auszahlen, gerade wenn Geschwindigkeiten häufig variiert werden. Auf Langstrecke bei konstant 150 km/h kann der Hybrid natürlich nicht so sehr glänzen. Kombiniert man Elektromotor und Verbrenner, kommen wir übrigens auf gut 5 l / 100 km. Und der rein elektrische Verbrauch pendelt sich zwischen 20 und 25 kWh / 100 km ein. Übrigens kann man auch im rein elektrischen Modus jederzeit auf das Anspringen des Verbrenners zählen, wenn man das Gaspedal komplett durchdrückt. Porsche hat hier einen Druckpunkt definiert, der den V6 anschmeißt, wenn der Punkt überschritten wird – etwa wenn man ungeplant doch mal ein schnelles Überholmanöver durchführen will.
Die optionale Luftfederung hat seit dem Generationswechsel drei Luftkammern und mehr Luftvolumen, so wird eine größere Spreizung zwischen Komfort und Sportlichkeit erreicht. Generell ist das Setup aber Porsche-gemäß eher straff. Also was bei anderen Marken die Sporteinstellung wäre, ist hier Basis. Trotzdem schluckt die Luftfederung die Unebenheiten noch sehr gut weg. Doch die Ausrichtung bleibt klar: Der Porsche Cayenne möchte nicht der Komfort-König sein unter den großen SUVs, sondern der Sport-König – und das ist er. In puncto Handling ist der neue Porsche Cayenne nicht komplett anders als der Vorgänger, weil dieser sich schon für ein großes SUV sehr agil fuhr. Aber die neue Generation ist doch in vieler Hinsicht feiner getuned. Die aktive Hinterachslenkung ist ein Element, das die Agilität weiter steigert. Sie macht den Wendekreis kleiner und tut im Prinzip so, als wäre der Radstand kleiner. Gerade bei niedrigen Geschwindigkeiten fühlt sich der Cayenne dadurch noch agiler an.
Ferner hat Porsche die Bremsen weiterentwickelt. Für alle Varianten des neuen Cayennes gibt es optional die „Porsche Surface Coated Brake“ (PSCB), serienmäßig für den Turbo. Die neuen Bremsen sollen den Verschleiß wie auch den entstehenden Bremsstaub reduzieren. Die Voraussetzung hierfür sind die 21 Zoll Felgen. So kann man mit seinem großen Cayenne doch noch etwas gegen Feinstaub tun. Darüber hinaus kann man die Karbon-Keramik-Bremsen wählen, von denen wir allerdings abraten: zu teuer, primär für den Rennsport gedacht und für Alltagsnutzen zu überdimensioniert. Die neuen PSCB sind dagegen eine gute Wahl, wenn man etwas mehr ausgeben möchte, bessere Bremsperformance schätzt und seine Felgen länger sauber halten will.
Oberhalb von 160 km/h wird übrigens, wenn man die Option gewählt hat, der ansonsten integrierte Dachspoiler ausgefahren. Für die meisten Märkte ein eher irrelevantes Feature. Ebenso kann der Dachspoiler als „Bremse“ ausgefahren werden, wenn man aus sehr hoher Geschwindigkeit herunterbremst.
Fürs Offroad-Fahren stehen vier vorgefertigte Modi zur Verfügung: Matsch, Kies, Sand und Stein. Das PTM sorgt dabei für eine optimale Verteilung zwischen den Achsen. Im Offroad-Modus ist die Verteilung dann z.B. 50:50, um besser auf losem Grund voranzukommen. Die optionale Luftfederung kann die Bodenfreiheit auf Knopfdruck für den Offroad-Einsatz erhöhen, durch die eher straffe Auslegung ist der Cayenne aber kein Komfort-König abseits der Straße.
Abmessungen
Länge: 4,92 m
Radstand: 2,90 m
Breite: 1,98 m (ohne Außenspiegel)
Höhe: 1,67 m
Fazit: Der Porsche Cayenne Plugin-Hybrid ist in der Tat eine gute Alternative zum Diesel und auch zum Cayenne S. Selbst schon ohne Nachladen ist die Rekuperation sinnvoll und man kann den Benziner auf angemessene Verbräuche drücken. Wer dann noch an der Arbeit oder zu Hause nachladen kann, kann das Potenzial des Hybrids voll ausnutzen. In puncto Leistung und Ausstattungsumfang ist er sogar preislich attraktiv positioniert. Gerade rein elektrisch fahren macht viel Spaß und entspannt, und die volle Leistung ist auf Abruf immer da.
Autogefühl: ****
Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
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